Bosch pusht das IoT mit autonomen Autos, cleveren Kameras und vernetzten Velos
Bosch hat zu seiner Internet-der-Dinge-Konferenz "Connected World" geladen. In Berlin zeigte die deutsche Technologiefirma, was sie mit Blockchain, künstlicher Intelligenz und selbstfahrenden Autos vorhat. Und CEO Volkmar Denner verriet, warum ihm die Weltpolitik Kopfschmerzen bereitet.
Wer den Namen Bosch hört, denkt vielleicht an Bohrmaschinen, Staubsauger oder Baustellenradios. Weniger bekannt ist, dass die deutsche Firma auch bei IT-Trends wie Blockchain, künstliche Intelligenz (KI), Cloud-Computing oder dem Internet der Dinge (IoT) kräftig mitmischt. Dem letzteren Thema widmet Bosch eine ganze Konferenz: die "Connected World", die auch dieses Jahr wieder in Berlin stattfindet. Rund 5000 Kunden, Partner und IoT-Spezialisten versammeln sich zwei Tage lang in einem stillgelegten Bahnhof, um Lösungen aus der Welt der vernetzten Dinge zu begutachten und zu präsentieren.
Eröffnet wurde der Event gestern von Volkmar Denner. Der Bosch-CEO sagte, mit dem wachsenden Interesse am Thema IoT habe sich auch der Event und das Unternehmen selbst gewandelt. Mehr Rechenleistung, Bandbreite und Geräte hätten dem IoT in verschiedenen Bereichen Schub verliehen. So etwa in der Baubranche oder in der Mobilität, um die sich die Connected World in diesem Jahr drehe. Bosch wolle aber auch die Wirkungen der allgegenwärtigen Vernetzung auf die Gesellschaft in den Blick nehmen, sagte Denner.
Michael Bolle vereint bei Bosch die Aufgaben von CDO und CTO. (Source: Netzmedien)
KI, Cloud und Offenheit
Wie sich IoT-Lösungen von der Idee zum Produktivbetrieb umsetzen lassen, darüber informierte Michael Bolle, zugleich CTO und CDO von Bosch. Vier Faktoren seien für ein Gelingen entscheidend. Erstens der Einsatz von KI, zweitens ein Plan für die Skalierung der Lösung, drittens der Aufbau eines Ökosystems von Partnern und drittens das Vertrauen. Sollen Daten in der Cloud ausgewertet werden? Lässt sich die Machine-to-Machine-Kommunikation mit Blockchain-Technologie absichern? Wie kann die Sicherheit der Systeme gewährleistet werden? Das seien Fragen für die Bosch momentan Antworten entwickle.
Bolle stellte drei aktuelle IoT-Projekte von Bosch vor. Automatische Systeme zur optischen Kontrolle von Maschinenteilen sollen der Industrie Kosten und mühselige Arbeit ersparen. Die Lösung soll noch dieses Jahr lanciert werden. Smarte Überwachungskameras sollen mittels KI Sicherheitsprobleme, freie Park- oder Arbeitsplätze und irgendwann auch ganze Verkehrsströme erkennen. An den Endkunden richtet sich die "One Bike Cloud". Mit ihr könnten Nutzer von E-Bikes Touren vorab im Browser planen, direkt vom Velo aus Hotels reservieren oder Fitness-Infos abrufen. Bosch wolle solche Lösungen auch für andere Anbieter von Hard- und Software öffnen. Denn das Potenzial des IoT, betonte auch CEO Denner, lasse sich nicht von einem Unternehmen alleine ausschöpfen. Es brauche dazu offene und sichere Plattformen.
Parallel zur Connected World führte Bosch den nach eigenen Angaben grössten IoT-Hackathon Europas mit rund 700 Teilnehmern durch. (Source: Netzmedien)
Im Internet der Dinge werden digitale Zwillinge immer wichtiger. Dahinter steckt das technologische Prinzip, möglichst alles in der physischen Welt auch digital abzubilden. Welchen Mehrwert das bringt und woran Bosch im IoT-Lab in der Schweiz arbeitet, erfahren Sie hier.
Datenschutz, 5G und Handelskrieg beschäftigen Bosch
Beim Internet der Dinge geht es um Technik und Use Cases, es geht aber auch um Politik. Auf die Problematik angesprochen, dass Staaten wie China IoT-Daten dazu nutzen könnten, um ihre Bevölkerung auszuhorchen und zu kontrollieren, verwies Volkmar Denner auf die strengen Datenschutz-Prinzipien, die sich Bosch selbst auferlegt habe. Diese würden ähnlich wie die EU-Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSGVO) vorsehen, dass Daten nur mit Einwilligung der Kunden weitergegeben würden. Der CEO räumte allerdings auch ein, dass Bosch gerade in China keine eigene Cloud betreiben dürfe und deshalb mit lokalen Anbietern kooperieren müsse.
Auch der sich anbahnende Handelskrieg zwischen den USA und China gehe an Bosch nicht spurlos vorüber. Als global operierendes Unternehmen mit mehr als 400'000 Mitarbeitenden sei man auf eine funktionierende Supply Chain angewiesen, sagte Denner. Gerade diese leide aber unter dem Konflikt zwischen den Grossmächten - ebenso wie die Nachfrage nach Produkten von Bosch. Bei einem anderen Streitthema, 5G, ist die Haltung des Unternehmens klar. 5G sei der "Game Changer" für vernetzte Autos, Smart Homes und die Industrie, sagte CTO Bolle. Die nächste Mobilfunkgeneration schaffe neue Anwendungen, senke den Energieverbrauch von vernetzten Geräten und ermögliche Reaktionen in Echtzeit.
Bei Bosch ebenfalls im IoT-Angebot: Smart-Home-Lösungen mit App- oder Sprachsteuerung über Amazons Alexa. (Source: Netzmedien)
Zum selbstfahrenden Auto, bei dessen Entwicklung Bosch sich besonders stark engagiert, vertrat Denner eine differenzierte Ansicht. Die Zukunft sei nicht komplett autonom, sagte er. Im Privatverkehr werde wohl auch in Zukunft der Mensch am Steuer sitzen wollen. In anderen Bereichen, etwa der Logistik, sei der Trend zum KI-Fahrer aber eindeutig. Noch sei die Autobranche nicht ganz am Automatisierungs-Ziel angekommen. Ein erstes voll selbstfahrendes Auto mit Bosch-Technologie soll im zweiten Halbjahr in den USA zum Test antreten. "Es ist bald soweit", sagte der Bosch-Chef.
Reigen der Bosch-Partnerfirmen
Firmen aus verschiedenen Branchen zeigten an der Connected World Lösungen aus dem IoT-Umfeld, bei denen Bosch-Technologie zum Einsatz kommt. Magnus Hall, CEO des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall, skizzierte eine Ablösung fossiler Brennstoffe durch alternative Energieträger und smarte Stromnetze. Joachim Wenning, Chairman of the Board of Management der Rückversicherung Munich Re, will mit digitaler Technologie Schäden vorhersagen und "Security as a Service" bieten. Wie sich die Baubranche mit "Building Information Modeling" (BIM) einen Produktivitäts-Schub verschaffen könnte, warum sie es aber dennoch nicht tut, erklärte Ulrich Klotz, Vorstandsmitglied der Baufirma Züblin.
Katharina Uribe Casillas zeigte, wie Kühne + Nagel die Lieferkette mit IoT-Sensoren digitalisiert. (Source: Netzmedien)
Aus der Schweizer Unternehmenswelt war Kühne + Nagel an der IoT-Messe vertreten. Katharina Uribe Casillas, Vice President Global Business Development Automotive & Industrial bei der Logistikfirma, stellte drei Pilotprojekte vor. Ihnen sei gemeinsam, dass sie auf Grundlage des Tracking-Systems "Bosch Nexeed" Waren auf dem Transportweg überwachen könnten. Dadurch lasse sich etwa die Produktion in einer Fabrik in Echtzeit an die Liefersituation anpassen. Andere Sensoren registrierten, wenn es auf dem Weg zu Beschädigungen komme und bestellten dann automatisch Nachschub. Der nächste Schritt sei nun, die Daten aus dem Tracking mit anderen Informationen und Prozessen im Unternehmen zu verknüpfen, sagte Uribe Casillas.
An der Connected World 2018 zeigte Panalpina, wie die Logistik der Zukunft aussehen könnte. Lesen Sie hier mehr darüber.