Bundesgericht versetzt Open Source Todesstoss
Das Bundesgericht hat heute im "42-Millionen-Beschwerdefall", initiiert durch Schweizer KMUs und andere Open-Source-Anbieter, pro Microsoft entschieden. Die Beschwerdeführer sind enttäuscht und fordern "fairen Wettbewerb bei öffentlichen IT-Beschaffungen".
Seit den 90er Jahren habe die Bundesverwaltung, ohne dies öffentlich zu publizieren, in regelmässigen Abständen freihändig Grossaufträge an Microsoft vergeben, heisst es in der heutigen Mitteilung der Beschwerdeführer. Anfang Mai 2009 wurde dies publik und die Beschwerdeführer wehrten sich und forderten, dass solche Aufträge künftig gemäss dem Beschaffungsgesetz öffentlich ausgeschrieben werden.
Das Bundesverwaltungsgericht wies diese Beschwerde erstinstanzlich mit der Begründung ab, nur Microsoft-Anbieter selbst könnten gegen eine solche Vergabe Einsprache erheben, da nur diese die durch den Bund gewünschten Microsoft-Produkte anbieten würden. Der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts wurde nun heute durch das Bundesgericht bestätigt. Die Beschwerführer hätten nicht ausreichende Beweise für tatsächlich vorhandene Konkurrenzprodukte erbracht.
Der grüne Nationalrat Alec von Graffenried sowie der Verein "/ch/open" bedauern das Urteil. Sie wollen sich laut Mitteilung nun auf politischem Wege verstärkt für Chancengleichheit bei öffentlichen Softwarevergaben einsetzen. Dabei fordern sie die Bundesverwaltung auf "den Trend zu mehr Transparenz und offenen Systemen nicht zu verschlafen".
Über die Hälfte der Informatik-Ausgaben ohne öffentliche Ausschreibung
Die Beschwerdeführer schreiben, die Argumentation des Bundesgericht nicht nachvollziehen zu können. Das Bundesgericht selbst setzt ihnen zufolge auf solche Konkurrenzprodukte auch international würden Millionen von Verwaltungsangestellten mit Produkten wie OpenOffice.org arbeiten.
Erst kürzlich hatte der Bundesrat als Antwort auf den Vorstoss vom Berner Nationalrat Alec bekannt gegeben, dass im Jahr 2009 von den rund 184 Millionen Franken im Bereich Informatik mit 86 Millionen beinahe die Hälfte ohne öffentliche Ausschreibung an Informatik-Anbieter vergeben wurde.
"Schweizer Steuergelder fliessen ungehindert ins Ausland"
Auf Grund des Urteils werden auch in Zukunft Schweizer Steuergelder ungehindert ins Ausland und zu Microsoft fliessen, heisst es im Wortlaut der Mitteilung. Die Verwaltung werde weiter im Wesentlichen davon entbunden, sich an die WTO-Gesetze zu halten, welche durch Produkt- und Hersteller-neutrale Ausschreibungen für Chancengleichheit sorgen sollten.
Der Nationalrat der Grünen von Graffenried und Mitglied Kernteam der Parlamentarischen Gruppe Digitale Nachhaltigkeit kommentiert enttäuscht: "Ich bedauere die Ablehnung der Beschwerdelegitimation. Damit wird der Missstand im IT-Beschaffungswesen der Bundesverwaltung geradezu gutheissen. Aus diesem Grund werde ich in der Sondersession im April einen weiteren Vorstoss einreichen, der einen fairen Wettbewerb bei öffentlichen IT-Beschaffungen fordert."