Schweizerische Bankiervereinigung und Accenture

Das sind die künftigen Wertschöpfungsmodelle Schweizer Banken

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von Kevin Fischer und msc

Die Bruttogewinne der Schweizer Banken sind seit 2005 um 34 Prozent gefallen. Neue Wertschöpfungsmodelle mit einem Fokus auf Digitalisierung und Externalisierung sollen das ändern. Wie, erklären die Schweizerische Bankiervereinigung und Accenture in einer Studie.

(Source: Pictures_of_Money / flickr.com)
(Source: Pictures_of_Money / flickr.com)

Digital, modular, offen und agil: So sehen die künftigen Wertschöpfungsmodelle Schweizer Banken aus. Die aktuellen Modelle sind zwar robust, doch sind die Bruttogewinne von 2005 bis 2019 um 34 Prozent gefallen. Wie sich das ändern könnte, versuchen die Schweizerische Bankiervereinigung und Accenture Schweiz in der gemeinsamen Studie "Perspektiven zur Zukunft des Schweizer Banking: Stossrichtungen und Voraussetzungen für die Evolution der Wertschöpfungsmodelle Schweizer Banken" zu beantworten.

Trends werden zu Standards, Technologien zu Enablern

Gemäss Studienautoren können heutige Wertschöpfungsmodelle (WSM) Schweizer Banken folgendermassen charakterisiert werden: Stark integriert, gepaart mit geringer Produkt- respektive Dienstleistungsdifferenzierung, hoher personeller Ressourcenintensität, nur bedingter Anwendung von Technologien respektive geringer technologischer Agilität und nach wie vor starren Organisationsstrukturen.

Veränderungspotenziale von aussen wie neue Technologien oder Partnerschaftsformen haben sich nur begrenzt innerhalb der WSM Schweizer Banken entfalten können. Doch wirkt der Druck von aussen gemäss Studie in den nächsten Jahren beschleunigend auf die "Evolution der Wertschöpfungsmodelle". Die Wettbewerbsintensität werde zunehmen und heutige Trends im Kundenverhalten würden zu neuen Standards. Diese erfordern laut Autoren entsprechende End-to-End-Anpassungen der bestehenden WSM. Dabei könne helfen, dass der Faktor Technologie zunehmend weniger als Hemmnis, sondern als "Enabler" erlebt werde.

Neun neue Stossrichtungen für das WSM

60 Prozent der Banken planen gemäss Studienautoren, ihre WSM entlang von neuen Stossrichtungen aktiv weiterzuentwickeln. Dabei wollen sie insbesondere die Kostenstrukturen transformieren. Bei den Stossrichtungen handelt es sich um:

  1. Optimierung Vertriebsbankenmodell in Kombination mit ausgewählten Ökosystemen

  2. Ausbau Partnering mittels Open-Banking- / API-Integration

  3. Steigerung der Produktivität von Mitarbeitenden

  4. Optimierung der Kundeninteraktionspunkte

  5. Ausbau digitales Produkt- und Serviceangebot

  6. Optimierung und Weiterentwicklung "Data Analytics"

  7. Ausbau und Optimierung von Cloud Computing

  8. Aufbau von agilen organisatorischen Fähigkeiten

  9. Akzeleration von Digital als Enabler

Die Ziele dieser Stossrichtungen sind gemäss Bericht:

  • Konsequent digitalisierter Vertrieb anhand hybrider Beratungs- und Betreuungsmodelle (Stossrichtungen 1, 4, 5, 6)

  • Wettbewerbsfähige Konstenstrukturen mithilfe von Partnerschaften innerhalb des Ökosystem sowie der Produktivitätsoptimierung durch gezielte Ressourcensteuerung (Stossrichtungen 2, 3, 7)

  • Agile Organisationsstrukturen ausgerichtet nach kundenzentrierten Geschäftstreibern und Wertströmen (Stossrichtung 8, 9)

Die Stossrichtungen zeigen "eine klare Verschiebung der heute weitestgehend intern beziehungsweise physisch vorherrschenden Ressourcen und Fähigkeiten hin zu stärkerer Digitalisierung und Externalisierung". Damit wollen die Banken die Wettbewerbsfähigkeit und die Profitabilität halten oder erhöhen.

Konkret würden WSM Schweizer Banken auf einem Fundament von offen Infrastrukturen mit durchgehend integrierten Daten und Systemen basieren, wie es weiter heisst. Das Fundament differenziere sich über digitale Fähigkeiten und technische und organisatorische Agilität. Gleichzeitig beziehe es nicht-differenzierende Ressourcen und Fähigkeiten über Partner und Ökosysteme. "Die Kundenschnittstelle bleibt dabei der zentrale Dreh- und Angelpunkt bei der genauen Ausgestaltung der Wertschöpfunsmodelle", schreiben die Autoren.

Cloud, KI und Data Analytics als Technologie-Enabler

Transformationsvorhaben entlang der Stossrichtungen respektive ihrer Ziele unterliegen implizit einem "immensen Erfolgsdruck", wie es im Bericht weiter heisst. In diesem Kontext gelte es, folgende Erfolgsfaktoren als Leitlinien in den Fokus zu stellen:

  • Unternehmensweite Akzeptanz, dass stetige Veränderung ein Eckpfeiler der neuen Realität darstellt und somit in der Unternehmenskultur verankert sein muss

  • Die Finanzierung der Stossrichtungen muss teilweise aus der Optimierung der heutigen Wertschöpfungserbringung erfolgen ("Self-Financing")

  • Alignierung von Geschäfts- und Technologievision sowie Orchestrierung der Transformation entlang der gesamten Wertschöpfungskette

  • Rigoroses "Controlling" der Werterbringung der einzelnen Stossrichtungen sowie der Mut, notwendige Kurskorrekturen vorzunehmen, falls gewisse Stossrichtungen nicht die gewünschten Ergebnisse erzielen

Wichtige Technologie-Enabler sähen die Banken übrigens insbesondere in Cloud-Anwendungen, dem Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) und Data Analytics sowie standardisierten Schnittstellen respektive Open Finance.

Unlängst fanden auch die Finnova Sessions statt, um den Stand der Schweizer Banken zu thematisieren. Wieso das heutige Businessmodell der Banken sein Ablaufdatum gar überschritten habe und wie heute noch Innovation betrieben werden kann, erfahren Sie im Eventbericht zur ersten Session.

Über die Studie

Die Studie basiert gemäss Autoren auf Interviews mit 23 Executives Schweizer Banken, umfangreichen Auswertungen von Drittquellen und Accenture’s Beratungserfahrung in dem Bereich. Die gesamte Studie kann hier angesehen werden (PDF).

Webcode
DPF8_221509