Oracle fordert eine Milliarde US-Dollar von Google
Eigentlich war alles klar: Programmierschnittstellen sind wie Wörter unpatentierbar. Falsch, sagt nun ein Gericht in Washington - und sendet damit eine Schockwelle durch die ICT-Branche.
Oracle wirft Google vor, mit dem Betriebssystem Android wichtige Java-Patente zu verletzen. Google nutze 37 APIs (Application Programming Interfaces, also Programmierschnittstellen) von Java. 2010 wurde Google verklagt, 2012 gewann es den Prozess. APIs seien nicht patentierbar, entschied der Richter damals. Damit schien der Fall ad acta gelegt. Ein Berufungsgericht hat den Entscheid nun aber aufgehoben. Oracle fordert für die Java-Nutzung nun mindestens eine Milliarde US-Dollar von Google.
Wie offen ist Java wirklich?
Oracle darf also Urheberrechte auf seinen Java-APIs geltend machen. Für die Vorinstanz bedeutet der Entscheid, dass sie sich nochmals mit dem Fall befassen muss. Die Frage, ob die Nutzung von APIs unter die Fair-Use-Doktrin fällt, ist noch nicht abschliessend geklärt.
Laut Patentexperte Florian Müller begründet sich das Urteil darin, dass das Gericht die offene Programmiersprache Java und die von Sun Microsystems entwickelten APIs nicht gleich behandelt. Oracle kaufte das US-Unternehmen 2010 für 7,4 Milliarden Dollar auf. Damit fiel auch die Programmiersprache Java in die Hände von Oracle.
Android basiert zwar auf Linux, doch Java ist für die Plattform wichtig, unter anderem für Apps. Google entwickelte dafür die Dalvik-Engine, mit der Java-Software ausgeführt werden kann. Android enthält zudem Klassenbibliotheken, die die Kernfunktionen von Java abbilden.
Wichtige Grundsatzentscheide
Ein Urteil zugunsten Oracles könnte die IT-Industrie erschüttern. Die Richter entscheiden nämlich über Grundsatzfragen: Wie stark können Unternehmen, die hinter einer Programmiersprache stehen, ihre Plattform kontrollieren? Lässt sich eine Programmierschnittstelle monopolisieren? Und ist eine API ähnlich wie ein Buch per Copyrights schützbar oder eher wie das Alphabet frei verfügbar?
Google hatte im Prozess eine API mit Wörtern verglichen. Diese könne man - ähnlich wie eine Sprache - nicht kontrollieren. Das Unternehmen anerkennt zwar, dass sich Software über Copyrights schützen lässt. Für eine Programmiersprache und ihre APIs sei dies aber nicht möglich.
Oracle hingegen verglich APIs mit Büchern. Diese sollen sich über Copyrights schützen lassen, ansonsten seien Investitionen in eine Programmiersprache gar nicht möglich. Die Entwicklung von APIs sei aufwändig und darum schützenswert, so Oracle vor Gericht.