Schweizer Digitalbranche: Digital Commerce gesellt sich zu den Top-Trends
Alljährlich befragen Netzmedien und Best of Swiss Web die Schweizer Web- und Digitaldienstleister nach Umsatz, Positionierung und Top-Themen. Das Thema digitale Transformation hat seinen Spitzenplatz 2021 verteidigt, doch Digital Commerce ist auf der Überholspur.
Die digitale Transformation, die Suche nach IT-Fachkräften, Digital Commerce und die Auftragslage beschäftigen die Schweizer Digitalbranche 2021 am meisten. Das geht aus einer Umfrage der Netzmedien hervor, die seit 2013 jährlich in der Schweizer Web- und Digitalbranche durchgeführt wird. Dieses Jahr nahmen insgesamt 127 Unternehmen daran teil.
Umsatz und Anzahl Mitarbeitende im Digitalbereich stabil
Die Coronakrise zeigte ihren Einfluss unterschiedlich stark. Gemäss der Umfrage sind ihre negativen Auswirkungen bei der Anzahl Vollzeitstellen und beim Gesamtumsatz 2020 zwar spürbar, aber nicht im Digitalbereich selbst. So machten die letztjährig befragten Unternehmen im Jahr 2019 einen durchschnittlichen Gesamtumsatz von rund 13,56 Millionen Franken in der Schweiz, davon 10,83 Millionen Franken im Digitalbereich. Im Jahr 2020 sank der durchschnittliche Gesamtumsatz pro Unternehmen auf rund 13,44 Millionen Franken, während der Umsatz im Digitalbereich hingegen wuchs – auf 11,10 Millionen Franken.
Auf die Schweizer Vollzeitstellen im Digitalbereich gerechnet, betrug der durchschnittliche Umsatz im Jahr 2019 218'768 Franken. Im Corona-Jahr 2020 stieg der durchschnittliche Umsatz pro Vollzeitstelle sogar auf 220'425 Franken.
Das gesamte Digitalranking 2021 können Sie hier einsehen.
Corona steigert das Interesse an Digital Commerce
Die Pandemie hat auch die Themen und Trends beeinflusst, welche die 127 befragten Unternehmen 2021 beschäftigen. Die Auswirkungen auf das Geschäftsmodell und die interne Organisation scheinen überschaubar zu sein. So setzt sich wegen der Coronakrise nur jede siebte Firma mit tiefgreifenden Veränderungen in ihrer internen Organisation auseinander – trotz vermehrtem Homeoffice. Ausserdem ist eine beträchtliche oder existenzielle Veränderung des Geschäftsmodells im Jahr 2021 nur für jedes zehnte Unternehmen ein Thema.
Dafür gehen 61 Prozent der befragten Unternehmen mit ihren Kunden die digitale Transformation an – das Top-Thema 2021. Das deckt sich auch mit den Ergebnissen einer PwC-Studie, nach der die meisten Schweizer CEOs mehr in die Transformation investieren möchten. Inwiefern dieser Umstand der Krise geschuldet ist, ist schwierig zu beurteilen. Die digitale Transformation war gemäss der Netzmedien-Umfrage bereits im Jahr 2020 der wichtigste Trend unter den befragten Unternehmen, wenn auch "nur" mit 54 Prozent der Nennungen.
Ausserdem will sich 2021 mit über 46 Prozent knapp die Hälfte der Unternehmen mit Digital Commerce auseinandersetzen. Das ist kaum verwunderlich, erlebte doch das Onlineshopping 2020 aufgrund der Coronakrise einen regelrechten Boom. Doch dieser hat auch die Schwachstellen der aktuellen Shops und Lösungen aufgezeigt. So ist es wenig überraschend, dass bei den Kunden nun Neuinvestitionen anstehen. Mit einem Wachstum von 12 Prozentpunkten ist Digital Commerce denn auch der Trend, der im Vergleich zum Vorjahr am meisten zulegte. 2020 wollte sich nur etwa mehr als ein Drittel der Firmen damit beschäftigen.
Mehr digitale Technologien brauchen mehr Fachkräfte
Nach Digital Commerce ist das Interesse an Social Media am meisten gewachsen – mit nahezu 10 Prozentpunkten mehr Nennungen als im Vorjahr. Damit geht gemäss Umfrage fast jedes dritte Unternehmen im Jahr 2021 mit seinen Kunden das Thema Social Media an. Wie sehr die Gründe dafür in der Pandemie liegen, bleibt unklar. Gemäss einer Studie von Bernet Relations und der ZHAW nimmt Social Media generell einen immer stärkeren Platz in der Unternehmenskommunikation ein.
Was mit einer höheren Wahrscheinlichkeit der Coronakrise zuzuschreiben ist, ist die Zunahme der Nennungen beim Thema "Verspätete oder aufgeschobene Projekte". Waren 2020 noch ungefähr 20 Prozent der befragten Unternehmen damit konfrontiert, sind es nun knapp 30 Prozent. Damit weist dieses Thema die drittgrösste Zunahme bei den Nennungen auf. Dass es die Themen Cybersicherheit und Datenschutz in die Top 10 der wichtigsten Trends geschafft haben, ist angesichts der verbreiteten Angriffe auf Unternehmensnetzwerke und -infrastrukturen nicht weiter erstaunlich. Doch ist der Anstieg der Nennungen um 5 Prozentpunkte vergleichsweise bescheiden.
Mit den zunehmenden Digitalisierungsplänen wächst auch der Bedarf an Fachkräften: Knapp über die Hälfte der Unternehmen beschäftigt sich 2021 mit dem Recruiting und Fachkräftemangel. Zum Vergleich: 2020 waren es noch rund 44 Prozent. Auch das grössere Interesse an Near- und Offshoring könnte darauf zurückzuführen sein. Das Thema Near-/Offshoring gewann gegenüber dem Vorjahr rund 9 Prozentpunkte und zeigt damit die viertgrösste Zunahme an Nennungen.
KI, Datenanalyse und Mobile bleiben interessant
Die Umfrage zeigt auch, dass einige Trends ihren festen Platz auf der Agenda behalten. So will sich auch dieses Jahr etwa jede dritte befragte Firma mit künstlicher Intelligenz sowie Big Data und Datenanalyse auseinandersetzen. Mit rund 40 Prozent der Nennungen bleibt auch Mobile ein starker Trend unter den befragten Unternehmen, ist jedoch innerhalb der Top 10 von Platz fünf auf Platz sechs abgerutscht.
Obwohl noch in den Top 10 der wichtigsten Themen vertreten, hat das Thema "Progressive Web-Apps" deutlich an Bedeutung verloren. Besetzte es vergangenes Jahr noch den zweiten Platz, findet es sich nun mit 4 Prozentpunkten weniger Nennungen auf dem fünften Platz. Das Interesse hat nicht stark nachgelassen, vielmehr sind andere Themen verhältnismässig wichtiger geworden.
Keine Krise und neue Trends
Insgesamt lässt sich aus den Antworten der befragten Unternehmen ein erfreuliches Bild der Schweizer Digitalbranche ableiten: Die bisherigen Trendthemen der Digitalisierung haben sich verstärkt, neue Trends haben sich positiv entwickelt. Was bereits von härteren Wirtschaftsindikatoren belegt wurde, spiegelt sich auch in dieser Befragung wider: Einzelne Unternehmen mögen im Jahr 2020 von Umsatzeinbussen getroffen worden sein, doch im Grossen und Ganzen muss sich die Branche keine Sorgen um die Auftragslage und die Unternehmensmarge machen.
Wie jedes Jahr ergänzten die Netzmedien ihre Umfrage mit einigen neuen Technologietrends. Das Thema "Virtuelle Events und virtuelle Showrooms" zum Beispiel hat heute schon jede sechste der befragten Firmen auf dem Tisch. Bei jeder siebten ist es das Thema Chatbots, bei jeder achten Voice Search und bei jedem neunten digitale Ethik. Die Befragung im Februar/März 2022 wird zeigen, wie sich diese Trends im Laufe von 2021 entwickeln werden.
Wer übrigens im Februar/März 2022 an der Befragung 2022 teilnehmen will, schickt eine E-Mail mit dem Betreff "Digitalranking 2022" an digitalranking@netzmedien.ch.
Welche Ergebnisse die letztjährige Umfrage hervorgebracht hat, erfahren Sie hier.