Urheberrecht im Digitalen Zeitalter

"Die Urheber von heute jagen den falschen Feind"

Uhr | Aktualisiert

Die Parlamentarische Gruppe für Digitale Nachhaltigkeit hat gestern Abend über die Zukunft des Urheberrechts diskutiert.

Andreas Von Gunten, Gründer und Geschäftsführer von Buch & Netz, forderte Künstler dazu auf, ihre Sichtweise zu überdenken.
Andreas Von Gunten, Gründer und Geschäftsführer von Buch & Netz, forderte Künstler dazu auf, ihre Sichtweise zu überdenken.

Im Zeitalter von Youtube ist es nicht einfach, das Urheberrecht durchzusetzen. Andererseits ist es heutzutage praktisch nicht mehr möglich, das Urheberrecht nicht zu verletzten Diese These zumindest vertritt Felix Stalder, Professor für Digitale Kultur an der Zürcher Hochschule der Künste, der gestern Abend anlässlich eines Dinners der Parlamentarischen Gruppe für Digitale Nachhaltigkeit zum Thema "Urheberrecht im Digitalen Zeitalter" referiert hat.

Es waren primär diese beiden Sichtweisen, die gestern im Hotel Bern diskutiert wurden. Diejenige des Urhebers, der von seiner Arbeit leben will und diejenige des Konsumenten, der Inhalte konsumieren will. Auch standen viele Fragen im Raum: Wo steht das Urheberrecht heute? Ist es noch durchsetzbar? Oder müssen Künstler, sprich Urheber, ihre Sichtweise an die heutige Zeit anpassen?

Für Stalder ist klar, dass das Urheberrecht von heute nicht mehr zeitgemäss ist. Es sei nun die Aufgabe der Politiker, dieses Recht den historischen Entwicklungen anzupassen. Und es sei wichtig, die Kriminalisierung von Nutzern sozialer Medien, die digitale Inhalte miteinander teilen, zu unterbinden, sagte er. Ansonsten werde die nächste Generation das Urheberrecht abschaffen.

Falscher Feind

Andreas Von Gunten, Gründer und Geschäftsführer von Buch & Netz, appellierte an die Künstler und rief sie dazu auf, ihre Geschäftsmodelle zu überdenken. Am Internet führe nun mal kein Weg vorbei, wenn man die Aufmerksamkeit der Nutzer auf sich ziehen wolle. Um seine Theorie zu unterstützen, stellte er Beispiele von Künstlern vor, die sich mit eBooks oder Videos auf Youtube eine lukrative Geldquelle erschlossen (wie zum Beispiel Alex Day) oder via Crowdfunding Geld für ein Projekt gesammelt haben.

"Die Urheber von heute jagen den falschen Feind", sagte Von Gunten abschliessend. Man müsse die Vorteile des Internets nutzen, statt es zu bekämpfen. Das Problem sei heute nämlich vielmehr, dass Inhalte eben nicht digital zur Verfügung stünden – gute Schweizer Filme zum Beispiel. Oder verwaiste Werke, die aus urheberrechtlichen Gründen kaum digital verfügbar gemacht werden könnten. Denn: Wer Inhalte gratis ins Netz stelle, könne damit erreichen, dass das Werk genau deswegen gekauft werde.

Neben Stalder und Von Gunten waren zwei weitere Referenten eingeladen: Hans Läubli, Geschäftsführer von Suisseculture, dem Dachverband der Organisationen der professionellen Kulturschaffenden der Schweiz und der schweizerischen Urheberrechtsgesellschaften. Läubli verteidigt das Urheberrecht auch im digitalen Zeitalter, weil es seiner Meinung nach zu einer angemessenen Entschädigung der Kulturschaffenden beiträgt.

Arbeitsgruppe Agur 12

Emanuel Meyer, Leiter des Rechtsdienstes Urheberrecht und verwandte Schutzrechte beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum, zeigte auf, mit welchen Themen sich die Arbeitsgruppe Agur 12 auseinandersetzt. Die Arbeitsgruppe verfolgt das Ziel, die aktuelle Urheberrechtssituation zu überprüfen und Lösungsansätze aufzuzeigen. Diskutiert werde unter anderem eine Art Selbstregulierung seitens ISPs mit bestimmten "Verhaltensregeln", so Meyer, der selbst Mitglied dieser Arbeitsgruppe ist. Diese Lösung wäre schneller und einfacher als eine Gesetzesänderung, es sei aber nicht klar, ob sie ausreiche.

Eines wurde gestern klar: Das Thema Urheberrecht ist nicht nur juristisch gesehen ein harter Brocken, es ist auch ein emotionsgeladenes Thema. Oder, um es mit den Worten von Organisator und /ch/open-Vorstandsmitglied Matthias Stürmer am Ende einer hitzigen Debatte auszudrücken: "Jetzt haben wir es doch noch geschafft, zu einem einigermassen harmonischen Abschluss zu kommen". Die Lacher hatte er damit auf seiner Seite.

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