Was Sygnum mit der Bankfiliale im Metaverse vorhat
Sygnum war im Sommer 2019 die erste aktive Schweizer Krypto-Bank mit einer Banklizenz. Seit dem 27. September ist Sygnum die erste Schweizer Bank mit einer Filiale im Metaverse Decentraland. Für Sygnum-Mitgründer und -CEO Mathias Imbach ist es der natürliche, logische nächste Schritt der Expansion.
Sygnum hat am 1. September seine Filiale im Metaverse von Decentralland lanciert. Was hat es damit auf sich?
Mathias Imbach: Das Metaverse steht zwar noch ganz am Anfang. Doch wir glauben daran, dass das Thema Mixed Reality und darauf fussende neue Businessmodelle in Zukunft eine immense Bedeutung bekommen werden. Mit unserem Engagement im Metaverse wollen wir in einem frühen Entwicklungsstadium dabei sein, um zu lernen und Erfahrungen zu sammeln. Ausserdem möchten wir uns mit diesem Schritt auch positionieren und verfolgen ganz konkrete Businessabsichten damit. Ich bin davon überzeugt, dass sich unsere Metaverse Präsenz über Zeit sehr gut in unser Geschäftsmodell integrieren und für unsere Kunden sehr nützlich sein wird.
Was macht Ihrer Ansicht nach den Reiz des Metaverse grundsätzlich aus?
Viele Menschen suchen nach dem Aussergewöhnlichen, nach dem Speziellen – sie wollen anders sein als die anderen. Im Metaverse lassen sich Erlebnisse verwirklichen, die diesem Bedürfnis nach dem Einzigartigen, Individuellen gerecht werden und so auch den sozialen Status der Teilnehmenden unterstreichen können. Heutzutage sind die technischen Möglichkeiten vorhanden, dass sich die Menschen nicht mehr nur in der physischen Identität verwirklichen, sondern auch ihre digitale Identität pflegen. Die Basis dafür bildet die Blockchain-Technologie, weil sie es ermöglicht, die Einzigartigkeit skalierbar zu machen. Das bedeutet, dass es von einem bestimmten individuellen – digitalen – Gegenstand im Internet nur einen oder nur eine sehr begrenzte Anzahl an Originalen gibt. Mein 12-jähriger Göttibueb hat sich beispielsweise kürzlich ein individuelles "Sleeve" in Form eines NFT für ein Online-Game gekauft – über das er sich stundenlang mit anderen austauschen kann, weil nur er so eines hat und so aus der Masse heraussticht.
Spannend. Heisst das, die physische Welt wird in Zukunft an Wichtigkeit einbüssen?
Nein, das glaube ich nicht und das glauben wir auch hier bei Sygnum nicht. Vielmehr wird das Zusammenspiel von physischer und virtueller Realität relevant werden. Unternehmen bzw. Herausgeber von NFTs werden eine Verbindung zwischen diesen beiden Welten schaffen. Ein Sportclub oder eine Nationalmannschaft kann etwa eine NFT-Kollektion ihrer Spieler herausgeben. Diese NFTs beinhalten dann vielleicht nicht nur eine digitale "Sammelkarte" eines Spielers, sondern ermöglichen beispielsweise auch den Zugang zu einem Event, an dem der Fan mit diesem bestimmten NFT-Token einen seiner Stars persönlich treffen kann. Oder ein Vater kauft einen NFT für seinen Sohn, damit dieser an der Hand eines Spielers auf dem Spielfeld auflaufen kann etc. Für diese Kombination von physischer und virtueller Realität haben wir unseren Hub im Metaverse gebaut.
Wie muss man sich den Sygnum Hub im Metaverse konkret vorstellen?
Unser Hub ist auf drei Stockwerken am virtuellen Äquivalent des New Yorker Times Square in Decentraland beheimatet. An der Reception im 1. Stock empfängt der Cryptopunk-#6808 Besucherinnen und Besucher in der SYGN-Lounge. Den Cryptopunk-#6808-NFT haben wir übrigens über unserePlattform tokenisiert und unsere Kunden können Anteile über Sygnex handeln. Auf der zweiten Etage findet sich die interaktive NFT-Galerie. Sie bietet einen interaktiven Rahmen für die Präsentation von Projekten. Dieser Raum ist offen für alle Decentraland-Besucher, Sammler und Fans. Im dritten Geschoss befindet sich ein Auditorium mit Bühne und bietet Raum für Livestream-Events, Konferenzen, Produktlancierungen und Konzerte.
Wie passt die Eröffnung einer Filiale im Metaverse zur Business-Strategie von Sygnum?
Ganz ehrlich: Vor zwei Jahren wussten wir noch nicht, dass wir einen Hub im Metaverse eröffnen werden. Aber wir expandieren von unseren Hauptsitzen in Zürich und Singapur und konzentrieren uns aktuell auf weitere Lizenzen in Luxemburg und Abu Dhabi – insofern ist es ein natürlicher, logischer nächster Schritt, auch in die virtuelle Welt zu expandieren.
Wie sind Sie dieses Projekt Metaverse angegangen? Welche Partner hatten Sie für das Projekt mit im Boot?
Für uns war und ist es wichtig, dass unser Schritt ins Metaverse kein Marketinggag ist, sondern dass wir damit für uns und unsere Kunden Nutzen stiften. Wir überlegten uns sehr genau, was wir in der virtuellen Welt wollen und wie wir dorthin kommen. In die Umsetzung gingen wir mit unseren internen Ressourcen aus den Technologie-, Legal- und Marketingteams. Extern liessen wir uns von einer Digitalagentur begleiten, die Design und Architektur umsetzte.
Was waren die Herausforderungen? Welchen Widerständen/Vorbehalten sind Sie begegnet?
Ein konkret limitierender Faktor war, dass Decentraland an unserem Launchevent am 27. September an seine Kapazitätsgrenzen stiess. Das zeigt, dass die Technologie noch am Anfang steht. Wir gehen aber davon aus, dass solche Kapazitätsgrenzen in den nächsten Jahren der Vergangenheit angehören werden. Die grössere Herausforderung war sicherzustellen, dass wir im regulierten Umfeld, in dem wir uns bewegen, keine Fehltritte begingen. Das heisst, dass wir uns eng mit Wirtschaftsprüfern und der Finma beraten haben. In diesem Prozess haben alle viel gelernt.
Was für ein Echo gab es auf die Ankündigung bzw. die Eröffnung Ihres Metaverse-Hubs?
Seit unserem Launch im Metaverse sind viele Banken und auch andere Marktteilnehmer auf uns zugekommen, um zu erfahren, wie wir das gemacht haben. Wir haben viel Pionierarbeit geleistet und zwar nicht nur auf der technischen, sondern vor allem auf der rechtlichen sowie regulatorischen Seite. Es hatte zuvor in der Schweiz ja noch kein vergleichbares Projekt gegeben.
Werden Sie das gewonnene Know-how, wie man eine Bank ins Metaverse bringt, anderen Finanzinstituten zugänglich machen?
Wir haben tatsächlich schon einen Prozess an andere Banken lizenziert, den wir eigentlich für uns selbst gebaut hatten: unser Krypto-AML-Tool. Dieses haben wir Multitenant-fähig gemacht und bieten es heute im SaaS-Modell an. Aber wir haben aktuell nicht vor, unsere Erfahrungen zum Bau eines Banken-Hubs im Metaverse zu monetarisieren. Sollte jedoch die Nachfrage dafür da sein, wären wir auf jeden Fall agil genug, um daraus ein lizenzierfähiges Produkt zu entwickeln.
Welchen Nutzen versprechen Sie sich vom Metaverse für Ihre Kunden?
Für unsere Kunden bietet das Metaverse die Möglichkeit, ein Produkt auf eine neue Art zu erleben und auf eine neue Art mit uns als Unternehmen und mit der Community zu interagieren; in einer Welt, die man nicht nur sehen, sondern auch virtuell begehen kann. Das Metaverse ist ein neuer Kommunikations- und Distributionskanal bzw. ein Erlebniskanal.
Welchen Nutzen versprechen Sie sich vom Metaverse für Ihr Unternehmen?
Unser Hub im Metaverse signalisiert, dass wir nicht die alte verstaubte Bank sind, sondern willens, neue Wege zu gehen, Dinge das erste Mal zu tun, Pionierarbeit zu leisten. Sei es als erste Bank mit Krypto-Banklizenz, sei es, als erste Bank, die Ether-Staking anbietet; nun sind wir die erste Schweizer Bank im Metaverse. Innovation steckt in unserer DNA.
Welche Art von Banken sollten im Metaverse präsent sein?
Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass sich jede Bank damit auseinandersetzen sollte. Allerdings muss dies mit einem konkreten strategischen Ziel geschehen und das Engagement glaubwürdig sein. Es ergibt wenig Sinn, wenn eine Bank, die sonst keinen Bezug zu digitalen Assets mitbringt, einen Metaverse-Kanal eröffnet, nur weil das gerade ein Hype ist.
Welche Metaverse-Plattform wird ihrer Ansicht nach den Durchbruch schaffen?
Ich glaube nicht, dass sich ein einziges Metaverse gegenüber einem oder mehreren anderen durchsetzen wird und die anderen verdrängen wird. Es wird vielmehr ein "Multiverse" geben, das es durch Interkonnektivität ermöglichen wird, zwischen den verschiedenen Metaversen zu wechseln.