"Kniefall auf Kosten der Demokratie"

Update: Referendum gegen das E-ID-Gesetz startet

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Die Unterschriftensammlung zum Referendum gegen das E-ID-Gesetz beginnt mit über 11'000 Teilnehmenden. Zeitgleich lanciert das E-ID-Referendumskomitee einen E-ID-Automat, der für einen digitalen Schweizer Pass vom Staat statt von privaten Unternehmen wirbt.

(Source: Beatrice Devenes)
(Source: Beatrice Devenes)

Update vom 08. Oktober 2019: Über 11'000 Bürger und Bürgerinnen haben in den vergangenen Tagen zugesagt, ihre Unterschriften gegen das E-ID-Gesetz beizusteuern. Damit startet heute ein breites überparteiliches Bündnis mit der angekündigten Unterschriftensammlung zum Referendum gegen eine private E-ID-Lösung, wie die Digitale Gesellschaft in einer Medienmitteilung schreibt. Zur Unterstützung der Kampagne lanciere das Komitee gleichzeitig einen E-ID-Automat, um für einen digitalen Schweizer Pass vom Staat zu werben. Damit liesse sich mit wenigen Mausklicks eine persönliche "Swiss E-ID" über einen Web-Schalter produzieren und über Social Media in Umlauf bringen.

Eine neue repräsentative Umfrage der Universität Zürich habe im Spätsommer ergeben, dass sich 82 Prozent gegen die vom Bund und Parlament vorgeschlagene private Lösung aussprechen. Auch bei den Unterstützern der bürgerlichen Parteien CVP (85 Prozent), FDP (80 Prozent) und SVP (73 Prozent) sei eine Mehrheit für die staatliche E-ID.

Update vom 3. Oktober 2019: Referendum gegen das E-ID-Gesetz erhält Schützenhilfe

Wie der "Tagesanzeiger" berichtet, erhält das E-ID-Referendumskomitee Schützenhilfe aus der Politik. Die Parteileitungen von SP und Grünen hätten sich dazu enschieden, das Vorhaben zu unterstützen. "Es sollen keine Ausweise durch Private ausgestellt werden.", wird SP-Generalsekretär Michael Sorg zitiert. Die Grünen twitterten: "Wir Grüne fordern, dass jede*r in der Schweiz das Recht hat auf eine vertrauenswürdige staatliche E-ID."

Mit der Unterstützung von SP und Grünen werde das Referendum "ziemlich sicher zustandekommen", schreibt der Tagi. Die beiden Parteien waren bereits im Parlament gegen das Gesetz. Auch die Chancen für die Gegner der E-ID an der Urne schienen intakt. In einer repräsentativen Umfrage hätten im Frühjahr 87 Prozent der Befragten gewünscht, dass allein der Staat die elektronische Identität herausgeben soll.

Originalmeldung vom 24. September 2019: Das Referendum gegen das E-ID-Gesetz startet im Oktober

Der Nationalrat beschloss im März ein Gesetz, dass es privaten Firmen erlaubt, die digitale Identität (E-ID) herauszugeben. Die Digitale Gesellschaft ist damit nicht einverstanden und sucht nun 10'000 Bürgerinnen und Bürger, die jeweils fünf Unterschriften zu einem Referendum beitragen. Die Unterschriftensammlung soll am 8. Oktober starten. Auch die Demokratie-Plattform Wecollect, Grundrechte.ch und der Verein Publicbeta unterstützen das Referendum.

Der Nationalrat lenkte zwar ein und akzeptierte die vom Ständerat beschlossene unabhängige Aufsichtsbehörde, wie Sie hier lesen können. Die Eidgenössische E-ID-Kommission (Eidcom) soll für die Anerkennung der Aussteller von E-IDs zuständig sein und diese auch beaufsichtigen. Der Digitalen Gesellschaft reicht das aber nicht. Sie warnt davor, dass die mit der E-ID verbundenen grossen Datenmengen in die Hände privater Unternehmen fallen.

"Der Beschluss des Parlaments für eine elektronische Identifikation ist kein Kompromiss sondern ein historischer Systemwechsel", schreibt die Digitale Gesellschaft. Der Bund verabschiede sich von einer staatlichen Kernaufgabe. "An die Stelle von staatlichen Passbüros treten in Zukunft Grossbanken, Versicherungsgesellschaften und private Unternehmen." Das Bundesgesetz sei ein Kniefall vor den Interessen der Wirtschaft auf Kosten der Demokratie und der Bevölkerung.

Lesen Sie hier auch die Wild Card von André Golliez mit dem Titel "Auf dem Weg zu einem E-ID-Referendum". Golliez ist Experte im Bereich Daten und Präsident der Swiss Data Alliance.

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