9 Stunden IT-Crash bei Credit Suisse
Keine Mails, kein elektronischer Börsenhandel, kein Zugriff auf Daten: Credit Suisse erlebte am Donnerstag das, wovor sich alle Unternehmen fürchten. Scheinbar standen fast alle Systeme still.
Bei Credit Suisse (CS) in der Schweiz standen gestern Donnerstag von 7 Uhr morgens bis nachmittags 16 Uhr scheinbar fast alle Systeme still. Dies berichtet Inside Paradeplatz (IP), eine üblicherweise gut informierte (aber auch sehr kritische) Quelle. Mails zu schreiben oder auf Daten zuzugreifen sei gestern nicht mehr möglich gewesen, so IP. Der Börsenhandel habe per Telefon stattfinden müssen. Schäden durch fehlerhafte Deals sollen jedoch keine entstanden sein.
Die Bank habe gestern intern von "technischen Problemen" gesprochen. Das System in der Schweiz sei mehrere Stunden lang "down" gewesen und habe jeweils nur kurzzeitig benutzt werden können.
IP führt im Bericht zwei mögliche Theorien auf, wieso es zu einem fast vollständigen Ausfall des gesamten Schweizer Systems der Grossbank kommen konnte.
Zu grosse Sparübungen in der IT
Erste These: Unter CFO-General David Mathers und Kirsty Roth habe die CS in den letzten Jahren den Rotstift (zu) stark in der IT angesetzt, ohne das daraus entstehende Risiko genügend in Betracht zu ziehen. Mathers habe alles "an vermeintlichem Fett und Leerlauf" herausgestrichen, was ihm auf den Tisch gekommen sei, schreibt IP.
Nur so sei es Mathers möglich gewesen, den Investoren der CS Milliarden an Kosteneinsparungen zu versprechen. Insider machten sich gemäss IP Sorgen, dass die IT kollabieren könnte. "Bei einem Totalausfall hätte die CS genau 48 Stunden Lebenszeit, um den Ausfall durch nachzuholdende Tagesendverarbeitungen wettzumachen", schreibt IP weiter.
Ambitiöser Umbau der IT
Zweite These: Ein IT-Umbau, der die Zusammenlegung der über die Schweiz verteilten Server auf einen Grossrechner im CS-Rechenzentrum in Zürich vorsieht, sowie die Digitalisierung aller Front-Applikationen in der Vermögensverwaltung, könnte zu Problemen geführt haben.
Zudem könnte auch eine fehlerhafte Schnittstelle zwischen der Anbindung der iPads von Kundenberatern und dem Host zum Crash geführt haben, so IP. Die mobilen Geräte greifen gemäss IP auf den Host zu, um Kunden- und Marktdaten abzurufen. Ob allerdings eine solche (fehlerhafte) Schnittstelle wirklich ausreicht, um fast alle Systeme der CS zum Erliegen zu bringen, sei dahingestellt.
Credit Suisse hat auf eine Anfrage der Redaktion reagiert: "Wir kommentieren Inside Paradeplatz nicht", sagte eine CS-Sprecherin. Sie bestätigte aber, dass technische Probleme am Donnerstag die elektronischen Systeme in der Schweiz beeinträchtigt hätten. "Darüber hinaus äussern wir uns nicht im Detail."