Personenfreizügigkeit hilft gegen Fachkräftemangel
Der postpandemische Aufschwung führt in vielen Bereichen zu Arbeitskräftemangel, insbesondere bei IT-Fachkräften. Die Personenfreizügigkeit dämpft dieses Problem, heisst es in einem Bericht des Seco.
In seinem 18. Observatoriumsbericht zum Freizügigkeitsabkommen mit der EU/EFTA legt das Seco ein besonderes Augenmerk auf den Einfluss der Personenfreizügigkeit auf den IT-Fachkräftemangel. Das inländische Arbeitskräftepotenzial sei in diesen Berufen praktisch vollständig ausgeschöpft; die Erwerbsbeteiligung im Berufsfeld lag im Jahr 2021 bei 92,2 Prozent, die Arbeitslosenquote bei 1,6 Prozent. Zudem seien die Löhne sind hoch.
Im Vergleich zur Gesamtwirtschaft, wo 26 Prozent der Stellen mit ausländischen Fachkräften besetzt sind, liegt der Anteil bei den IT-Berufsfeldern bei gut einem Drittel. Ausser der Zuwanderung im Rahmen der Personenfreizügigkeit spielten in der IT auch Arbeitskräfte aus Drittstaaten, vor allem aus Indien, dem Vereinigten Königreich und den USA, eine wichtige Rolle zur Fachkräftesicherung.
79'000 neue Arbeitskräfte seit 2010
Laut Erhebung des Bundesamts für Statistik (BFS) waren im Jahr 2021 rund 211'000 Personen in der IT tätig. Im Vergleich zu 2010 (131'000) wuchs die Branche um 60 Prozent. Ein Wert, der deutlich über dem der Gesamtwirtschaft (11 Prozent) liegt.
Von den kapp 79'000 neuen IT-Arbeitnehmenden stammen fast die Hälfte (35'700) nicht aus der Schweiz. Der allergrösste Teil der zugewanderten Arbeitnehmenden stammt aus einem EU- respektive EFTA-Staat. Nur 4700 Personen kamen aus einem Drittstaat.
(Source: Staatssekretariat für Wirtschaft)
Am meisten "importiert" wurden Softwareentwickler (22'500) gefolgt von Systemanalytikerinnen (7600). Laut Bericht waren dies auch die beiden Berufe, in denen das Beschäftigungswachstum besonders stark ausgefallen ist. Bei Berufen, bei denen das Wachstum nicht so extrem ausfiel, konnte der Fachkräftebedarf überwiegend inländisch gedeckt werden.
Ausländeranteil nach Berufsfeld
Tatsächlich ist die Systemanalytik der einzige IT-Beruf, in dem mehr als die Hälfte der Stellen mit ausländischen Kräften besetzt sind. Wenngleich fast zwei Drittel der Eingewanderten als Softwareentwickler arbeiten, kommt man in diesem Bereich nur auf einen Anteil von 44 Prozent.
(Source: Staatssekretariat für Wirtschaft)
Hoch ist auch der Anteil zugewanderter IT-Ingenieurinnen. Hier liegt der Anteil bei 45 Prozent. Insgesamt verfügen gleich fünf IT-Berufsfelder über einen höher Ausländerdeckungsgrad als der gesamtwirtschaftliche Durchschnitt (26 Prozent).
Deutschland der wichtigste Rekrutierungspool
Am häufigsten kommen IT-Fachkräfte aus direkten Nachbarländern, allen voran aus Deutschland. Knapp 20 Prozent der seit 2002 zugewanderten IT-Fachkräfte kamen von unserem nördlichen Nachbarn, 16 Prozent aus Italien und 8 Prozent aus Frankreich. Nur der östliche Nachbar Österreich schafft es nicht in die Top 5 und bleibt mit 2 Prozent gar hinter einigen Drittstaaten zurück.
(Source: Staatssekretariat für Wirtschaft)
In den vergangenen Jahren legten besonders Deutschland und Indien zu. Seit 2019 kommen im Durchschnitt 23 Prozent der neuen Fachkräfte aus der Bundesrepublik. Aus Indien kamen bislang weniger als 1 Prozent der Fachkräfte, in den vergangenen Jahren stieg der Wert auf acht Prozent an.
Fazit des Seco
Im Schlusswort des Seco heisst es: "Die Digitalisierung wird sich weiter fortsetzen und der Bedarf nach denjenigen Arbeitskräften, die sie vorantreiben, respektive überhaupt möglich machen, wird entsprechend hoch bleiben. Im Inland geht es hierbei darum, dass entsprechende Fachkräfte zusätzlich ausgebildet werden. Konkrete entsprechende Bemühungen sind bereits in Gange. Die Fähigkeit zur Anpassung an die Herausforderungen der Zukunft werden aber auch in wesentlichem Masse davon abhängen, wie gut es der Schweiz ergänzend zur Entwicklung und Ausschöpfung der inländischen Potenziale gelingt, die Fachkräftesicherung in diesem Bereich auch via Zuwanderung aus dem Ausland weiterhin sicherzustellen. Laufende Bestrebungen in dieser Hinsicht sind umso bedeutender, als dass sich ausländische IT-Arbeitskräfte vielfach nicht dauerhaft in der Schweiz niederlassen und die weltweite Konkurrenz um diese Arbeitskräfte in den kommenden Jahren weiter zunehmen wird."
Den vollständigen Bericht des Seco finden Sie hier (PDF).
Gegen den Fachkräftemangel setzt die Schweiz auf unterschiedliche Methoden. So hat etwa der Kanton Solothurn eine eigene MINT-Jobplattform eröffnet, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Mehr darüber lesen Sie hier.