SAP S/4Hana-Migration: Kosten schlechter Stammdaten vermeiden
Unternehmen kommen nicht umhin, eine Migration zu SAP S/4 Hana anzustreben, denn der Herstellersupport für Alt-Systeme endet 2030. Richtig umgesetzt, birgt die Migration wertvolle Chancen für das weitere Datenmanagement und kann sogar Kosten sparen. Dieser Beitrag liefert Tipps für eine gelungene Umsetzung.
SAP S/4 Hana ist die neue Echtzeit-ERP-Suite von SAP. Sie ersetzt die Vorgänger-ERP-Produkte wie SAP R/3, Business Suite 7 und ERP 6.0. Um eine Migration kommen Anwenderunternehmen nicht herum, denn der Herstellersupport endet für die Vorgängerlösungen 2030. Die Migration ist ein komplexes Projekt und bedarf gründlicher Vorbereitung sowie genügend Ressourcen bei der Durchführung. Wie eine PwC-Studie zu SAP S/4 Hana unter Unternehmen in der DACH-Region zeigt, steht für 75 Prozent der befragten Unternehmen neben der Technologiekomponente auch noch die generelle Standardisierung ihrer Prozesse im Fokus. Es ist klar, dass hier wesentliche Investitionen nötig werden. 68 Prozent der Unternehmen sehen vor allem im externen Aufwand durch Leistungen von Dritten oder Lizenzkosten den Hauptkostentreiber. 65 Prozent der Befragten rechnen dafür nach der Migration jedoch mit jährlich wiederkehrenden Einsparungen und mit geringeren Prozesskosten. Die Studie zeigt auch, dass 23,5 Prozent noch gar keine Entscheidung über die Umstellung getroffen haben. Dies spiegelt sich auch in einer Befragung von 122 SAP-Verantwortlichen in deutschen Unternehmen im Auftrag von Uniserv wider: Hier gaben 22 Prozent der Befragten an, noch keine grundsätzliche Entscheidung über die Systemablösung getroffen zu haben.
Dennoch müssen sich Anwender der Herausforderung stellen, um ihre Systeme weiterhin zielführend nutzen zu können. Und sie sollten nicht zu lange damit warten, denn die Migration ist ein umfangreiches Projekt, da eine Eins-zu-Eins-Übertragung der Daten vom alten System auf SAP S/4 Hana durch das geänderte Datenmodell nicht ohne weiteres möglich ist. Abgesehen von weiteren technologischen Neuerungen baut es auf die neue In-Memory-Datenbanktechnologie auf, was die gesamte ERP-Landschaft betrifft.
Um die Migration erfolgreich und effizient durchzuführen und sogar noch einen nachhaltigen Mehrwert zu erhalten, sollten Unternehmen die nachfolgenden Tipps beherzigen.
So gelingt eine erfolgreiche Datenmigration
Das neue Datenmodell von SAP S/4 Hana verstehen
Bisher unterscheiden die Legacy-ERPs von SAP in ihrem Datenmodell zwischen drei finanzbuchhalterischen Entitäten: den «Debitoren» und «Kreditoren» sowie dem neutralen «Geschäftspartner». Allen drei Entitäten können bestimmte Eigenschaften, wie Personen- und Adressdaten, Buchungskonten, Bankverbindungen, Rollenbezeichnungen und weitere, zugeschrieben werden. Mit dem neuen Datenbanksystem SAP S/4 Hana führt SAP nun einen einheitlichen Geschäftspartnerstamm ein, der die alten Entitäten in sich vereint und die Unterscheidung der Rolle, der geografischen Lokalität und anderen Systematiken auf einer neuen Abstraktionsebene als Metainformationen abbildet. Eine direkte Eins-zu-Eins-Migration aus Bestandssystemen und den bisherigen SAP-Lösungen ist nur schwer umzusetzen. Sie würde zu fehlerhaften Datensätzen führen, die langfristig in Mehrkosten für das Unternehmen resultieren. Eine entsprechende Überarbeitung der Datenstämme vor der Migration ist daher sinnvoll, und eine zum Unternehmen, seiner Softwarearchitektur und Datenhaltung sowie zu seinen Geschäftspartnerdaten passende Migrationsstrategie muss her.
Die richtige Migrationsstrategie finden
Es gibt unterschiedliche technische und konzeptionelle Migrationsstrategien, die je nach Anforderung und Situation für Unternehmen infrage kommen. Kriterien für die Wahl können die vorhandene Software- und IT-Architektur und die Ausgangskonfiguration sein.
Der Brownfield-Ansatz: Das bisherige, klassische SAP-System R/3, Business Suite oder ERP 6.0 wird schrittweise mit der kompletten Systemlandschaft auf und nach SAP S/4 Hana migriert. Anpassungen können erhalten bleiben. Für Unternehmen, die keine weiteren Drittsysteme oder Legacy-Datenbanken involviert haben, kann das ein attraktiver Ansatz sein. Bei diesem Ansatz besteht jedoch die Gefahr, dass unnötige Daten mit übernommen werden.
Der Greenfield-Ansatz: Hier erfolgt eine vollständige Neuimplementierung. Die vorhandenen Systeme werden aufgegeben und durch die neue ERP-Suite ersetzt. Die bisherigen Systeme, auch ausserhalb der SAP-Landschaft, lassen sich schrittweise in das neue System überführen, brauchen aber eine entsprechende Vorbereitung, Anpassung und Konvertierung. Ein solcher «Neustart» bietet die Chance, alte, verwachsene (Daten-)Strukturen zu standardisieren. Bei diesem Schritt können die nur wirklich notwendigen Daten identifiziert und übernommen und unnötige Altlasten eliminiert werden.
Der Bluefield-Ansatz: Diese Strategie bietet sich an, wenn im Unternehmen komplexe Bestandssysteme aus mehreren Softwareplattformen mit voneinander getrennten Datensilos etabliert sind. Die «Selective Data Transition» kommt der aufwändigen Migration entgegen, denn hier wird System für System entschieden und technisch «gemappt», welche Daten im neuen Zielsystem landen sollen. Systeme und Daten werden voneinander entkoppelt. Hier bietet sich die Chance, zusätzlich sowohl geschäftliche als auch technologische Transformationen, wie etwa den Schritt in die Cloud, durchzuführen.
Mehrwert aus der Datenqualitätssicherung schöpfen
Bei allen Migrationsstrategien muss die Qualität der Quelldaten stimmen. Es droht sonst die Gefahr, den Kardinalfehler «crap in/crap out» zu begehen: Gelangen veraltete, fehlerhafte oder unvollständige Daten in das neue System, kann SAP S/4 Hana das volle Potenzial in Echtzeit für die optimalen digitalen Geschäftsprozesse nicht ausschöpfen. Die sorgfältige Vorbereitung und Überarbeitung und damit Sicherung der Datenqualität vor der Migration ist von erheblicher Bedeutung für die erfolgreiche Nutzung. In der Phase der Vorbereitung vor der Migration sollten Unternehmen die Qualität ihrer Daten optimieren und sichern, etwa mithilfe professioneller Tools, die eine fehlertolerante, automatisierte Prüfung auf Korrektheit, Aktualität, Eindeutigkeit und Vollständigkeit übernehmen. Kommt das Thema «Datenqualität» frühzeitig auf die Agenda, können Prozesse weitreichend automatisiert und vereinfacht werden.
Falsche Daten als Kostenfaktor
Wenn Daten von Kunden und Geschäftspartnern fehlerhaft oder veraltet vorliegen, führt das dazu, dass sie nicht eindeutig identifiziert werden können – das gilt vor wie auch nach der Migration. In der Folge kann das zu Brüchen in eigentlich eingespielten Prozessen rund um Kundenbeziehung und Kundenerfahrung führen, die nicht nur im Marketing fatale Konsequenzen haben. Eine falsche Ansprache etwa kann schnell zu Vertrauensverlust führen und die Loyalität des Kunden nachhaltig schädigen. Mailings, die aufgrund fehlerhafter Adressdaten ins Leere laufen, verursachen unnötig Kosten und Aufwand. Sind Vertragsdaten nicht im gesamten System und über alle Unternehmensbereiche hinweg konsistent gepflegt und einsehbar, leidet nicht nur der Kundenservice und damit auch die Kundenzufriedenheit, es können auch keine individuell zugeschnittenen Angebote stattfinden. Dabei liegen Fehlerquellen nicht nur im Unternehmen selbst. Umzüge, Hochzeiten und Scheidungen oder ein Bankwechsel führen von Kundenseite aus zu Änderungen. Schnell gibt es zu einer Person mehrere digitale Identitäten mit unterschiedlichen Bestandteilen in den Datensätzen. Es gilt also auch nach der Migration, Kundendaten laufend gepflegt und aktuell zu halten.
Daten zusammenführen und Golden Records erstellen
Sind die Daten hin zur (dauerhaft) hochwertigen Qualität vorbereitet, kann eine Konsolidierung von Geschäftspartnerdaten aus verschiedenen Datenquellen stattfinden. So kann eine einheitliche 360-Grad-Sicht auf den Geschäftspartner entstehen, ein sogenannter «Golden Record». Mit solch einer konsolidierten Sicht auf Kunden und Geschäftspartner gelingt der SAP-Lösung die volle Leistung der Analysefähigkeiten. So können Unternehmen nicht nur das Beste aus SAP S/4 Hana herausholen, sondern auch belastbare datenbasierte Geschäftsentscheidungen treffen.
Die Sicherung und Pflege der Datenqualität muss fester Bestandteil der Migrationsstrategie sein und als kontinuierlicher Prozess darüber hinaus verstanden werden. Dann können Unternehmen nachhaltig den Wert aus den Daten und Systemen schöpfen.