Wie wichtig ist kulturelle Kompatibilität?
Wer in IT-Outsourcing ein Mittel sieht, um Kosten zu senken, Ressourcen zu optimieren und Zugang zu innovativen Lösungen zu erhalten, liegt richtig, sollte sich aber ein paar grundlegende Gedanken über die Ausgangssituation machen. Sonst kann einiges schiefgehen. Ein Erfahrungsbericht.
IT-Outsourcing ist weder ein Allheilmittel, um rasch Kosten zu senken, noch um über Jahre angehäufte technische Schulden zu begleichen. Zudem spielt neben den technischen und finanziellen Aspekten auch die kulturelle Kompatibilität zwischen dem Auftraggeber und dem Dienstleister eine wichtige Rolle für den Erfolg eines Outsourcing-Projekts. Kulturelle Kompatibilität meint hier die Übereinstimmung von Werten, Normen, Kommunikationsstilen und Arbeitsweisen zwischen den beteiligten Parteien.
Die Ausgangslage
Eine Faustregel lautet: «Gib nichts in fremde Hände, das du nicht verstehst und beherrschst.» Der Grund dafür ist einfach: Die etablierten Anbieter arbeiten mit hoch standardisierten Prozessen und Leistungsangeboten – das Stichwort lautet hier «Skalierung». Denn nur über Skalierung, also ein Angebotsportfolio, das sich auf viele Kunden anwenden lässt, verdient der Outsourcer letztlich Geld. In so einem Set-up hat Massgeschneidertes wenig Platz – oder kostet dann mehr als die interne Leistungserbringung.
Nun sind wir wieder beim Verstehen und Beherrschen: wenn sich ein Unternehmen modernisieren und transformieren möchte, kann dies mit dem potenziellen Partner durchaus geplant werden. Entsprechend sollten sich die Parteien Zeit dafür nehmen. Als Beispiel: Applikationen, die heute im eigenen Rechenzentrum Probleme bereiten, laufen morgen beim Provider nicht besser.
Kulturelle Kompatibilität: ein Erfolgsfaktor beim IT-Outsourcing
Es ist ein Unterschied, ob man von einem Unternehmen mit 2000 oder einem mit 20 000 Mitarbeitenden spricht. Das Grössenverhältnis und damit einhergehend auch die Kulturen der Unternehmen sollten kompatibel sein.
Dazu eine kleine Anekdote: An einer Konferenz zum Thema Outsourcing kam ich in der Kaffeepause mit dem Vertreter eines grossen globalen Outsourcing-Unternehmens ins Gespräch. Dabei erwähnte dieser, dass sie jetzt auch in der Schweiz kleinere und mittlere Unternehmen als Kunden gewinnen möchten. Auf meine Frage, was er denn als «klein bis mittel» ansehe, sagte er: «Unternehmen mit Umsätzen zwischen drei und vier Milliarden Franken.»
Mit einem solchen Partner wird ein Unternehmen mit einer Milliarde Umsatz oder darunter nicht glücklich. Ein jährlicher Umsatz mit dem Provider in dieser Grösse von einem mittleren einstelligen Millionenbetrag reicht nicht aus, um beim Outsourcer die nötige Relevanz zu bekommen, denn idealerweise kann man zusammenwachsen und hat ein beidseitiges Interesse an der Partnerschaft. Man sollte sich einen Partner suchen, der Interesse an einem als Premiumkunde hat und bereit ist, einige Extrameilen zu gehen.
Kulturelle Kompatibilität ist auch wichtig, weil man nicht alles vertraglich regeln kann. Man muss früh im Auswahlprozess die gegenseitigen Erwartungen und Ziele klären. Man muss sich überlegen, wie man beim Auftreten von Problemen vorgeht. Auch sollten die Einstellung zu Terminen und Pünktlichkeit, die Präferenz für formelle oder informelle Kommunikation und ganz wichtig, die Erwartung an Feedback, Kritik und Anerkennung passen.