"Je enger die Zusammenarbeit, desto besser die Resultate"
Eine gute Zusammenarbeit ist der Schlüssel bei der Umsetzung von Digitalprojekten. Thomas Schrämli, Inhaber von Schrämli Consulting und Jurypräsident bei Best of Swiss Web, verrät, wo bei der Kooperation die Risiken liegen, was es von beiden Seiten braucht und welche Fehler es zu vermeiden gilt.
Was ist bei der Zusammenarbeit am wichtigsten?
Thomas Schrämli: Der Schlüssel zum Erfolg liegt aus meiner Erfahrung im Verständnis für den Auftrag und der klaren Vorgabe für die Ausgestaltung des Projekts. Die Agentur muss die Möglichkeit haben, exakte Informationen und klare Zielsetzungen vom Kunden zu erhalten. Dies hat häufig mit der Qualität und der Vollständigkeit des Briefings zu tun. Zusätzlich ist der enge Austausch von Beginn der Zusammenarbeit an sehr wichtig.
Was braucht es auf Agentur-Seite?
Der Kunde kann erwarten, dass eine Agentur mit ihren Fähigkeiten neue Herangehensweisen aufzeigen kann, Kreativität im Lösungsansatz einbringt sowie als wertvolle Ergänzung bestehender Ressourcen beim Kunden agiert. Je enger und regelmässiger die eigentliche Zusammenarbeit erfolgt, desto besser sind in der Regel die einzelnen Resultate.
Wo liegen die grössten Herausforderungen?
Es ist eine Frage der Bereitschaft aller beteiligten Parteien, um gemeinsam ein übergeordnetes Ziel zu erreichen. Die Komplexität, insbesondere bei Projekten mit einem digitalen Fokus, hat insgesamt zugenommen. Es braucht mehr involvierte Personen, um wirklich alle Faktoren innerhalb der einzelnen Projektschritte frühzeitig zu beleuchten, Probleme zu erkennen und Lösungen zu erarbeiten. Es reicht nicht mehr aus, dass das Marketing oder die Werbeabteilung seitens Kunde nur ihre Bedürfnisse formuliert.
Welche Stolpersteine lauern bei der Technik?
Häufig sind die aktuelle technische Systemlandschaft oder die dafür zur Verfügung stehenden Ressourcen eine grosse Herausforderung. Hier sollte eine Agentur das nötige Feingefühl haben, auf solche Situationen einzugehen und gemeinsam mit dem Kunden passende und nachhaltige Lösungen zu erarbeiten und nicht starr auf ihre Idee oder die eigenen Möglichkeiten der Umsetzung zu fokussieren. Gleichzeitig braucht es auch Verständnis vom Kunden, dass gewisse Schritte heute mehr Zeit brauchen, um die einzelnen Funktionalitäten vollumfänglich zu gewährleisten.
Wie können Auftraggeber und Auftragnehmer sicherstellen, dass sie die gleiche Sprache sprechen?
Das ist nicht immer einfach. Die Auftraggeber müssen hierbei darauf achten, kulturelle und politische Komponenten zu kommunizieren. Die Auftragnehmer ihrerseits müssen ein Gespür für den einzelnen Kunden entwickeln. Es ist fast immer die menschliche Komponente, die in diesem speziellen Punkt den Unterschied macht. Nachfragen, Verständnis schaffen und Aufklärung betreiben hilft, die Kommunikation zu verbessern.
Was ist der grösste Fehler, den eine Agentur in der Kommunikation mit dem Auftraggeber machen kann?
Probleme zu spät oder unvollständig an den Kunden zu kommunizieren.
Kooperation ist das Jahresthema von Best of Swiss Web. Wie haben Sie als Jurypräsident diesen Aspekt wahrgenommen?
Die Zusammenarbeit hat auf allen Stufen, insbesondere auch bei mehreren Auftragnehmern und bei den Kunden zwischen den einzelnen Abteilungen, stark zugenommen. Es ist spürbar, dass sich die Erkenntnis durchgesetzt hat, gemeinsam mehr erreichen zu können.
Arbeiten Auftraggeber und Auftragnehmer heute enger zusammen als früher?
Ja, es hat diesbezüglich ein Umdenken stattgefunden. Sowohl Kunde als auch Agentur sind heute viel enger und agiler unterwegs. Dies bringt insgesamt die besseren und nachhaltigeren Resultate hervor.
Wo liegen die grössten kulturellen Unterschiede zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer in der Webbranche?
Die Auftragnehmer arbeiten in der Regel losgelöst von politischen Komponenten und von hierarchisch geprägten Strukturen. Dies hat zur Folge, dass Entscheidungen schnell getroffen werden und die Umsetzung vorangetrieben wird. Auf der Kundenseite kann es jedoch sein, dass eine scheinbar einfache Entscheidung häufig mehrere Instanzen durchläuft. Es ergibt aber durchaus Sinn, alle involvierten Parteien gut abzuholen, damit die einzelnen Entscheidungen breit abgestützt sind. Ansonsten besteht immer die Gefahr, dass diese Punkte nachträglich infrage gestellt oder kritisiert werden. Auch deshalb ist es wichtig, dass Kunde und Dienstleister einen offenen, vertrauensvollen und transparenten Umgang pflegen.
Heute sind oft mehrere Agenturen am Entwicklungsprozess beteiligt. Wie hat sich dadurch die Umsetzung von Projekten verändert?
Hierbei ist der ständige Austausch von Informationen und eine gute Projektleitung sehr wichtig. Wenn verschiedene Parteien an der Umsetzung beteiligt sind, braucht es einen ständigen Abgleich der einzelnen Projektschritte, was den operativen Aufwand unter Umständen etwas erhöht, jedoch den Erfolg derselben unterstützt. Der grosse Vorteil dieser Form der Zusammenarbeit, wenn diese von allen Seiten gelebt wird, ist die Fülle an Wissen, die so zusammenkommt. Für den Auftraggeber entstehen in der Regel die besseren Resultate und arriviertere Lösungen. Es darf aber von keinem Partner der Anspruch erhoben werden, dass nur seine Lösung innerhalb des Projekts richtig ist. Zudem sollte der Kunde bestrebt sein, die Führung und den Überblick nicht abzugeben, damit die hier entstehenden Synergien in idealer Weise genutzt werden können.
Was unterscheidet ein gutes von einem schlechten Projekt?
Gut oder schlecht ist hier wohl zu pauschal. Es gibt unzählige Faktoren, die das Endergebnis beeinflussen. Dazu gehören unter anderem der Zeithorizont, das Budget, die Rahmenbedingungen und die Verfügbarkeit der einzelnen Fachkräfte. Was am Schluss zählt, sind die erreichten Resultate hinsichtlich der ursprünglichen Zielsetzungen. Nur daran kann Erfolg oder Misserfolg gemessen werden.
Wie hat sich die Qualität der Projekte in den vergangenen Jahren entwickelt?
Die einzelnen Projekte sind wesentlich umfassender dokumentiert als früher. Es sind auch bedeutend mehr Zahlen seitens der Analyse vorhanden. Dies macht es uns als Jury leichter, die Spreu vom Weizen zu trennen. Die Qualität der Projekte ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen, was uns als Jury natürlich freut.
Wie steht die Schweizer Webbranche im Vergleich zum Ausland da?
Technologisch können wir mit den direkten Nachbarstaaten oder auch den nordischen Ländern durchaus mithalten. Amerika ist seitens Entwicklung nach wie vor sehr kreativ und innovativ, was auch mit der Investitionsbereitschaft zu tun hat. Märkte wie Asien, insbesondere China und Indien, sind wiederum hinsichtlich der gesetzlichen Regelungen im Vorteil. Gerade China wächst aktuell am stärksten und macht im elektronischen Handel riesige Schritte. Die EU hingegen befindet sich derzeit in einer grossen Konsolidierung, was die Gesetzgebung und die Datensicherheit betrifft. Auf alle diese Einflüsse müssen wir in den kommenden Monaten und Jahren reagieren können, um auch weiterhin konkurrenzfähig zu bleiben.