Erhebung durch ICT-Switzerland

Ältere Informatiker haben höheres Arbeitslosenrisiko

Uhr | Aktualisiert
von Christoph Grau

Informatiker über 45 Jahre sind stärker von Arbeitslosigkeit bedroht. Der Wiedereinstieg in den Beruf gestaltet sich schwerer. Mit einem Massnahmenkatalog sollen Verbände und Unternehmen gegensteuern.

Der Berufsverband ICT-Switzerland hat sich in Zusammenarbeit mit dem Institut für Wirtschaftsstudien Basel (IWSB) und dem Kanton Zürich die Arbeitsmarktsituation von Informatikern über 45 Jahren genauer angesehen. Die Studie fokussierte sich auf den Kanton Zürich. An einem Event präsentierten Ruedi Noser, Präsident ICT-Switzerland, Regierungsrätin Carmen Walker Späh und Studienverfasser Nils Braun-Dubler vom IWSB die Ergebnisse.

Ausser einer Auswertung von Arbeitslosenstatistiken flossen auch die Analyse von über 240 Lebensläufen arbeitsloser Informatiker sowie deren Bewertung von HR-Abteilungen grosser IT-Arbeitgeber mit in die Betrachtung ein.

Arbeitslosigkeit verharrt auf niedrigem Niveau

Obwohl sich die Arbeitslosigkeit von IT-Spezialisten von 2008 bis 2014 verdoppelt hat, sind im Schnitt deutlich weniger Informatiker arbeitslos. Durch die Finanzkrise stieg die Arbeitslosigkeit zunächst sprunghaft an. Inzwischen hat sich die Arbeitslosenquote aber auf einem Wert leicht unter 2 Prozent eingependelt. Dies ist deutlich weniger als der landesweite Schnitt von etwas über 3 Prozent.

Bei der Betrachtung der Arbeitslosenstatistik stellen die Studienautoren fest, dass sich das Risiko, arbeitslos zu werden, mit dem Alter erhöht. Bei den meisten anderen Berufen verhält es sich genau umgekehrt. Auch sind ältere Informatiker länger arbeitslos als jüngere. Der Unterscheid beträgt laut der Studie rund 2,5 Monate.

Arbeitsmarktchancen sinken mit dem Alter

Bei der Auswertung von Lebensläufen arbeitsloser Informatiker mittels einer Standortbestimmung zeigte sich, dass die Chancen, eine Stelle zu bekommen, mit dem Alter stark abnimmt. Bei den über 60-Jährigen hatten nur noch 3 von 19 Bewerbern gute oder mittlere Chancen auf einen neuen Job. Im Vergleich dazu waren es 55 von 64 Stellensuchende bei der Alterskohorte 45 bis 49.

Bei der Einschätzung der Eignung durch die Arbeitgeber zeigte sich aber kaum ein Unterschied zwischen den Altersgruppen. Etwa zwei Drittel der Bewerber aller Altersgruppen wurden als "nicht geeignet" eingestuft.

Skills sind wichtiger als Zertifikate

In der Erhebung bestätigte sich die Annahme, dass in der Generation über 50 Jahren verhältnismässig viele Quereinsteiger tätig sind. Diese haben sich häufig im Laufe ihrer Berufskarriere in einen IT-Job eingearbeitet. Etwa ein Drittel der arbeitslosen Informatiker über 50 Jahre hat eine formale IT-Ausbildung durchlaufen. Von den restlichen zwei Drittel hat die Hälfte in den letzten fünf Jahren zumindest zwei Weiterbildungen absolviert.

Die Studie konnte jedoch nicht nachweisen, dass eine IT-Ausbildung wesentliche Vorteile bei der Arbeitssuche bringt. Auch die durchschnittliche Arbeitslosigkeit werde dadurch kaum reduziert, schreiben die Autoren weiter.

Bei der Befragung der HR-Abteilungen zeigte sich, dass die tatsächlichen Skills und das Vorhandensein von Berufserfahrungen höher eingeschätzt werden als Zertifikate. Stellensuchende können mit Zertifikaten ihre Attraktivität jedoch erhöhen, ist eine weitere Erkenntnis der Studie.

Stellen und Bewerber passen nicht gut zusammen

Das Missverhältnis zwischen den ausgeschriebenen Stellen und Bewerbern nimmt laut Studie mit dem Alter zu. Das bedeutet, dass die Nachfrage nach bestimmten Bewerberprofilen nicht durch die arbeitslosen IT-Spezialisten gedeckt werden könne. In Zeiten eines Arbeitskräftemangels wirke sich dies jedoch nicht negativ aus.

Momentan sei es eher so, dass Unternehmen auch Bewerber mit abweichenden Profilen einstellen würden. Bei einer konjunkturellen Schwäche sei aber von einer stärkeren Zunahme der Arbeitslosigkeit in diesem Feld auszugehen, heisst es weiter.

Massnahmen für eine Besserung

Um das Risiko von Arbeitslosigkeit bei älteren Informatikern zu senken und diese schneller wieder in den Beruf zu bringen, empfehlen die Studienautoren eine ganze Reihe von Massnahmen.

Zunächst nehmen die Autoren ICT-Switzerland, ICT-Berufsberatung Schweiz und die Unternehmen in die Pflicht. Diese sollen ein Set von IT-Skills definieren, mit denen Ausschreibung, Rekrutierung und Personalentwicklung standardisiert werden sollen. Denn momentan sei es so, dass viele Skills von den Personalabteilungen sehr unterschiedlich eingeschätzt würden. Die neuen Skill-Kategorien sollten auch in die Vermittlungsdatenbank der regionalen Arbeitsvermittlungszentren eingeführt werden.

Stellensuchenden Informatikern wird zudem empfohlen, ihre Skills im Bewerbungsprozess stärker hervorzuheben. Ein weiterer Vorschlag betrifft die Bildungsinstitutionen. Diese sollten ihren Aus- und Weiterbildung einheitlicher nach den noch zu definierenden ICT-Skills ausrichten.

Zusammen mit den RAVs solle ICT-Switzerland ein Mentoring-Programm aufbauen, um somit die Anzahl der arbeitslosen Informatiker über 45 Jahre zu reduzieren. IT-Unternehmen sollen zusammen mit ICT-Switzerland gegen "indirekte Altersdiskriminierung" vorgehen. ICT-Switzerland wolle ein Gütesiegel für Unternehmen einführen, das Unternehmen auszeichnet, "die systematische Weiterbildungsprogramme für IT-Mitarbeitende durchführen".

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