So will der Bund die E-ID neu aufgleisen
Die Schweiz nimmt einen neuen Anlauf zur Einführung einer E-ID. An einem Treffen der Gruppe Parldigi erklärten Vertreter des Bundes die möglichen Konzepte. Die eingeschlagene Stossrichtung kommt an, auch bei ehemaligen Kritikern.
Diesmal soll es klappen, nein es muss klappen. Nach dem wuchtigen Nein zum Gesetz für eine elektronische Identität (E-ID) im vergangenen März, plant der Bund den nächsten Anlauf und hat im September eine öffentliche Konsultation gestartet.
An einem sogeannten Open Hearing befasste sich auch Parldigi, die parlamentarische Gruppe für digitale Nachhaltigkeit, mit den Plänen für die neue E-ID. Für die Gruppe "war klar, dass wir uns hier auch einbringen wollen und auch müssen", sagte Nationalrätin Edith Graf-Litscher, Co-Präsidentin von Parldigi, zu Beginn des virtuellen Events. Sie verwies auf sechs gleichlautende parlamentarische Vorstösse diverser Parteien, die den Bundesrat zum Handeln aufrufen, und die vom Nationalrat bereits abgesegnet wurden.
Volk will E-ID
Auch das Stimmvolk wolle eine E-ID, zeigte sich Michael Schöll, Direktor des Bundesamtes für Justiz (BJ) überzeugt. Die letzte Vorlage sei einerseits wegen Datenschutzbedenken gescheitert, andererseits darum, weil der Staat lediglich eine Kontrollfunktion eingenommen hätte, erklärte er unter Berufung auf eine VOX-Analyse. Ziel sei darum die Schaffung einer "vertrauenswürdigen, staatlichen E-ID". Bis Ende 2021 soll ein Grobkonzept dafür vorliegen, sodass die Vernehmlassung im Sommer 2022 eröffnet werden könnte.
Technische Voraussetzungen
Daniel Markwalder, Delegierter des Bundesrates für digitale Transformation und IKT-Lenkung (DTI), erläuterte die Herausforderungen der technischen Umsetzung. Von den drei vom Bund vorgeschlagenen Lösungsansätzen, beurteilte er die Variante mittels Self-Sovereign Identity (SSI) am besten. Hierbei würden ein oder mehrere Identitäten bei einer Person in einem virtuellen Wallet abgespeichert. Laut Markwalder ist es die Lösung mit dem besten Datenschutz. Die Anbindung mit Drittsystemen erfolge direkt, und auch die EU, verfolgt diesen Ansatz, wie Sie hier nachlesen können.
Allerdings sei die Technologie noch verhältnismässig jung und entsprechend risikobehaftet. Aber: "Wir erhoffen uns viel von SSI", räumte er im Fazit ein.
Einfachheit, Sicherheit und Usability
Auch Urs Fischer von Health Info Net (HIN) sprach sich für den SSI-Ansatz aus. Dessen Prinzipien deckten die Bedürfnisse der Marktteilnehmer – Einfachheit, Sicherheit und Usability – am besten. "Wir würden es begrüssen, dass der Bund sich in einer ersten Phase auf die Herausgabe von Identitätsnachweisen konzentriert, und einen entsprechenden Rechtsrahmen dazu schafft", fasste er seine Anliegen zusammen. Wert legte er zudem darauf, dass die Lösung auf internationalen Standards basieren sollte. "Auf jeden Fall sollte von einem Swiss Finish abgesehen werden."
Christoph Graf, der mit Switch-Edu-ID den Bildungssektor vertrat, teilt Fischers Ansicht. Er wünschte sich vom Bund maximale Offenheit, damit möglichst viele Dienste die E-ID nutzen können. "Die Infrastruktur kann viel Leben entwickeln, wenn sie gut designt wird."
Richtige Richtung
Doch was sagen Kritiker der gescheiterten E-ID zu den neuen Vorschlägen des Bundes? Das neue Zielbild "ist die Richtung, die wir uns vorstellen", würdigte Nationalrat Gerhard Andrey das Grundlagenpapier des Bundes. Er erwähnte eine Stellungnahme, die er mit er den Organisationen Digitale Gesellschaft und CH++ verfasst hatte, und auch von diesen habe er sehr gutes Feedback erhalten.
Offen liessen die Diskussionsteilnehmenden die Frage nach den Kosten der neuen E-ID. "Kosten für die Menschen sollten so wenig wie möglich anfallen", sagte Andrey. Wie viel der Bund konkret zahlen müsse, hänge von der schlussendlich gewählten Umsetzungsvariante ab, sagte Michael Schöll. Einen "Free Lunch" werde es nicht geben. Im Bereich der Sicherheit, der Datenschutzarchitektur und der hochverfügbaren Infrastruktur "muss man die nötigen Mittel in die Hände nehmen, damit das zu einem Erfolg werden kann".