Parldigi-Dinner in Bern

E-Voting in der Schweiz - eine Erfolgsgeschichte?

Uhr | Aktualisiert

Wie weit ist E-Voting in der Schweiz? Darüber debattierten gestern rund 70 Interessierte in Bern. Eingeladen hatte die Parlamentarische Gruppe Digitale Nachhaltigkeit.

Podiumsdiskussion
Podiumsdiskussion

Die Parlamentarische Gruppe Digitale Nachhaltigkeit (Parldigi) lud nach Bern ein. Rund 70 Menschen trafen sich im Best Western Hotel, darunter über 10 Nationalräte. Thema des Abends war E-Voting.

12 blinde Kantone

Edith Graf-Litscher, Co-Präsidentin von Parldigi, begrüsste die Gäste und übergab das Wort an Barbara Perriard. "E-Voting ist in der Schweiz eine Erfolgsgeschichte", sagte die Leiterin der Sektion Politische Rechte bei der Bundeskanzlei. Die Aussage sorgte im Saal für Gelächter. Fakt ist, dass der Bundesrat bei den nationalen Wahlen neun Kantonen (Zürich, Glarus, Freiburg, Solothurn, Schaffhausen, St. Gallen, Graubünden, Aargau und Thurgau) keine Bewilligung für E-Voting erteilte.

Perriard gab sich unbeirrt und wies darauf hin, dass dieses Jahr zum ersten Mal auch Stimmberechtigte mit Wohnsitz im Inland elektronisch wählen konnten. Möglich war dies für rund 96'000 Stimmberechtigte in den Kantonen Genf und Neuenburg. Zusätzlich konnten rund 34'000 Auslandschweizer aus Basel-Stadt und Luzern per Internet wählen. Eigentlich wollten 14 Kantone E-Voting nutzen, am Ende durften aber nur 4. "Leider gibt es auch immer noch 12 blinde Flecken", sagte Perriard. Sie meinte damit die Kantone, die kein E-Voting nutzen. Zum Teil fehle ihnen sogar die rechtliche Grundlage für elektronische Abstimmungen.

Für die Wahlen kamen zwei Systeme zum Einsatz. "CHvote" vom Kanton Genf, das auch Basel-Stadt und Luzern nutzten, und eine Lösung aus dem Kanton Neuenburg. Das sei sinnvoll, sagte Perriard. Die Kantone könnten so wählen und Risiken besser einschätzen.

"Die Daten landen nicht in Spanien"

Der Kanton Neuenburg gab im September bekannt, mit der spanischen Firma Scytl und der Schweizerischen Post zu kooperieren. Letztere sei bereits heute im Geschäft mit Urnengängen tätig, sagte Claudia Pletscher, Leiterin Entwicklung und Innovation der Schweizerischen Post. Sie transportiere jedes Jahr rund 19 Millionen Abstimmungs- und Wahlsendungen. Die Post verstehe sich aber auch als Intermediär zwischen physischer und digitaler Welt. Es sei also nur logisch, dass die Post auch beim Thema E-Voting vorne mit dabei sein wolle, sagte Pletscher.

"Die Daten der Wähler landen nicht in Spanien", sagte Pletscher zur Zusammenarbeit mit Scytl. "Alle Daten bleiben in Bern oder Zofingen." Internetunternehmer Hannes Gassert bemängelte, dass die Lösung der Post nicht Open Source sei. "Wir werden den Quellcode der Lösung nächstes Jahr veröffentlichen", entgegnete Pletscher. Er sei heute schon zugänglich für interessierte Personen.

Ohne Vertrauen kein E-Voting

Anja Wyden Guelpa, Staatskanzlerin des Kantons Genf, sprach über die Software "CHvote". Laut ihr basiert E-Voting auf vier Pfeilern: Vertrauen, Souveränität, Sicherheit und Transparenz. Es sei darum wichtig, dass jeder Bürger auf Wunsch den Quellcode von E-Voting-Lösungen einsehen könne. Das sei in Genf der Fall. Der Kanton arbeite eng mit Hackern, Open-Source-Vertretern, Universitäten, Wirtschaft und Politik zusammen.

Ein weiterer Redner war Peter Grünenfelder, Präsident der Schweizerischen Staatsschreiberkonferenz und Staatsschreiber des Kantons Aargau. Er erinnerte daran, dass es bei der brieflichen Stimmabgabe zehn Jahre lang dauerte, bis mehr als 50 Prozent auf diese Weise wählten. Beim E-Voting seien diese 50 Prozent jetzt schon erreicht.

Grünenfelder warnte davor, dass Unterbrechungen die Verbreitung und Akzeptanz von E-Voting mehr gefährden als drohende Sicherheitsrisiken. Es sei darum notwendig, dass Bund, Kantone und die Bundeskanzlei das E-Voting und die Digitalisierung der Politik weiter vorantreiben. "Die Erfolgsgeschichte wird weitergehen", sagte Grünenfelder. "Allen Unkenrufen zum Trotz."

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