Forschen mit Piz Daint
Der Supercomputer Piz Daint im Tessin ist für die Forschung freigegeben worden: Er soll eine theoretische Spitzenleistung von 7,8 Petaflops erreichen - und für Projekte genutzt werden, die für die Gesellschaft nützlich sind.
Seit Ende 2013 besitzt die Schweiz den leistungsstärksten Supercomputer Europas. Piz Daint wurde nach einem Berg im Bündner Val Müstair benannt, steht aber im Tessin, im nationalen Hochleistungsrechenzentrum (CSCS). In Lugano wurde er nun feierlich für Forschungszwecke geöffnet. "Die Forschung ist heute in immer mehr Fachgebieten auf enorme Rechnerkapazität angewiesen, um Fortschritte zu erzielen", zitiert das CSCS Fritz Schiesser, den Präsidenten des ETH-Rats, in einer Mitteilung. "Piz Daint ist die Schweizer Antwort auf diese Herausforderung."
Im Auftrag des Bundesrats
Der Computer ist ein Produkt der nationalen Hochleistungsrechnen- und Vernetzungsstrategie HPCN, die vom ETH-Rat im Auftrag des Bundes lanciert und vom CSCS umgesetzt wurde. Im Rahmen der HPCN lancierte das CSCS gemeinsam mit dem Institute of Computational Science der Fakultät für Informatik der Universität der italienischen Schweiz die Swiss Platform for High-Performance and High-Productivity Computing (HP2C). An dieser waren in den letzten vier Jahren Entwickler von Applikationssoftware, Mathematiker und Informatiker beteiligt.
HP2C fand im Sommer 2013 ein Ende. Das Nachfolgeprojekt Platform for Advanced Scientific Computing (PASC) läuft aber bereits und soll 2016 abgeschlossen sein. Das Ziel sei es, gemeinsam mit Computerherstellern und dem CSCS neue, effizientere Simulationssysteme zu kreieren.
Mehr Leistung dank Grafikprozessoren
Piz Daint wurde im Oktober 2013 von 12 auf 28 Rechnerschränke ausgebaut. Die theoretische Spitzenleistung betrage nun 7,8 Petaflops. Auch neue Grafikprozessoren (GPUs) wurden eingebaut. Laut ETH Life wurden jeweils zwei herkömmliche Prozessoren durch eine Nvidia-GPU ersetzt. Nach der Neukonfiguration soll Piz Daint fast dreimal energieeffizienter sein als ohne GPUs.
Mit rund 3,2 Milliarden Rechenoperationen (3,2 Gigaflops) pro Watt sei Piz Daint nun weltweit der energieeffizienteste Supercomputer in der Petaflop-Klasse, schreibt das CSCS in seiner Mitteilung.
Wer Rechenzeit will, muss sich bewerben
Dank der Zusammenarbeit zwischen Hardwareproduzenten, Forschenden und CSCS-Mitarbeitern sei es gelungen, den Supercomputer schnell der Forschung zur Verfügung zu stellen, sagt CSCS-Direktor Thomas Schulthess. ETH-Präsident Ralph Eichler präzisiert: "Thomas Schulthess und sein Team haben es geschafft, durch die Projekte HP2C und PASC die Schweizer Forschenden auch auf dem Gebiet Algorithmen- und Softwareentwicklung weltweit an der Spitze zu positionieren."
Die Forscher wollen nun eine Art tomographisches Modell der Erde erstellen, die Wasserbindungen in der molekularen Dynamik berechnen und ein Klimamodell von Europa simulieren. "Erdwissenschaftler, Chemiker, Physiker und Klimawissenschaftler haben hierfür erste Vorbereitungen getroffen und auf dem taufrischen System ihre neu entwickelten Codes überprüft und getestet" - die Resultate seien mehr als zufriedenstellend, heisst es in der Mitteilung.
Um Rechenzeit auf Piz Daint können sich Wissenschaftler aller Disziplinen halbjährlich bewerben. Für Grossprojekte von hoher wissenschaftlicher Bedeutung gibt es eine jährliche Bewerbungsfrist. Die Rechenzeit werde durch ein unabhängiges Komitee von Spezialisten zugeteilt, so das CSCS.