Die Cloud sorgt für volle Betten
Mit Apps, modernen Websites und der Anbindung an Buchungssysteme sind Hoteliers IT-mässig gefordert. Aber die Informatik kann sich als nützlicher Helfer bei der Betriebsführung entpuppen, insbesondere bei Cloud-Lösungen.
"Heute lernt man an der Hotelfachschule zwar viel übers Wein Servieren, aber nicht genug über ICT", beobachtet Keith Gruen, Entwickler, der hierzulande am weitesten verbreiteten Hotelverwaltungssoftware Fidelio, die er an Micros verkauft hat. Im Studiengang der Hotelfachschule Lausanne werden im zweiten Jahr gerade mal zwei Module mit Informatikthemen angeboten. Für vertiefte Fachkenntnisse müssen Absolventen selbst aktiv werden. Roland Schegg, Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Tourismus in Sierre, stellt einen grossen Bedarf nach Hotelfachleuten mit Informatikkenntnissen fest: "Wir haben deshalb im fünften Semester des Bachelor-Studiengangs eine Vertiefungsrichtung erarbeitet, die sich mit E-Tourismus beschäftigt und verschiedene Aspekte der Website-Optimierung abdeckt, Google Ads, soziale Netzwerke und dergleichen. Das gehört heute zu den Kernkompetenzen."
Hilfe aus der Cloud
Wenn dem Hotel das IT-Wissen fehlt, können Cloud-Anwendungen eine grosse Hilfe sein. Und tatsächlich zeichnet sich in dieser Sparte eine Tendenz hin zu cloudbasierten Verwaltungslösungen ab. "Aber der Schweizer Markt ist noch sehr zurückhaltend", stellt Gruen fest. "Cloud-Lösungen haben viele Vorteile, insbesondere ist die Aktualisierung der Anwendungen viel einfacher. Die grossen Hotels werden darauf setzen, und früher oder später folgen auch die kleinen", vermutet Schegg. Die eigentlichen Verwaltungssysteme dürften sich ebenfalls zu Cloud-Lösungen weiterentwickeln, mit zusätzlichen Funktionen etwa für die Reservierung und Abrechnung, das digitale Schlüsselsystem oder die Steuerung der Klimaanlage.
Auch andere Anbieter drängen auf diesen Markt und bieten Lösungen, die die täglichen Verwaltungsaufgaben im Hotel vereinfachen oder gewisse administrative Arbeiten automatisieren wollen. Hotela, eine Sozialversicherungsgesellschaft in diesem Umfeld, bietet eine Onlineplattform für die Abwicklung von HR-Prozessen. «Die rechtlichen Anforderungen auf dem Gebiet der Sozialversicherungen verlangen nach spezifischem Fachwissen, beispielsweise welcher Versicherungsfall mit welchem Formular gehandhabt werden muss. Von einem Hotelier verlangt man deshalb, dass er ein eigentlicher Spezialist auf einem ihm fremden Gebiet ist», erklärt Michael Bolt, Generaldirektor von Hotela. Etwa 600 Kunden nutzen das entsprechende Portal bereits für die Verwaltung ihrer Mitarbeiter. Der Anbieter erwägt deshalb, die Outsourcing-Lösung um eine Lohnverwaltung auszubauen.
Buchungen auf anderen Wegen
Auch wenn sich die täglichen Administrativarbeiten mit Cloud-Lösungen oder Outsourcing teils vereinfachen lassen, so ist die Hotellerie mit den Buchungsplattformen wie Ebookers, HRS oder Booking ziemlich gefordert. Darüber realisieren die Tourismusbetriebe etwa 30 Prozent ihres Umsatzes. Aber sie sehen sich auch einer neuen Konkurrenz gegenüber, nämlich den ungezählten anderen Hotels rund um die Welt. Für die Handhabung dieser Plattformen muss ein neues Aufgabenprofil geschaffen werden, quasi ein Channel Manager. "Wir erleben derzeit einen Generationenwechsel im Tourismussektor", beobachtet Michael Simon, Geschäftsleitungsmitglied bei HRS, das 200 000 Hotels auf seiner Plattform zählt.
Die Reservierungen über solche Plattformen werden auf Kosten anderer Kanäle wie E-Mail, Telefon oder der eigenen Website immer wichtiger. Allerdings bedeuten sie aufgrund der Kommissionen zwischen 12 und 15 Prozent einen Einnahmenverlust für die Hotels. "Es ist einfacher, auf einer solchen Plattform zu reservieren als direkt auf der Hotelseite", bedauert Schegg. "Man müsste die direkte Reservierung deshalb beispielsweise mit einem zeitgemässen Webauftritt oder über soziale Netzwerke wieder ankurbeln."
Der Spezialist betont zudem die Notwendigkeit eines attraktiven mobilen Webauftritts. "Die Hotels müssen dem mobilen Trend folgen. Heute ist die Bedienung über ein Smartphone oft mühsam, dabei liessen sich so spontane Buchungen gewinnen." Er empfiehlt auch, auf Web-Apps zu setzen statt auf native Apps, die sich nur für Geschäftskunden grosser Hotelketten rechnen würden oder für Betriebe, die mobil eine ganze Palette von Dienstleistungen anbieten könnten.