Elektronisches Patientendossier: Datenschutz als Stolperstein
Das Swiss E-Health Barometer hat die Einführung des elektronischen Patientendossiers unter die Lupe genommen. Das Fazit: Die Ärzte zögern und die Bevölkerung verliert das Interesse am Thema. Hauptsorge ist der Datenschutz.
Alljährlich untersucht der Swiss E-Health Barometer, was die Gesundheitsbranche in Sachen Digitalisierung umtreibt. Ein Schwerpunkt der diesjährigen, mittlerweile 8. Umfrage: die Einführung des elektronischen Patientendossiers (EPD), die seit April 2017 im Gange ist.
Das EPD erfreut sich laut Umfrage einer mehrheitlichen Zustimmung. Die Ärzteschaft sieht das elektronische Patientendossier allerdings eher skeptisch. 24 Prozent der befragten Praxisärzte hielten das Patientendossier entweder für eine sehr schlechte Sache (5 Prozent) oder für eine eher schlechte Sache (19 Prozent).
Datenschutz ist entscheidend
Ein Grossteil der befragten Fachpersonen empfiehlt ihren Klienten die Eröffnung eines elektronischen Patientendossiers. Diesbezüglich findet sich in allen Berufsgruppen eine Mehrheit. Besonders deutlich fällt das Urteil der Apotheker aus: 87 Prozent der Befragten sprechen eine Empfehlung aus. Spitalärzte empfehlen ein EPD zu 75 Prozent. Praxisärzte seien hier wiederum am zögerlichsten. Sie sprächen eine Empfehlung nur zu 54 Prozent aus, fassen die Autoren die Ergebnisse der Umfrage zusammen.
(Source: gfs.Bern, Swiss E-Health Barometer)
Und weshalb sollten Privatpersonen ein elektronisches Patientendossier anlegen? Der wichtigste Grund ist laut Umfrage die erhöhte Sicherheit. Andere Aspekte seien Effizienzsteigerung, einfachere Prozesse und die Kostensenkung. Darüber hinaus mache das EPD zukunftsfähig. Die gesetzliche Pflicht stehe bei den Argumenten im Hintergrund.
Die Mehrheit der Befragten vertraue den Stellen, die mit den Gesundheitsdaten ihrer Patienten arbeiteten. Die Ärzte seien hier jedoch kritisch. Nur 48 Prozent der befragten Ärzte brächten den entsprechenden Stellen Vertrauen entgegen. Seit 2015 herrsche hier immerhin ein Aufwärtstrend, so die Studie.
Interesse in der Bevölkerung sinkt
Auch die Bevölkerung sorge sich um den Datenschutz. Er sei unter Privatpersonen der Hauptgrund, sich gegen ein EPD auszusprechen. Hinzu komme, dass Patienten mit dem Datenaustausch bisher zufrieden seien. Trotzdem sehe man auch die Chancen, die das EPD eröffne. Die Stimmung in der Bevölkerung sei grundsätzlich positiv, Begeisterung sehe allerdings anders aus, schreiben die Studienautoren. Auch bezahlen wollten die Bürger nicht für das EPD. Nur 12 Prozent der Befragten wäre dazu bereit.
(Source: gfs.Bern, Swiss E-Health Barometer)
Für das elektronische Patientendossier spricht laut Umfragen in der Bevölkerung, dass es in Notfällen eine schnellere Reaktion ermöglicht. Ausserdem verschaffe es den Patienten Zugang und Überblick zu allen wichtigen Informationen. Insgesamt stagniere das öffentliche Interesse am EPD eher, so die Studie.
EPD fördert E-Health-Strategien
Seit 2015 haben immer mehr Organisationen eine eigene E-Health-Strategie ausgearbeitet. 2018 befinde sich diese Entwicklung nun auf ihrem Höhepunkt, heisst es im Bericht. 85 Prozent der Befragten geben an, in ihrer Institution eine Strategie für die Digitalisierung zu haben. Der Fahrplan für das EPD habe dazu geführt, dass man sich allgemein stärker mit E-Health beschäftige, so die Autoren der Studie.
Auch die Kantone engagierten sich mittlerweile deutlich stärker für E-Health-Fragen als früher. 2014 hätten sich 42 Prozent der Befragten intensiv mit E-Health beschäftigt, 2018 seien es nun 84 Prozent. Die interne Vernetzung einzelner Organisationen habe sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Bei der externen Vernetzung hapere es noch. Nur ein geringer Anteil der Befragten tausche effektiv Informationen mit anderen Akteuren aus. Da gebe es noch Luft nach oben.
Ärzte weiterhin skeptisch
Das E-Health Barometer sieht die Einführung des EPD «auf Kurs». Es werde von der Branche positiv aufgenommen. Die Ärzteschaft sei nach wie vor die Berufsgruppe, die sich am kritischsten äussere. Sie sei nicht davon überzeugt, dass der Einbezug der Patienten nur positiv zu bewerten sei.
Obwohl das Personal von Alters- und Pflegeheimen zuweilen ebenfalls zurückhaltend sei, seien die Heime bei der Digitalisierung gut dabei. Eine treibende Kraft für E-Health seien allerdings weiterhin die Spitäler. Sie trügen die Themen in die Öffentlichkeit – und sensibilisierten ihre Mitarbeiter dafür, so die Studie. Als zentrale Anlaufstelle für die Bevölkerung nähmen auch Apotheken bei der Umsetzung von E-Health-Bestrebungen eine «Schlüsselrolle» ein. Eine zentrale Aufgabe der Behörden sei es nun, mehr Vertrauen in die Datensicherheit zu schaffen.
Gesundheits-Apps immer beliebter
(Source: gfs.Bern, Swiss E-Health Barometer)
Das Swiss E-Health Barometer untersuchte ausser den Meinungen zum EPD auch die Frage, wie elektronische Kanäle als Informationsquelle für Gesundheitsthemen genutzt werden. Das Ergebnis: Das Internet werde immer entscheidender, vor allem bei Personen zwischen 18 und 39 Jahren. In diesem Segment sei das Internet das wichtigste Portal für Gesundheitsinformationen. Bei älteren Personen seien Radio und Fernseher noch wichtiger als das Internet. Das Internet liege nun aber neu an zweiter Stelle. Bei der Arztwahl etwa orientierten sich immer mehr Patienten online.
Auch Gesundheits-Apps erfreuen sich laut Umfrage immer grösserer Beliebtheit. 14 Prozent der Schweizer Bevölkerung nutzten eine entsprechende App. Sie würden allerdings nicht für Informationen gebraucht, sondern für spezifische Datenerhebungen, etwa zum Blutdruck.