Kabelüberwachung

Schweizer Nachrichtendienst überwacht auch inländischen Datenverkehr

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von Yannick Züllig und tme

Mit dem Inkrafttreten des neuen Nachrichtendienstgesetzes 2017 erhielt der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) neue Überwachungskapazitäten. Entgegen Versprechungen aus dem Wahlkampf werden diese auch für die Überwachung des Datenverkehrs in der Schweiz eingesetzt.

(Source: Thomas Jensen /Unsplash.com)
(Source: Thomas Jensen /Unsplash.com)

Die Kabelüberwachung des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) kommt weitflächiger und ungenauer zum Einsatz als dereinst versprochen. Das zeigen Recherchen des Magazins "Republik". 

Im Abstimmungskampf 2016 und im Rahmen eines Rechtsstreites mit der Digitalen Gesellschaft Schweiz wurde von Seiten des Bundes mehrfach betont, die im neuen Gesetz beinhaltete Kabelüberwachung werde nur zur Überwachung von Datenverkehr ins Ausland eingesetzt und führe nicht zu einer Massenüberwachung.

Doch die Dokumente der "Republik" zeigen: Es wird inländischer Datenverkehr abgegriffen und zumindest das Potenzial zur Massenüberwachung ist vorhanden.

Technisches Unverständnis

Für die Kabelüberwachung zapft der NDB nach eigenen Angaben direkt die Leitungen von Schweizer Internetprovidern – grosse wie auch kleine – an. Diese Datenflüsse werden anschliessend vom Zentrum für elektronische Operationen (ZEO) überprüft. Das ZEO filtert ungewünschte Daten und Dateiformate heraus und verarbeitet anschliessend Daten, die Suchbegriffe eines richterlich oder bundesrätlich bewilligten Kabelaufklärungsauftrags enthalten. Diese Daten werden von ZEO-Analysten aufbereitet und dem NDB weitergeleitet.

Laut NDB werden dabei nur jene Fasern eines Kabels angezapft, welche die Kommunikation in spezifische Regionen (wie z.B. nach Syrien oder in den Irak) enthalten. Aus technischer Perspektive ist das allerdings nicht möglich, da der internationale Datenverkehr hochdynamisch geroutet wird und nicht über einzelne statische Kabelfasern läuft.

Der NDB könne, entgegen zuvor gemachten Versprechungen, auch nicht ausschliessen, dass die Kommunikation zwischen einem Sender und einer Empfängerin in der Schweiz, die über das Ausland läuft, bei der Kabel­aufklärung erfasst werde. Erst bei der Sichtung der Daten durch das ZEO lasse sich feststellen, dass eine sogenannte "Schweiz-via-Ausland-Schweiz"-Kommunikation abgefangen wurde.

Eine Implikation hiervon sei auch, dass Journalisten den Schutz ihrer Quellen genauso wenig sicherstellen könnten wie Anwälte das Wahren ihres Berufsgeheimnisses, berichtet die "Republik" weiter. Dies liege daran, dass weder das ZEO noch der NDB explizit den Schutz dieser Berufsgruppen gewährleisten würden, was dazu führen könne, dass deren Kommunikation unter bestimmten Bedingungen an den NDB weitergeleitet werde.

Neue Gesetzesrevision geplant

Dieses Jahr wird hierzulande die Frage geklärt, ob die staatliche Überwachung verstärkt oder eingeschränkt wird. Das VBS plant eine erneute Revision des Nachrichten­dienst­gesetzes. Der genaue Inhalt der neuen Vorlage ist noch nicht bekannt. Es sei davon auszugehen, dass die geplante Erweiterung der Kabelaufklärung auf weitere Personen im neuen Entwurf beibehalten wird. Dadurch würde nachträglich legalisiert, was laut "Republik" bereits in der Praxis geschieht.

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