Mike Dargan, Group Head of Technology bei UBS, über den Wettbewerb um IT-Fachkräfte
Die Finanzbranche ist wie kaum eine andere von der digitalen Transformation betroffen. IT-Technik wandelt sich rasant, Start-ups versuchen, das traditionelle Bankengeschäft aufzubrechen. Weshalb es in diesen Zeiten dennoch reizvoll ist, IT-Leiter einer Grossbank zu sein, erklärt Mike Dargan, Group Head of Technology bei der UBS.
Sie haben im September des letzten Jahres die globale Leitung des Technologiebereichs der UBS übernommen. Wie ist es Ihnen seither ergangen?
Mike Dargan: Meine Familie und ich haben uns gut in der Schweiz eingelebt. Es gefällt uns mittlerweile sehr gut hier. Eines meiner ersten Projekte nach meinem Start bei der UBS war eine umfassende Analyse des Technologiebereichs und unserer Technologie-Infrastruktur. Ich verbrachte viel Zeit mit ausführlichen und intensiven Gesprächen mit dem Team, um ein umfassendes Verständnis für die Technologielandschaft der UBS zu entwickeln. Mir war wichtig, unsere Stärken zu bestimmen und herauszufinden, wo wir uns verbessern können. So liessen sich Prioritäten für unsere Technologiestrategie ableiten.
Das heisst?
Ich habe fünf Prioritäten für unsere Technologieabteilung gesetzt. Zunächst eine Vision und Strategie, auch für den grundsätzlichen Einsatz von Technologie bei der UBS. Wir müssen für alle Bereiche eine Roadmap entwickeln. Für die Umsetzung unserer Ziele benötigen wir ein robustes Organisationsmodell und eine Struktur. Ausserdem müssen wir unsere Erfolgsmessung (KPIs) vereinfachen. Und nicht zuletzt brauchen wir eine Strategie für die Zusammenarbeit mit anderen Bereichen innerhalb der UBS.
Wie sieht diese Strategie aus?
Wir müssen als Technologieabteilung dafür sorgen, dass das Business seine Geschäftsziele erreichen kann. Hierfür entwickeln wir gemeinsam mit dem Business übergeordnete Pläne. So machen wir unsere Technologiestrategie für jede Abteilung nachvollziehbar und können wichtige künftige Entscheidungen wie strategische Initiativen oder die Auswahl von Drittanbietern begleiten.
Die Finanzbranche befindet sich mitten in der digitalen Transformation. Technologie wandelt sich rasant. Fintechs durchbrechen traditionelle Geschäftsmodelle. Was reizt Sie an Ihrer Arbeit als Group Head of Technology?
Vor meinem jetzigen Job hatte ich mich mit Geschäftsstrategien beschäftigt, danach arbeitete ich im Bereich Mergers and Acquisitions. Nun leite ich dieses globale Team, in dessen Führung ich all diese verschiedenen Aspekte meiner früheren Tätigkeiten einbringen kann. Das fasziniert mich sehr. Es freut mich zudem zu sehen, wie sich unsere Vision und Strategie in echten Lösungen für unsere Kunden zeigen. Am schönsten ist es aber, täglich den Enthusiasmus und die Freude meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erleben.
Was sind die grössten Schwierigkeiten als Technologiechef bei einer Bank wie der UBS?
Es gibt Herausforderungen, die jede Technologieabteilung einer Bank kennt. Hierzu zählen etwa die Einhaltung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen, die Verwaltung unseres Risikoportfolios und der Schutz und die Sicherung von Kundendaten. Hierfür schulen wir permanent unsere Mitarbeiter, damit sie einen hervorragenden Service anbieten können. Zugleich müssen wir uns innerhalb des vorgegebenen finanziellen Rahmens bewegen. All diese Aufgaben sind enorm wichtig und ich darf diese nicht einen Moment aus den Augen lassen. Doch das ist längst nicht alles.
Was kommt noch dazu?
Der globale Wettbewerb um Technologie-Talente. Wir konkurrieren längst nicht mehr mit anderen Banken um gute Leute. Wir suchen heute nach den gleichen Fähigkeiten und buhlen um die gleichen Fachkräfte wie die Giganten aus der Techbranche. Heutige Banken – und da ist die UBS keine Ausnahme – erfordern die gleiche Expertise wie die Grössen der Digitalwirtschaft. Wir suchen nach Fachkräften in den Bereichen Datenanalytik, Softwareentwicklung, Machine Learning und Prozessautomation. Ich könnte diese Liste beliebig weiterführen.
Wie lautet Ihre Antwort auf das Problem?
Wir müssen für die besten Talente attraktiver sein als andere Banken und Technologieunternehmen. Als Arbeitgeber müssen wir für Förderung und Weiterentwicklung stehen.
Was tun Sie dafür?
Ich habe bereits interne Abläufe optimiert und Abstimmungsprozesse vereinfacht. So können unsere Entwickler produktiver arbeiten. Das fördert eine positive Firmenkultur und wir können überdies die Zufriedenheit unserer Kunden steigern.
Was machen Sie noch?
Ich betreibe einen internen Blog und lade regelmässig zum informellen Austausch in kleineren Gruppen bei einem Kaffee ein. Das Technology Leadership Forum ist eine weitere Plattform, in deren Rahmen Mitarbeiter aus dem Business mit Technologiekolleginnen und -kollegen diskutieren und Ideen austauschen können. Mir ist ausserdem wichtig, dass wir ein Umfeld pflegen, in dem Vorschläge und Ideen Gehör finden und ausprobiert werden können. Das bedeutet für unser Senior-Management, sich für den Austausch zu öffnen.
Sie migrierten kürzlich Teile Ihrer Infrastruktur in die Azure-Cloud. Die UBS arbeitet als Finanzinstitut in einem stark regulierten Umfeld. Welche Herausforderungen ergeben sich dadurch bei der Nutzung der Cloud?
Unsere Technologie-Infrastruktur ist breit aufgestellt mit einer Vielzahl an Geschäftsanwendungen. Die Arbeit in einem regulierten Umfeld hilft uns, den Fokus eng zu halten und nur das zu machen, was wir können und dürfen. Das gilt besonders beim Einsatz von Cloud-Lösungen. Die Migration unserer Risk-Management-Plattform auf Azure war eine naheliegende und sinnvolle Lösung, da Microsoft viel Wert auf Sicherheit und Compliance legt. Cloud-Adoption wird weiter vorangetrieben, wo es aus strategischen und finanziellen Gründen für uns in Zukunft sinnvoll erscheint.
Welche Bedeutung hat IT in Zukunft für eine Bank?
Die Grundlage des heutigen Bankgeschäfts ist Technologie. Unsere Technologiestrategie muss auf diesem Prinzip aufbauen, wenn wir Lösungen anbieten wollen, mit denen die UBS wettbewerbsfähig bleibt, heute und in Zukunft.
Wie wollen sie mithilfe der IT die UBS für die Zukunft rüsten?
Mit der digitalen Transformation durchleben wir eine technologische Zeitenwende. Trends wie soziale Netzwerke, das Internet der Dinge und fortgeschrittene Analytiklösungen bieten uns völlig neue Einblicke in das Kundenverhalten. Diese können wir nutzen, um das Kundenerlebnis zu verbessern. Dieser Paradigmenwechsel eröffnet uns auch neue Möglichkeiten innerhalb unserer Organisation. Die Effizienz unserer betrieblichen Abläufe steigt. Das gibt uns Raum für die Entwicklung neuer Initiativen. All das wird dazu führen, dass wir einzelne Komponenten unseres Serviceportfolios neu bewerten werden, auch im Hinblick auf das sich weiterentwickelnde Banken-Ökosystem.
Zum Banken-Ökosystem gesellen sich immer mehr Fintech-Start-ups. Welche Rolle spielen diese in Ihrer Vision?
Automation, Cloud-Adoption und die sich wandelnde Nutzererfahrung verändern Technologie und das Bankengeschäft. Das führte zum Aufblühen des Fintech-Ökosystems weltweit. Die UBS fördert das Fintech-Ökosystem in verschiedenen Bereichen. Im Februar führten wir etwa einen Hackathon durch. Über 400 Teilnehmer verteilt auf 5 Kontinente entwickelten innerhalb von 24 Stunden Finance-Lösungen. Als Mitglied von Digital Switzerland riefen wir mit weiteren Vertretern der Schweizer Finanzbranche den Kickstart Accelerator ins Leben. Dieses Start-up-Programm soll junge Unternehmer innerhalb von elf Wochen unterstützen, ihre Produkte und Services fit für das Fintech-Ökosystem machen.
Was bedeutet Innovation für die UBS?
Beim Thema Innovation muss man das Gesamtbild betrachten. Man kann sich von Innovationen ablenken lassen, insbesondere dann, wenn man sie nur um der Innovation willen verfolgt. Gleichzeitig muss man im Auge behalten, was funktioniert und was nicht und inwieweit das Business von einer Entwicklung profitieren kann. Wir beziehen möglichst frühzeitig Kollegen aus Fachabteilungen in die Diskussion um technologische Veränderungen mit ein. In der Vergangenheit waren wir leider nicht immer so partnerschaftlich. In einigen Fällen sprinteten wir voraus und die Kollegen aus dem Business waren gezwungen aufzuholen, oder wir in der Technologie reagierten nicht schnell genug auf die Bedürfnisse unserer Partner
Welche Schlüsse ziehen Sie daraus?
Letztlich bedeutet Innovation, unsere Technologielandschaft zu einer digitalen Plattform weiterzuentwickeln, die den Wert unserer Technologie-Infrastruktur für alle Bereiche der Bank widerspiegelt.
Welche weiteren Ziele haben Sie auf der Agenda?
Ich will sicherstellen, dass UBS Technology ein attraktiver Arbeitgeber für Technologie-Talente bleibt. Die Förderung unserer Teamkultur steht für mich hierbei im Mittelpunkt, damit wir uns auf das konzentrieren können, was uns bei der Umsetzung unserer Strategie und unseres Auftrags wirklich hilft. Ich strebe eine Organisationskultur an, in der wir eng mit dem Business zusammenarbeiten. Eine Arbeitsumgebung, in der sich Mitarbeiter bestärkt darin fühlen, Entscheidungen zu treffen, Verantwortung zu tragen und Ideen einzubringen. Entscheidend ist die Leidenschaft zu erhalten, mit der unsere Mitarbeiter ihrer Arbeit nachgehen.