Update: Parlament verlangt Gesetz für Corona-App
Die Nutzung einer Contact-Tracing-App muss freiwillig sein und auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen – das hat das Parlament beschlossen. Die Konsequenz: Der Start der Corona-App verzögert sich bis Sommer.
Update vom 6. Mai 2020: Das Parlament will, dass die Nutzung einer Corona-Tracing-App auf einer gesetzlichen Grundlage beruht und freiwillig sein muss. Es dürften keine Dienstleistungen an die App geknüpft werden. Es soll beispielsweise nicht möglich sein, dass ein Restaurant die Gäste nur dann bewirtet, wenn diese eine solche App nutzen würden. Grünen-Fraktionschef Balthasar Glättli hat eine entsprechende Motion im Namen der Staatspolitischen Kommission eingereicht. Der Nationalrat stimmte dieser Motion in einer ausserordentlichen Session zu – mit 127 zu 55 Stimmen bei 11 Enthaltungen, wie aus einer Mitteilung des Parlaments hervorgeht.
Der Ständerat hatte tags zuvor einen gleich lautenden Vorstoss angenommen. Die Motionen fordern auch, dass nur technische Lösungen zugelassen werden, die keine personenbezogenen Daten zentral speichern. Eine solche Schweizer Lösung – die App DP-3T, mitentwickelt von den beiden ETHs – soll am 11. Mai fertig sein.
App kommt frühestens im Juli
Mit der breiten Lancierung der App sei allerdings frühestens im Juli zu rechnen, berichtet „SRF“. Denn der Bundesrat muss nun ein dringliches Bundesgesetz ausarbeiten, um die App in der Schweiz einführen zu können. In der Sommersession im Juni sollen es die beiden Räte verabschieden.
Trotzdem solle die App aber schon vorher zum Einsatz kommen – allerdings erst testweise. "Es wird sicher keine riesengrosse Testphase sein", sagte Gesundheitsminister Alain Berset vor dem Nationalrat. Die Testphase erlaube es der Community, die sich gut mit dem Thema auskenne, die Solidität der App zu testen. Die Testphase werde demnächst starten und "einige Wochen" dauern.
Möglicher Eingriff ins Grundrecht auf Datenschutz
Die Entwicklung der App sei bereits sehr weit fortgeschritten, sagte Berset laut der Mitteilung des Parlaments. Dabei werde ein hoher Schutz der Daten, die Dezentralität und die Freiwilligkeit berücksichtigt. Insofern bestünden gemäss Epidemiengesetz die gesetzlichen Grundlagen bereits. Die Motion sei also unnötig.
Dem widerspricht FDP-Nationalrat und Sprecher der staatspolitischen Kommission Damien Cottier: Es gehe nicht darum, den Bundesrat bei der Einführung der App auszubremsen. In einer ersten Phase könne die App ohne spezifische gesetzliche Grundlage getestet werden – dies sei im Datenschutzgesetz so geregelt. Nach der Testphase brauche es aber die gesetzliche Grundlage. Diese sei nötig, gehe es doch bei der App – obschon sie freiwillig sein soll – um einen potenziellen Eingriff in die Grundrechte, lässt sich Cottier von "SRF" zitieren.
Originalmeldung vom 5. Mai 2020: Der Bundesrat hält ein neues Gesetz für die am 11. Mai startende Contact-Tracing-App nicht für nötig. Das Epidemiengesetz reiche als gesetzliche Grundlage, schreibt er in der Antwort auf eine Motion der Staatspolitischen Kommissionen des National- und Ständerats.
Die Parlamentarier beider Ausschüsse sind zwar nicht gegen die Einführung einer App zum sogenannten Proximity Tracing. Aufgrund der möglichen schweren Grundrechtseingriffe sei aber dem Parlament "Antrag zu stellen auf eine parlamentarisch abgestützte gesetzliche Grundlage", unterstreichen sie. Zudem fordern sie, nur technische Lösungen zu verwenden, bei denen personenbezogene Daten nicht zentral gespeichert werden, und dass die Nutzung der Anwendung freiwillig sein soll.
Bundesrat: "Alles schon gemacht"
Nach Ansicht des Bundesrates sind alle in der Motion gestellten Forderungen erfüllt. "Die von der Motion geforderten Anforderungen an die 'Dezentralität' und 'Anonymität' sind systeminhärent in der Architektur der Schweizer PT-App verankert, die im Internet frei ersichtlich ist (open source)", schreibt die Regierung. Sie weist zudem darauf hin, dass "die Freiwilligkeit auf allen Ebenen auch zentrale Vorgabe aller bisher erarbeiteten Rechtsgrundlagen" war.
Weitere Details zur App, zu den für den Betrieb notwendigen rechtlichen Anpassungen und zu möglichen Begleitmassnahmen sollen am 8. Mai bekannt gegeben werden. Lesen Sie hier, welche Rolle die ETHs Lausanne und Zürich bei der Schweizer Contact-Tracing-App spielen.