Nachgefragt bei Daniel Risch

Blockchain, E-Gov, Start-ups: Was Liechtenstein auf dem digitalen Weg vor hat

Uhr

In einer Woche ist es wieder soweit. Im Zürcher Hallenstadion werden zum zweiten Mal die Digital Economy Awards verliehen. Als Special Guest mit dabei: Daniel Risch, Regierungschef-Stellvertreter und Wirtschaftsminister des Fürstentums Liechtenstein. Im Interview verrät er, warum Liechtenstein bei der Digitalisierung Gas gibt und wo die Unterschiede zur Schweiz liegen.

Daniel Risch, Wirtschaftsminister und Regierungschef-Stellvertreter, Fürstentum Liechtenstein (Source: Roland Korner)
Daniel Risch, Wirtschaftsminister und Regierungschef-Stellvertreter, Fürstentum Liechtenstein (Source: Roland Korner)

Digital Summit, 9-Punkte-Plan, digitale Roadmap und Blockchain-Gesetz: Liechtenstein ist aktuell oft in den Schlagzeilen, wenn es um neue Technologien geht. Warum ist das so?

Daniel Risch: Liechtenstein ist ein starker und innovativer Wirtschaftsstandort. Daher sollte es nicht verwundern, dass wir gerade auch die Themen Digitalisierung und neue Technologien auf allen Ebenen sehr ernst nehmen. Der Vorteil der kurzen Wege kommt uns dabei natürlich zugute. Politik, Wirtschaft und Wissenschaft arbeiten in engem Austausch daran, dass wir unsere Position auch in einem sich stark ändernden Umfeld behalten oder ausbauen können.

 

Was erhofft sich das Fürstentum von der Digitalisierung?

Die Digitalisierung ist ja nicht etwas, bei dem man mitmacht oder nicht. Vor allem aber ist sie nicht erst seit gestern da und geht morgen wieder weg. Für uns ist die Digitalisierung ein Innovationstreiber, der für unsere Wirtschaft, die Bildung und den Staat zentral ist, und es werden entsprechende Anstrengungen unternommen, um an der Spitze mit dabei zu sein.

 

Welche Themen sind in diesem Zusammenhang relevant für Sie?

Die Digitalisierung hat viele verschiedene Ausprägungen. In der Infrastruktur geht es beispielsweise um den raschen Glasfaserausbau, bei dem wir in diesem Jahr die 50-Prozent-Marke aller Haushalte knacken. Bei den rechtlichen Rahmenbedingungen kann das neue Blockchain-Gesetz angeführt werden und bei der Vernetzung von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik ist die Schwester-Initiative von Digitalswitzerland – nämlich Digitalliechtenstein – sehr rasch und erfolgreich gestartet und ist heute kaum mehr wegzudenken.

 

Sie geben Gas mit digitalen Initiativen. Wie gehen Sie mit den ­Risiken der Digitalisierung um?

Auch hier gibt es verschiedene Risiken und demnach auch verschiedene Ansätze. Ein oft genanntes Risiko ist, dass der Mensch beziehungsweise die Bürger auf der Strecke bleiben könnten. Ich bin der Überzeugung, dass die Digitalisierung immer mit klarem und erkennbarem Nutzen für die Bevölkerung beziehungsweise die Kunden eingesetzt werden muss und so die Akzeptanz auch hergestellt werden kann. Nichtsdestotrotz ist der persönliche Kontakt zwischen Behörden und Bürgern sowie Unternehmen und auch zwischen Unternehmen und Kunden auch in Zukunft wichtig. Einen anderen Bereich stellen die unter dem Begriff Cyberrisiken zusammengefassten Themen dar. Hier werden ebenfalls umfassende Anstrengungen unternommen, auch grenzüberschreitend.

 

Wie fit ist die Liechtensteiner Verwaltung beim E-Gov?

Es dürfte immer ein bisschen mehr sein. Denn wenn die Industrie 4.0 auf die Verwaltung 1.0 trifft, haben wir ein Problem. Und wenn Sie mich fragen, wie fit wir heute in der Verwaltung bezüglich der Digitalisierung sind, würde ich sagen, bei Verwaltung 2.0. Jedoch haben wir den starken Drang, dies zu verbessern.

 

Wo haben Sie noch Nachholbedarf?

In Liechtenstein wurden relativ früh Anstrengungen im Bereich E-Government unternommen, die dann aber etwas ins Stocken geraten sind. Im Moment liegt der Fokus auf einer neuen Authentifizierungslösung und durchgängigen Prozessen für Bürger und die Wirtschaft.

 

Liechtenstein ist in der Krypto-Community als Standort beliebt. Warum wollen Sie ausgerechnet Blockchain-Firmen anziehen?

Liechtenstein ist ein Land von Unternehmern. Auf acht Einwohner kommt ein aktives Unternehmen. Im Vergleich dazu liegt die Quote in der Schweiz bei etwa 13 zu 1. Wir ziehen also ganz grundsätzlich gerne innovative Unternehmen an und bieten gute Rahmenbedingungen für das Unternehmertum. Die Blockchain-Technologie – und damit meine ich nicht im Besonderen die Krypto-Currencies – bietet für Fintechs aber auch für andere Wirtschaftsbereiche, wie beispielsweise die Logistik, sehr interessante Ansätze, die für Liechtenstein relevant sein werden.

 

Was verändert sich, jetzt wo das Blockchain-Gesetz steht?

Das Gesetz wird voraussichtlich am 1. Januar 2020 in Kraft treten und wir erhoffen uns, dass die Vorteile eines rechtlichen Rahmens erkannt und genutzt werden.

 

Was sagen Sie denen, die die Blockchain für einen Hype halten?

Ich habe selbst ja einen Hintergrund in der Wirtschafts­informatik. Und der technologische Ansatz der Blockchain ist für mich ähnlich bahnbrechend wie damals die Idee des Internets. Ich bin also überzeugt, dass wir in Zukunft blockchain-basierte Lösungen sehen werden, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können.

 

Wie möchten Sie andere IT-Firmen nach Liechtenstein locken?

Die Rahmenbedingungen für Unternehmer sind – wie bereits ausgeführt – sehr gut. Bei uns sind daher nicht nur Fintechs sehr willkommen.

 

Spielt die Mitgliedschaft im europäischen Wirtschaftsraum dabei eine Rolle?

Die Mitgliedschaft im EWR auf der einen und die Zoll- und Währungsunion mit der Schweiz auf der anderen Seite sind ein grosser Standortvorteil und für Liechtenstein ein eigentlicher Glücksfall.

 

Worauf freuen Sie sich besonders am Digital Economy Award?

Ich habe vor meiner Rückkehr nach Liechtenstein viele Jahre in der Schweizer Digitalszene gearbeitet und freue mich ausser auf den offiziellen Teil und der Auszeichnung der Preisträger natürlich auch auf das Wiedersehen mit alten Bekannten – jetzt natürlich in einer anderen Funktion.

 

Sie waren selbst lange in der IT beschäftigt. Was zog Sie in die Politik?

Als wir früher E-Business-Lösungen für die SBB, Mammut oder Manor entwickelt haben, lag der Fokus immer darauf, es für den Kunden so einfach wie möglich und das Unternehmen so erfolgreich wie möglich zu machen. In der Politik ist das ganz ähnlich: Man hat das Privileg, sich tagtäglich dafür einsetzen zu können, dass es den Bürgern und dem eigenen Land so gut wie möglich geht. Sie sehen also, es gibt da eine ganz zentrale Parallele.

 

Was unterscheidet Liechtenstein und die Schweiz in puncto Digitalisierung?

Die Schweiz und Liechtenstein beziehungsweise die Schweizer und die Liechtensteiner sind sich in vielen Punkten sehr ähnlich und eng verbunden. So funktioniert auch der Austausch im Bereich der Digitalisierung grenzüberschreitend sehr gut. Was uns natürlich unterscheidet, ist die Grösse. Und aufgrund einer etwas einfacheren Struktur und den ganz kurzen Wegen ist Liechtenstein vielleicht am einen oder anderen Ort ein kleines Bisschen agiler.

Webcode
DPF8_158971