Die Bruchfestigkeit des politischen Entscheids
Die Kantone haben mit ihren staatlichen EPD-Firmen und dem nötigen politischen Druck auf die Leistungserbringer neue Kühe auf die Allmend des Gesundheitswesens zum Grasen getrieben. Ob das dann zum Nutzen des Bürgers und des Gesundheitswesens geschieht, muss sich noch zeigen.
Acht Monate vor dem Start des elektronischen Patientendossiers (EPD) zeichnet sich ab, dass die Einführung des EPD vorwiegend (es gibt noch wenige Ausnahmen) von staatlichen kantonalen Firmen abhängen wird. Diesbezügliche Erfahrungen mit der unter hohen Kosten gescheiterten kantonalen Initiative von myEPD in der Nordwestschweiz scheinen keine abschreckende Wirkung zu entfalten. Dies passt durchaus zu dem Bild, das der Ständerat kürzlich bezüglich der Konkurrenz staatlicher Betriebe zu privaten Unternehmen abgegeben hat, mit der expliziten Betonung, dass dies nun mal dem politischen Willen entspräche.
Es muss sich zeigen, ob die Politik ausser dem Willen auch die Verantwortung für eine nutzbringende und kostenbewusste Umsetzung des EPD übernimmt. Denn diese Kosten müssen von den Leistungserbringern und damit letztlich vom Prämienzahler getragen werden.
Verstaatlichung der Digitalisierung im Gesundheitswesen Schweiz?
Die Governance dieser neuen staatlichen Institutionen ist jedoch intransparent. Es besteht keine öffentliche Transparenz über die damit verbundenen, nicht unerheblichen Geldflüsse, über die Risiken und möglichen Interessenkonflikte. Das Ergebnis daraus ist, dass beispielsweise Axsana mit der «HealthLink Initiative» nun mit einer unter ihrem Namen laufenden B2B-Plattform auch diesen Markt monopolisieren möchte. Damit tritt Axsana in direkte Konkurrenz zu einer Reihe von etablierten Lösungsanbietern. Wenn dabei noch zusätzlich wiederum primär staatliche Firmen als technische Provider den Vorzug erhalten, ist die Verstaatlichung und Monopolisierung der Digitalisierung im Gesundheitswesen zumindest in diesem Bereich dann wohl nicht mehr aufzuhalten.
E-ID – Problem oder Problemlösung?
Das Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier (EPDG) schreibt vor, dass alle Nutzer der EPD-Plattform, Bürger und Gesundheitsfachpersonen, über qualifizierte digitale Identitäten von dafür zertifizierten Identitätsprovidern (IdP) verfügen müssen. Schon aufgrund der Anzahl der notwendigen Identitäten für das EPD ist damit ein grosser Kostenblock verbunden, wenn dereinst alle Bürger und Gesundheitsfachpersonen daran teilnehmen sollten.
Der an sich nachvollziehbare Ruf nach Verwendung der geplanten nationalen E-ID wirft jedoch einige Fragen auf. Einerseits wird die E-ID zum Zeitpunkt des EPD-Starts nicht verfügbar sein. Andererseits stellt sich die Frage, was mit den etablierten beziehungsweise sich neu im Aufbau befindlichen und im Gesundheitswesen erfahrenen IdPs dann passieren soll, denen damit de facto die Geschäftsgrundlage entzogen würde.
Fazit
Das Gesundheitswesen der Schweiz weist traditionell in vielen Aspekten den Charakter einer Allmendwirtschaft mit naturgemäss viel politischer Einflussnahme und staatlicher Regulierung auf, da das Thema ja jeden Bürger betrifft. Dieses System-Verhalten macht scheinbar auch nicht Halt vor der Digitalisierung des elektronischen Datenaustausches unter den Akteuren im Gesundheitswesen, womit es Innovationen in diesem Bereich zukünftig wohl zunehmend schwer haben werden.