Über 1000 Bewerbungen für .swiss
Bund und Bakom haben in Bern die neue Top-Level-Domain .swiss vorgestellt. Die .swiss-Websites sollen der Welt die Schweizer Wirtschaft von ihrer besten Seite zeigen. Branchen wie der Tourismus erhoffen sich neue Impulse.
In Bern haben Bundesrätin Doris Leuthard und Bakom-Direktor Philip Metzger die neue Domain .swiss vorgestellt. Für eine .swiss-Endung können sich Schweizer Unternehmen und öffentliche-rechtliche Einrichtungen sowie in der Schweiz geschützte Marken bewerben. Unternehmen müssen aber einige Kriterien erfüllen, auch wenn diese nicht immer streng sind. In der Einführungsphase, die bis 9. November dieses Jahres läuft, sind ein Eintrag im Handelsregister und eine Registrierung bei der internationalen Webbehörde ICANN Pflicht.
Wer sich bewirbt, muss überdies einen klaren Bezug zur Schweiz herstellen können. So ganz klar wurde es an der Pressekonferenz nicht, was das bedeuten soll. Reicht ein Schweizer Fähnchen im Logo, oder müssen Güter zu einem bestimmten Prozentsatz in der Schweiz produziert werden? Wird es neben Arosa.swiss vielleicht auch Glencore.swiss geben? Es kann vermutet werden, dass die Kriterien deshalb nicht allzu eng gefasst wurden, damit möglichst viele Unternehmen, Verbände und andere Körperschaften eine .swiss-Endung beantragen können. Wer Wertschöpfung zum BIP beitrage, dürfe auch die .swiss-Endung verwenden, brachte es die Vorsteherin des Uvec auf den Punkt. Leuthard sieht das Potenzial vorrangig in der Export- und Tourismusindustrie.
Bakom übernimmt Verwaltung
Verwaltet werden die neuen Adressen vom Bakom im Auftrag des Bundes. Wer eine .swiss-Adresse will, muss sich dort erst einmal bewerben. Dies geschieht indirekt. Ein Antragsteller muss sich hierfür an seinen Registrar wenden. Die .swiss-Adressen werden von Registraren wie Hostpoint oder iNic verwaltet. Diese vermitteln Adressen auch über Wiederverkäufer. Die Registrare nehmen auch die Anfragen nach einer Adresse mit .swiss entgegen. Eine Liste der Registrare findet sich auf www.nic.swiss. Diese stehen im Wettbewerb zueinander und können die Verkaufspreise frei festlegen. Die gegenwärtigen Marktpreise liegen zwischen rund 120 und 200 Franken.
Bakom prüft Einreichungen
Die Registrare müssen wiederum gemäss der Verordnung des Uvek über die Verwaltungsgebührenansätze im Fernmeldebereich eine jährliche Gebühr von 90 Franken an das Bakom entrichten, um die Kosten für die Zuteilung und die Verwaltung von Standard-Domainnamen zu decken. Bevor die Behörde den Websites grünes Licht erteilt, überprüfen die Mitarbeiter des Bakom die Eingabe gemäss der Verordnung über Internet-Domains (VID).
Und das kostet unter Umständen erneut: 2000 Franken verlangt das Bakom als Aufwandsentschädigung bei generischen Adressen wie hotel.swiss. Hinzu kommt eine Jahresgebühr.
Dieses Vorgehen soll es Dritten erlauben, ein Konkurrenzgesuch einzureichen. Dritte können beispielsweise Mitbewerber oder andere Parteien sein, die nicht im Handelsregister gelistet sind, etwa Vereine. Auch grundsätzliche Probleme Dritter mit einem bestimmten Namen will das Bakom anhören. Reicht eine Vermittlung durch das Bakom nicht aus, kann die Schlichtungsstelle des ICANN hinzugezogen werden.
Über 1000 Bewerbungen
Trotz des bürokratischen Aufwands scheint das Angebot auf reges Interesse zu stossen. Gemäss einem Tweet des Bakom wurden bereits über 1000 Gesuche eingereicht (Stand 8.9.2015). Namen von Bewerbern wollte Metzger mit Hinweis auf die Prüfungsphase keine nennen. Die ersten Top-Level-Domain-Namen mit .swiss werden laut Metzger Anfang Dezember zugeteilt.
Ab dem 11. Januar des kommenden Jahres soll die zweite Phase beginnen. Dann können laut Bakom jegliche Adressen mit der Endung .swiss angefragt werden, sofern sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen gestellt werden, die ihren Sitz sowie einen physischen Verwaltungssitz in der Schweiz haben. Zusätzlich muss der beantragte Name einen hinreichenden Bezug zur gesuchstellenden Person aufweisen. Im Klartext: Peter Müller dürfte es schwer haben, den Namen Mayer.swiss zu bekommen. Bewerben sich mehrere Mayer, so wird der Domainname der gesuchstellenden Partei zugeteilt, deren Seite den Besuchern oder der schweizerischen Community den höheren Mehrwert bringt. Öffentlich-rechtliche Körperschaften haben Vorrang vor Inhabern von Markenrechten oder eines Firmennamens. Ein Domainname kann je nach Fall versteigert oder überhaupt nicht zugeteilt werden, wodurch beide Parteien leer ausgehen würden.
Ein Geschenk an die Schweizer Wirtschaft
.swiss hat die Schweizer Steuerzahler 185 000 Franken gekostet. So viel verlangte die ICANN für die Domain-Endung, nachdem sich der Bund in einem Bieterkampf 2012 gegen die Airline Swiss durchgesetzt hatte. Der endgültige Vertrag mit ICANN wurde im Herbst 2014 unterschrieben. Das Internet sei eine essenzielle Einrichtung, erklärte Leuthard an der Pressekonferenz. Der Bund wollte im Fall .swiss eine Chance nutzen und Dritten zuvorkommen, führte Leuthard weiter aus.
Da die Endung vorrangig Unternehmen zugute kommt, könnte man den Kauf auch als ein Geschenk des Bundes an die Wirtschaft deuten. Oder als eine gut angelegte Investition. Der Bund verspricht sich Impulse für die (Digital-)Wirtschaft. Diese könnten sich wiederum in neuen Steuereinnahmen und Arbeitsplätzen widerspiegeln. Die Bundesrätin betonte in ihrer einführenden Rede die Bedeutung des Internets für die Schweizer Wirtschaft. "Die Wirtschaft setzt auf das Internet", sagte Leuthard und fügte an: Der Bundesrat unterstütze die Digitalwirtschaft, wo er könne.
Diese würde gut 5 Prozent zum Schweizer BIP beitragen. Mit der aktuellen Digitalisierungswelle dürfte sich die wirtschaftliche Bedeutung weiter erhöhen. Welchen Beitrag .swiss für die Schweizer Digitalwirtschaft liefern kann, wollte Leuthard auf Nachfrage nicht in beziffern. Berechnungen dazu lägen keine vor, wie die Bundesrätin auf Nachfrage sagte. Es soll bei .swiss auch nicht um konkrete Zuwächse in Franken gehen.
Vielmehr will der Bund mit den .swiss-Websites ein buntes Schaufenster der Schweizer Wirtschaft und Kultur gestalten. Der Bund, der mit dem Betrieb der neuen Domain beauftragt worden sei, gebe den Registrierten die Möglichkeit, im Internet auf einer vertrauenswürdigen Plattform aufzutreten, die ihren Bezug zur Schweiz eindeutig herstelle, führte Bundesrätin Leuthard weiter aus. Im Gegenzug soll mit .swiss die vielgerühmte Schweizer Qualität auch im Web für jedermann erkenntlich sein.
Tourismus verspricht sich viel von .swiss
Der Nutzen von .swiss steckt daher im Markeneffekt, den der Begriff "Swiss" ausstrahlt. Auf diesen setzt auch Pascal Jenny, Direktor von Arosa Tourismus. "'Swiss' ist ein absolutes Qualitätsmerkmal", gab sich Jenny felsenfest überzeugt. Er präsentierte am konkreten Fall Arosa Tourismus die Möglichkeiten mit .swiss. Der Wettbewerb in der Reisebranche sei gross, erklärte Jenny.
Er erhofft sich von der neuen Endung Vorteile im internationalen Tourismusgewerbe. Mit .swiss würden Emotionen geweckt. ".swiss steht für unsere Qualität, Schönheit und Sicherheit. Darum erhoffen wir uns auch in Arosa mit der künftigen Domain www.arosa.swiss ein noch besseres Image bei Gästen aus aller Welt", sagte Jenny.
Interessant für Verbände
Generische Bezeichnungen seien von besonderem Interesse für die ganze oder einen Teil der schweizerischen Community, glaubt der Bund. Diese werden deshalb erst ab dem 11. Januar 2016 gemäss besonderen Regeln nach einer Ausschreibung oder auf Basis einer Spontanbewerbung zugeteilt.
Denkbar wäre deshalb die Zuteilung an einen Verband, der einen ganzen Berufsstand vertritt, wie etwa www.watch.swiss oder www.hotel.swiss. Mit dieser Zuteilung per sogenanntem Namenszuteilungsmandat sollen diese Adressen in den Dienst der gesamten Community gestellt werden.
Was ist mit .ch?
Die Endung .ch wird mit dem Start von .swiss nicht obsolet. Im Gegenteil: Es gebe rund 2 Millionen Websites mit der Endung .ch. Im Hinblick auf die Binnenwirtschaft der Schweiz bleibe .ch wichtig, betonte Bundesrätin Leuthard.
Auch der Bund werde hauptsächlich .ch für seine Webangebote nutzen. Natürlich gebe es auch dort Begehrlichkeiten, liess Leuthard durchblicken. So zeigten die Kartendienste an .swiss Interesse. Das Anliegen werde noch geprüft. Der Bund wolle aber nicht als Player im .swiss-Geschäft mitmischen, sagte Leuthard. Man wolle lediglich die Grundlagen für .swiss schaffen und hofft nun, dass sich die Schweizer Wirtschaft für die neue Endung interessiert.