Wild Card von Rino Borini

Die Öffnung der Kundenschnittstelle muss schneller gehen, findet der Bundesrat

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Open Finance führt zu einem Paradigmenwechsel: Die Kunden bei Finanzinstituten sitzen im «Driving Seat». Gefahr oder Chance? Eine riesige Chance für Banken und Versicherungen, findet der Autor. Inzwischen meint auch der Bundesrat, dass Open Finance schneller gehen muss, und übt Druck aus.

(Source: bongkarn / stock.adobe.com)
(Source: bongkarn / stock.adobe.com)

Am 16. Dezember 2022 hat sich der Bundesrat mit den Entwicklungen von Open Finance in der Schweiz befasst. In einer Open-Finance-Welt müssen Finanzinstitute persönliche oder finanzielle Kundendaten – die Erlaubnis des Kunden vorausgesetzt – an Drittanbieter weitergeben. Im Gegensatz zum Ausland, wie etwa der Europäischen Union oder Grossbritannien, besteht hierzulande keine gesetzliche Verpflichtung zur Öffnung.

Der Bundesrat scheint über die langsame Entwicklung zur Öffnung der Kundenschnittstelle «not amused» zu sein. So schrieb er Mitte Dezember 2022: Es braucht bei der Öffnung der Datenschnittstellen konkrete Fortschritte sowie mehr Verbindlichkeit. Weiter heisst es aus Bundesbern: Für den Fall, dass sich die Finanzbranche nicht ausreichend dafür engagieren sollte, ihre Schnittstellen zu öffnen, hat der Bundesrat das Eidgenössische Finanzdepartement beauftragt, ihm bis Juni 2024 Massnahmen zu unterbreiten.

Wie diese Massnahmen aussehen könnten, lässt sich nur erahnen. Vieles deutet darauf hin, dass die zweitbeste Option greifen wird. Da wäre die Regulierung. Die beste Option wäre nach wie vor ein marktwirtschaftlicher Ansatz, auch im Interesse der Finanzindustrie. Nun tickt die Uhr und Banken und Versicherungen haben die letzte Chance erhalten, die digitale Selbstbestimmung der Kunden zu stärken und letztlich Innovation und Wettbewerb auf dem Finanzplatz Schweiz zu fördern. Und wie? Ganz einfach mit der Öffnung der Kundenschnittstelle.

Open Finance ist ein Paradigmenwechsel, weil nun die Kunden von Finanzinstituten im «Driving Seat» sitzen. Sie haben die Kontrolle über ihre Daten und entscheiden, welche davon an Drittanbieter (auch Nicht-Banken) übermittelt werden dürfen. Das ermöglicht sowohl für die Finanz­industrie wie auch Fremdanbieter die Entwicklung von neuen, innovativen Dienstleistungen – sogar neue Geschäftsmodelle können dadurch entstehen. Die Möglichkeiten sind unbegrenzt. Dazu müssen Banken und Versicherungen eine Vorstellung davon haben, wie sich die Welt verändern wird und letztlich die Sprache des Internets verstehen. Mit dem Wissen, dass mit Daten – intelligent eingesetzt – ein viel besseres Kundenerlebnis ermöglicht wird, liegt es auf der Hand, Open Finance voranzubringen. Ansonsten würde sich zeigen, dass die gepriesene Kundenzentriertheit nur Makulatur ist.

In diesem Kontext ist es wichtig, dass die Schnittstellen standardisiert und die Datenübertragung sicher sein sollten. Ebenso ergibt es keinen Sinn, wenn jedes Institut mit einem Drittanbieter eigene Verträge aushandelt. Hier kommt die Six ins Spiel, die übrigens den Schweizer Banken gehört. Mit bLink baut der Infrastrukturanbieter gerade eine Open-Finance-Plattform. Der (technische) Weg zu Open Finance hat somit eine Hürde weniger.

Der offene Zugang zu Kunden- und Transaktionsdaten für Dritte läutet einen unaufhaltsamen, fundamentalen Umbruch ein. Die Zukunft gehört also denen, die agil, kundenzentriert und datenbasiert handeln – und es schaffen, Services zu etablieren, die dem Kunden ein positives und umfassendes Erlebnis bieten. Eine riesige Chance für die Finanzindustrie, echte Kundenzentrierung tatsächlich zu leben.

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