Von Desinformation der Jungen und der Gefährdung der Demokratie
Falschmeldungen unterwandern unseren Nachrichtenalltag. Besonders junge Menschen fallen Desinformation und Fake News zum Opfer. Das wirkt sich nicht nur auf die Generation Z aus, sondern bringt auch Folgen für die Demokratie mit sich.
Das Internet und die sozialen Medien sind Kampfzonen zwischen Fakten und Fakes. Die Art und Weise des Nachrichtenkonsums verändert sich fundamental. Was früher noch Zeitung am Morgen und Tagesschau am Abend war, entwickelte sich zu einer unüberschaubaren Flut an Onlineinformationen diverser Absender – zumeist unbekannter Natur. Wie Jennifer Neda John, Forschungsassistentin am Stanford Internet Observatory für Online-Falschinformationen und Fake News, auf "Heise" berichtet, wirken sich die Folgen der Desinformationen ebenso auf die Demokratie aus.
Ein Fallbeispiel von "Heise" zeigt folgendes Szenario: "Eine Teenagerin richtet ihr Handy auf ihr Gesicht und blickt ernst in die Kamera. Eine Schrift blendet sich auf ihrem Kapuzenpulli ein mit einer bedrohlichen Warnung: Wenn Joe Biden zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wird, werden fanatische Trump-Anhänger ('Trumpies') Massenmorde an LGBT-Personen und an Farbigen begehen." Am 2. November 2020 habe die Teenagerin dieses Video auf Tiktok gepostet und dafür über 20'000 Likes erhalten. Viele ihrer Follower folgten dem Beispiel und hätten ähnliche Beträge geteilt, mit Erfolg. Obwohl die Information klar als spekulativ und falsch einzuordnen sei, seien viele der Generation Z auf die Fehlinformation hereingefallen.
Fehlinformationen – weshalb sie sich im Netz verbreiten
Wie das Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung (IKMZ) berichtet, existierten Fake News schon immer. Bereits vor der Omnipräsenz des Internets verbreiteten Meinungsführer "Lügen" um Menschen zu beeinflussen und politische Ziele zu erreichen. Der entscheidende Punkt von heute liege "in der technologischen Entwicklung und der zunehmender gesellschaftlichen Polarisierung", erklärt Dr. Edda Humprecht, Oberassistentin am IKMZ.
Soziale Medien begünstigten den Kult von einzelnen Persönlichkeiten im Netz, den sogenannten Influencern. Laut "Heise" baut das Vertrauen der Followern alleine auf die vermeintliche Nähe zu den Influencern. Eben auch bei Themen, für welche sie keine Expertise hätten. Gemäss einer Umfrage von Common Sense Media bevorzugen 60 Prozent der Teenager eher Youtube als Nachrichtenorganisationen, um sich über Geschehnisse zu informieren. Deshalb würden vermeintliche Fehlinformationen von Meinungsmachern oft als Fakten anerkannt, während Experten um das Gut der Aufmerksamkeit kämpfen müssten.
Informationsflut und Confirmation Bias
Die Informationsflut im Online-Bereich erschwere die Unterscheidung zwischen Real und Fake. Gemäss "Heise" sollen immer mehr junge Menschen am politischen Diskurs teilnehmen. Es sei also davon auszugehen, dass diejenigen, die ihre Glaubwürdigkeit auf diese Weise kultiviert haben, de facto zu Anführerinnenn und Anführern ihres sozialen Umfelds würden. Sie zögen Gleichgesinnte an und lenkten die Ideen.
Das IKMZ bekräftigt diese Aussage: Die Polarisierung in der Gesellschaft treibe den Prozess voran. "Wo sich zwei Lager unversöhnlich gegenüberstehen und kein echter Austausch von Ansichten und Ideen mehr möglich ist, steigt die Wahrscheinlichkeit, nur noch das zu hören, was der eigenen Sichtweise entspricht" sagt Dr. Humprecht.
In der Psychologie wird dies auch als Confirmation Bias abgehandelt: Menschen glauben nur noch dem, was ihren eigenen Ansichten bestätigt. Laut IKMZ spiele es irgendwann keine Rolle mehr, was der Wahrheit entspricht, viel wichtiger ist der Aspekt der eigenen Werte.
Nachrichten kritisch hinterfragen
Laut "Heise" und dem IKMZ existieren diverse Ansätze, wie die Desinformation zu reduzieren sei.
Algorithmen auf Social-Media-Plattformen könnten den Usern breitere Meinungsvielfalt empfehlen. Dabei müssten Journalisten akzeptieren, dass ihre Leserschaft ebenfalls Beiträge aus den sozialen Medien bezieht und sich dabei mit dem Überbringer identifiziert. Neue Gesetze und Regulationen können dazu führen, die Flut an Fake News zu reduzieren.
Wichtig sei gemäss "Heise" auch die Ausbildung an Schulen. Lehrpersonen könnten Schülerinnen und Schülern beibringen, die Glaubwürdigkeit von Quellen und deren Aussagen zu hinterfragen.
Entscheidend bleibt laut dem IKMZ jedoch die Qualität öffentlicher Medien. Wo sie hoch ist, wüssten Menschen mehr über aktuelle Debatten und gingen zweifelhafte Behauptungen kritischer an. "Zudem funktionieren gute staatliche Medien als Benchmark für die privaten Nachrichtenorganisationen", ergänzt Dr. Humprecht, "Damit steigt die Qualität der Medien in einem Land insgesamt."
Übrigens: Hinter Fehlinformationen und Fake News könnne sich auch Gefahren für Ihre IT verstecken. So etwa auch die Fake-SMS von Betrügern. Lesen Sie hier mehr dazu.