Mobilfunkstrahlung in der Schweiz: abnehmend trotz rasantem Datenwachstum
Rund um die Einführung des neuen Mobilfunkstandards 5G werden von mobilfunkkritischen Personen oft die Immissionen als Argument gegen den 5G-Ausbau genannt. Sie alle sollten 5G jedoch vielmehr begrüssen. Der neue Mobilfunkstandard übermittelt die gleiche Datenmenge viel effizienter und verringert die Immissionen im Vergleich zu seinen Vorgängergenerationen.
Der jüngst veröffentlichte Bericht zur Mobilfunkstrahlung des Bundesamts für Umwelt BAFU bestätigt eindrücklich: Die Mobilfunkstrahlung in der Schweiz liegt nicht nur massiv unter den sehr streng definierten Vorsorgegrenzwerten, sie ist sogar seit 2014 trotz massivem Datenwachstum gesunken.
Seit fast 30 Jahren gibt es Mobilfunk in der Schweiz und das mobile Internet ist aus Privatleben und Berufsalltag nicht mehr wegzudenken. So werden heute im Vergleich zu 2011 über 200 Mal mehr Daten über die Mobilfunknetze vermittelt. Der aktuelle Mobilfunkstandard 5G ist daher dringend nötig. Er erweitert die Kapazität der Mobilfunknetze, damit es zu keinem Datenstau kommt. Und er bietet höhere Übertragungsgeschwindigkeiten und raschere Reaktionszeiten. Beides ist für neue Anwendungen beispielsweise in der Industrie oder im Gesundheitswesen notwendig.
Es überrascht daher nicht, dass die Schweizer Bevölkerung die neue Technologie rege nutzt. Anfang des Jahres waren in der Schweiz bereits rund 3,1 Millionen 5G-Geräte aktiv und über 7,8 Millionen SIM-Karten waren schon 5G-fähig. Trotzdem begegnet ein Teil der Bevölkerung der neuen Technologie mit Sorge und befürchtet mehr Mobilfunkstrahlung oder Auswirkungen auf die Gesundheit.
Seit Jahrzehnten jedoch untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, ob die nichtionisierende Strahlung, die im Mobilfunk, beim WLAN und bei anderen Funktechnologien als Trägermedium dient, Auswirkungen auf Menschen, Tiere oder die Natur hat. Auf dieser umfassenden Forschung basiert die Definition der geltenden Schutzwerte der ICNIRP, der Internationalen Kommission zum Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung. Aufgrund der Forschungsresultate aus tausenden Studien kommt die ICNIRP zum Schluss, dass ausschliesslich die Energiemenge der Strahlung einen nachweisbaren und kausalen Effekt auf die Gesundheit haben kann.
Um auf Nummer sicher zu gehen – beispielsweise um besonders empfindliche Menschen zu schützen oder um mögliche heute noch nicht bekannte Effekte von nichtionisierender Strahlung zu berücksichtigen – berechnet die ICNIRP zusätzliche Schutzmargen in ihre Empfehlung mit ein. Mit einem typischen Grenzwert von rund 50 V/m liegt dieser deutlich unter dem Wert der möglicherweise gefährlichen Strahlung mit einer Feldstärke von zirka 400 V/m. Auf der Basis dieser ICNIRP-Empfehlung legen dann einzelne Länder die national geltenden Grenzwert fest.
Auch in der Schweiz gilt die ICNIRP-Empfehlung in Form der Immissionsgrenzwerte und bereits diese schützen Mensch und Tier vor gesundheitlichen Auswirkungen von Mobilfunk. Zusätzlich – und das gilt auch in anderen Umweltbereichen wie Luft oder Lärm – gilt in der Schweiz seit 1983 das Vorsorgeprinzip im Umweltschutz. Neben den Immissionsgrenzwerten muss jede Funkanlage zusätzlich die vorsorglichen Anlagegrenzwerte einhalten. Zusammen mit weiteren Vorgaben gelten in der Schweiz damit die weltweit strengsten Umweltauflagen für Mobilfunk.
Schweizer Sicherheit im internationalen Vergleich
Zusätzlich zu den Sicherheitsmargen der ICNIRP baut die Schweiz weitere Sicherheitsmargen ein und liegt mit ihrem Anlagegrenzwert von rund 5 V/m – für Orte mit dauerndem Aufenthalt – 10-mal unter der Empfehlung der ICNIRP. Das bedeutet eine Verminderung der Leistung der Antenne um Faktor 10 im Quadrat – also Faktor 100. Damit kann eine Mobilfunkantenne in der Schweiz deutlich weniger Daten übertragen oder Kundinnen und Kunden verbinden als beispielsweise in Deutschland oder in Frankreich.
Im internationalen Vergleich legt die Schweiz den Anlagegrenzwert damit 16-mal strenger als unser nördlicher Freund, die Niederlande, 12-mal strenger als die USA, 11-mal strenger als Australien und ganze 10-mal strenger als unsere Nachbarländer Deutschland, Frankreich und Österreich fest. Auch wichtig zu wissen: Mobilfunk ist angewandte Physik. Je restriktiver die Vorsorgewerte ausfallen, desto mehr Antennen werden für die gleiche Abdeckung beziehungsweise Kapazität notwendig.
Tatsächliche Belastung weit unter den Grenzwerten: Tendenz weiter sinkend
So weit die Theorie. Aber wie viel Mobilfunkstrahlung entsteht in der Schweiz tatsächlich? Das Bundesamt für Umwelt hat unter Mitwirkung des Schweizerischen Tropen- und Public Health Instituts im Juni dieses Jahres den ersten Monitoring-Bericht zur Mobilfunkstrahlung publiziert. Gemessen wurde in Wohnungen, auf öffentlichen Plätzen, in öffentlichen Verkehrsmitteln und an vielen weiteren Orten. Eines der Hauptresultate war, dass die typische Belastung durch Mobilfunkstrahlung in der Schweiz rund 10-mal kleiner ist als der in der Schweiz geltende Vorsorgegrenzwert für Mobilfunkstrahlung. Und obwohl die Mobilfunknutzung in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat und viel mehr Daten übermittelt werden, hat die Mobilfunkstrahlung im Vergleich zu 2014 sogar abgenommen.
Neue Technologien – neue Errungenschaften mit 5G
Wie kann das sein? Mehr Mobilfunk und weniger Strahlung? Die Ursache liegt in der Modernisierung der Mobilfunktechnologie. 2014 waren 2G- und 3G-Handys noch sehr verbreitet und diese wurden in den letzten Jahren weitgehend durch 4G abgelöst. Je moderner die Funktechnologie, desto weniger Strahlung ist für die Verbindung und die Datenübertragung notwendig.
Und dieser Trend wird sich mit 5G und insbesondere mit adaptiven Antennen weiter fortsetzen. Bisherige Antennen, ausgestattet mit 4G und älteren Technologiestandards, strahlten ihre elektromagnetischen Felder in alle Richtungen ab. 5G nutzt vorwiegend adaptive Antennen. Diese sind dynamisch und senden die Signale genau dorthin, wo sie benötigt werden. Zudem reduzieren 5G-Mobilfunkantennen ihre Sendeleistung deutlich, wenn es keinen Daten- und Gesprächsverkehr gibt.
Wer also aufgrund der Strahlenbelastung gegenüber dem Mobilfunk kritisch ist, sollte die Einführung von 5G begrüssen.