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Bald wieder in Form?

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Die Anstrengungen sind enorm, um den grossen technologischen Vorsprung von Tesla einzuholen. Dabei greifen die traditionellen Automobilhersteller auf ein bewährtes Konzept zurück: die Modularität. Ein Konzept, dessen Vorteile und Grenzen wir in der IT bestens kennen.

Der VW ID.3. (Source: volkswagen.ch)
Der VW ID.3. (Source: volkswagen.ch)

330'000 E-Autos pro Jahr will VW im Fahrzeugwerk Zwickau von 8000 Mitarbeitenden bauen lassen. 33 verschiedene Modelle sollen es sein, den Anfang macht der ID.3. Zur Eröffnung der neuen Produktionsanlagen im November 2019 sagte der Vorstand E-Mobilität Thomas Ulbrich: "Der ID.3 ist ein Hightech-Auto aus einer Hightech-Fabrik." Und Konzernvorstand Herbert Diess kündigt an: "Wir stehen vor einem Systemwechsel zur Elektromobilität." Möglich wird diese Modellvielfalt dank des Modularen Elektrobaukastens (MEB) oder auch modularer E-Antriebs-Baukasten, wie ihn VW nennt. Er wird seit 2015 entwickelt und soll die Basis für die Herstellung von Elektrofahrzeugen im Volumensegment darstellen. Das Prinzip ist einfach: Wiederverwendung möglichst vieler verschiedener Komponenten wie der Batterie, des Antriebs oder der Leistungselektronik, die über standardisierte Schnittstellen zu verschiedensten Fahrzeugen kombiniert werden können.

70 verschiedene Modelle sollen es bis 2028 gemäss Konzernwebsite werden. Das Prinzip selbst ist im Fahrzeugbau nicht neu. Bereits vor 20 Jahren hat VW-Konzernchef Ferdinand Piech den Vorgänger des MEB den MQB (Modularer Querbaukasten) als modulares, flexibles Fertigungssystem angekündigt. Ziel war bereits damals, eine möglichst grosse Zahl gleicher Teile für verschiedene Modelle und Marken zu fertigen. Bei durchschnittlich 10 000 bis 25 000 Teilen pro Fahrzeug eine kluge Strategie. Zumal die Industrie geprägt ist durch umfangreiche Lieferketten mit sehr vielen spezialisierten Zulieferern.

Was für den Massenmarkt gut ist, soll auch im Premiumsegment Wirkung zeigen. Bereits vor zwei Jahren haben Audi und Porsche die "Premium Platform Electric" (PPE) angekündigt, über die der heute gefallene ehemalige Audi-Chef Rupert Stadler sagte: "Wirtschaftlich wie technisch sind wir damit ganz vorn im Wettbewerb." Bereits im nächsten Jahr soll die Produktion von E-Autos auf dieser Basis erfolgen. Andere Hersteller wie Mercedes (EVA) oder Toyota (e-TNGA) verfolgen mit entsprechenden Modulsystemen dieselbe Strategie.

Die Problematik

Die Modularität als Prinzip wird damit in der Automobilindustrie zentral und könnte für diese Branche so wichtig werden, wie sie es bereits für die Informatik ist. Wir verstehen unter Modularität, dass Komponenten eines Designs aus leicht austauschbaren, verständlichen und in sich geschlossenen Teilen bestehen sollten. Die Schwierigkeit dabei ist, das richtige Mass zwischen dem Informationsaustausch zwischen Modulen und den Wechselbeziehungen innerhalb eines Moduls zu finden. Beim Bau eines Systems sind wir darin ziemlich erfolgreich. Wenn es jedoch darum geht, eine Vielzahl verschiedener Systeme aus wiederverwendbaren Modulen zusammenzustellen, dann wird es sehr viel schwieriger.

Der Grad der Konfektionierung, also der Aufwands für den Zusammenbau und die Konfiguration der Module, ist nach wie vor sehr hoch. Die Wiederverwendbarkeit einzelner Module ist gegenüber unseren Erwartungen in den meisten Fällen erschreckend tief. In vielen Fällen lohnt es sich, ein innovatives System auf der grünen Wiese als Ganzes neu und aus einem Guss zu entwickeln. Eine Tatsache, die der traditionellen Automobilindustrie zu denken geben dürfte.

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