Interview

Die Politik muss ihre Scheuklappen ablegen

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von Christine D’Anna-Huber, Asut

Vernetzte Fahrzeuge, vernetzte Nutzer und Anbieter von Mobilitätsdienstleistungen jeglicher Art: für Thierry Burkart, FDP-Nationalrat und Mitglied der Kommission Verkehr und Fernmeldewesen (KVF), wird der Spielraum der Politik angesichts der dynamischen Mobilitätsentwicklung in einer vernetzten Gesellschaft zunehmend enger.

Thierry Burkart, FDP-Nationalrat (Quelle: Asut)
Thierry Burkart, FDP-Nationalrat (Quelle: Asut)

Wie sehen Sie die Zukunft der Mobilität?

Thierry Burkart: Sie ist ausgesprochen spannend. Die Schweiz ist ja bereits heute eine Mobilitätsstadt, gleichzeitig sind die Mobilitätsbedürfnisse im städtischen Raum, in der Agglomeration oder auf dem Land natürlich sehr unterschiedlich. Je nach Situation ist ein anderer Verkehrsträger der richtige, das Gebot der Stunde heisst deshalb Vernetzung. Sie wird die Gesellschaft und die Wirtschaft verändern. Will sie nicht Bremsklotz, sondern Treiber sein, dann ist auch die Politik gefordert, sich neu auszurichten.

Was heisst das konkret?

Die Politik sollte die Entwicklung ohne ideologische Scheuklappen begleiten, ihr klare Rahmenbedingungen setzen, sie aber auch fördern, indem sie keine ­Hindernisse zur Bewahrung bestehender Mobilitätsformen aufbaut. Ein Beispiel: Uber ist ja inzwischen auch in der Politik angekommen und damit geht auch schon die Forderung einher, hier die genau gleiche arbeitsrechtliche Regulierung durchzusetzen wie anderswo. Meiner Meinung nach sollte stattdessen im Vordergrund stehen, dieses neue Angebot zuzulassen, die Mobilität zu liberalisieren und gleichzeitig gut zu regeln. Denn hier findet eine Vermischung von öffentlichem Verkehr und Individualverkehr statt, der ein herkömmliches Schablonendenken nicht gerecht wird: Es kann in Zukunft nur noch ein Gemeinsam geben, kein Gegeneinander.

Unterlaufen solche neuen Formen nicht Bestrebungen, wie etwa den Schutz der Arbeitnehmenden, für die sich die Politik jahrzehntelang eingesetzt hat?

Für mich ist es offen, ob dieser Schutz hier tatsächlich unterlaufen wird. Und selbst wenn: wäre die angemessene Antwort darauf eine Anpassung der bestehenden Regulierung oder eher der Anstoss dazu, sie zu liberalisieren? Für mich ist der zweite Weg der richtige, denn nur so können wir zukünftige Mobilitätsformen überhaupt zulassen. Wenn die Politik nur bewahren will, was wir schon haben, dann behindert sie einen Fortschritt, der unserer Gesellschaft sehr viel bringen kann.

Sie sprechen aber auch von der Notwendigkeit einer vollständigen Überarbeitung der Strassenverkehrsgesetzgebung, sobald autonome Fahrzeuge kommen.

Das ist richtig. Denn das wird eine völlig neue Form der individuellen Mobilität sein, wenn wir unsere Fahrzeuge nicht mehr selbst aktiv lenken, sondern uns nur noch als Passagiere hineinsetzen. Das ist eine enorme Änderung, die eine Anpassung des Strassenverkehrsrechts verlangt und dazu haftungsrechtliche und viele weitere Fragen aufwirft, auf die die Politik Antworten finden muss.

Die Mühlen der Politik malen bekanntlich langsam. Muss sie die Regulierung der Mobilität von morgen schon heute anpacken?

Die Politik tut sicher gut daran, sich schon heute ihre Gedanken dazu zu machen. Regulieren soll sie aber noch nichts, sondern zuerst verschiedene Tests und innovative Möglichkeiten zulassen und erst dann mit der Gestaltung der Rahmenbedingungen anfangen, wenn erkennbar wird, was dabei herauskommt. Solange wir nicht sicher sind, wohin die Reise genau geht, sollten wir nicht schon den Riegel schieben.

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