"Mit eigenen Produkten ist in den App Stores kaum noch Geld zu machen"
Wie steht es um den Markt für Wearables Apps made in Switzerland? Die Spezialisten der Agentur Du Da Group geben Antworten und liefern eine Markteinschätzung zum Start der Apple Watch.
Welche Möglichkeiten sehen Sie für Wearables Apps im Unternehmensumfeld?
Ich sehe da ganz klar den Health Bereich. Seit knapp zwei Jahren sind wir an einem Projekt mit dem Namen Burnoutprotector beteiligt, das Wearables in der Job-Burnout Prävention einsetzt. Anhand Quantified-Self-Daten, die mit Wearables und erhoben werden, wird ein individuelles Burnout-Risikoprofil ermittelt und mit Hilfe von "Machine Learning" überwacht. Mit unserer Burnoutprotector-Methode können die Burnout-Kosten drastisch gesenkt werden. Die Methode besteht aus einem Burnout-Risiko-Test sowie Handlungsanweisungen zur Burnout-Prävention. Laut Seco verursachten Burnouts im Job in der Schweiz jährliche Kosten in der Höhe von 4,2 Milliarden Franken. Umgerechnet auf die arbeitstätige Bevölkerung sind dies rund 1000 Franken pro Person. Seit seiner Lancierung anfangs Mai, wurde der Burnout-Risikotest im deutschsprachigen Raum schon mehr als 10'000 mal ausgefüllt. In der kommenden Phase 2 wird der bisherige Burnout-Risikotest durch Daten von Wearables und Laboranalysen erweitert. In der Phase 3 erfolgt die Programmierung und die Implementierung der computergestützten Beratung bei Job-Burnout.
Wie ist die Kundenresonanz? Werden Sie von Anfragen überhäuft, oder ist die App-Entwicklung für Wearables kein Thema für Ihr Unternehmen?
Leider haben wir bisher sonst kein weiteres Thema in Bearbeitung. Bis jetzt sehe ich vor allem, dass grössere Firmen Wearables kostenlos an ihre Mitarbeiter abgeben, es aber noch an kreativen Ideen fehlt, um wirtschaftlichen Nutzen aus ihnen zu ziehen.
Wie arbeiten die App-Store-Anbieter Google, Apple und Microsoft mit Ihnen zusammen und wie werden Sie an den Umsätzen beteiligt?
Bisher ist es noch ein wenig dürftig, die genannten Firmen halten sich relativ bedeckt wenn es um den realen Gebrauch geht. Sie werben zwar immer wieder in grossem Stil für das kommende grosse Neue aber eine wirkliche Unterstützung für den Entwickler gibt es nicht. Dies wird sich meiner Meinung nach mit der wachsenden Popularität der Apple Watch ändern und den Markt beleben.
Was ist attraktiver: Ein App für App Stores zu entwickeln oder für Unternehmenskunden?
Vorderhand ist die Entwicklung von Apps für Unternehmenskunden klar attraktiver. Mit eigenen Produkten ist in den App Stores kaum noch Geld zu machen. Man braucht da schon einen absoluten Runner und viel Geld, um in Werbung zu investieren. Ohne dies hat ein Produkt fast keine Chancen wahrgenommen zu werden. Ausnahmen gibt es natürlich immer. Besonders wenn man selber ein eigenes Wearable dazu anbieten würde, welches irgendetwas massiv besser als die Konkurrenz macht, könnte es schon klappen und sehr attraktiv werden.
Seit Ende Juni ist die Apple Watch auf dem Schweizer Markt erhältlich: Game Changer oder nur ein hübsches Accessoire?
Es wird die Konkurrenz unter den grossen Drei klar anspornen. Game Changer weiss ich noch nicht, mir missfällt nach wie vor die geringe Akkulaufzeit. Eines macht sie auf jeden Fall: sie "normalisiert" das Tragen von Wearables. Bis jetzt wurde man entweder als Fitnesstyp oder Hypochonder mit "Bändli" wahrgenommen. Die Popularität der Apple Watch wird diese vorherrschende Meinung klar verändern.
Ein Blick in die Glaskugel: Wie wird sich der Schweizer Wearables-Markt in den kommenden fünf Jahren entwickeln?
Ich hoffe differenzierter und zugleich massentauglicher. Ich glaube, dass uns im Bereich Measurement noch einiges bevorsteht und das diese Technologien auch verbreitetet genutzt werden. Es hängt aber auch stark von der Miniaturisierung, den Entwicklungen im Energiezufuhrbereich und der Unabhängigkeit von Second Devices, wie beispielsweise Mobile Devices, ab. Dazu müssen aber auch parallel die richtigen Ideen und ein klarer Nutzen für die breite Masse ersichtlich sein. Fitness-Reports werden kaum noch zu mehr Wachstum führen. Die Tragzeit eines heutigen Wearable liegt bei zwei Drittel der Benutzer unter einem Jahr. Für längere Tragzeiten müssen die Sensoren in Uhren und anderen Accessoires, wie Kleidungsstücke, kostengünstig eingebaut werden können. Die Schweiz hat schon immer Präzisionswerkzeuge hergestellt, wieso nicht auch diesmal alltagstaugliche und anwenderfreundliche Wearable Measurement Devices. Ich persönlich wäre sehr interessiert an der Entwicklung von medizinischen Wearables.
Weitere Interviews zum Thema gibt es im Dossier Wearable-Apps.