Klare Mehrheit gegen vollständige Privatisierung der Swisscom
Ein Verkauf des Bundesanteils an der Swisscom fände an der Urne derzeit keine Mehrheit. Zwei Drittel der Stimmberechtigten würden derzeit gegen eine vollständige Privatisierung stimmen. So lautet das Fazit einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Gewerkschaft Syndicom.
67 Prozent der Befragten sagten in der Erhebung des Forschungsinstituts GFS Bern, sie seien bestimmt oder eher gegen eine Privatisierung der Swisscom. 26 Prozent waren bestimmt oder eher für einen Verkauf des Bundesanteils. 9 Prozent waren unentschieden oder gaben keine Antwort. Syndicom stellte die Resultate der Befragung am Donnerstag an einer Medienkonferenz in Bern vor.
Ablehnung in allen Lagern
Die Umfrage zeigt Nein-Mehrheiten bei den Anhängerschaften aller Parteien und in allen Sprachregionen.Am deutlichsten ist die Ablehnung bei der Basis von Grünen und SP mit Nein-Mehrheiten von 88 beziehungsweise 69 Prozent. Am wenigsten skeptisch sind die Anhängerinnen und Anhänger der GLP: Bei ihnen beträgt der Nein-Anteil 57 Prozent.
Hintergrund sind die Diskussionen um die Finanzlage des Bundes. In diesem Zusammenhang hatte sich FDP-Präsident Thierry Burkart im Mai in einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung positiv zu einer Privatisierung geäussert.
"Wir sollten das auf jeden Fall prüfen. Der Service public der Swisscom macht nur einen kleinen Teil aus, den man mit Leistungsvereinbarungen aufrechterhalten könnte", sagte der Aargauer Ständerat.
"Verkauf des Tafelsilbers"
Auch der Bundesrat prüft derzeit, wie es mit der Swisscom weitergehen soll. Heute hält der Bund 51 Prozent der Aktien von Swisscom.
Syndicom nutzte die Medienkonferenz, um den Argumenten der Privatisierungsbefürworter entgegenzutreten. Man werde nötigenfalls das Referendum ergreifen, erklärte die Gewerkschaft.
Eine Swisscom-Privatisierung wäre ein Verkauf des Tafelsilbers ohne Not, schrieb Syndicom in einer Mitteilung. Ein Verkauf wäre auch finanzpolitisch nicht sinnvoll, denn Swisscom zahle jährlich eine Dividende von gut einer halben Milliarde Franken an den Bund, die bei einer Privatisierung entfiele.
"Überflüssige Debatte"
Der Luzerner SP-Nationalrat David Roth warf den Bürgerlichen ideologische Verbohrtheit vor: "Wenn sie die Schweiz mit dieser überflüssigen Debatte beschäftigen wollen, bedauern wir dies."
Daniel Hügli, Mitglied der Geschäftsleitung von Syndicom, hob die Bedeutung der Swisscom für die Grundversorgung auch in Randregionen hervor. Der Bund garantiere der Swisscom als Mehrheitseigentümer die nötige Stabilität für Investitionen beispielsweise in den Ausbau der Glasfaser-Netze.
Ein Blick ins Ausland zeige, dass private, renditeorientierte Unternehmen nicht dasselbe leisteten, sagte Hügli: "Anders als in Deutschland und Österreich geht der Glasfaserausbau in der Schweiz zügig voran."
GFS Bern befragte für die Studie vom 3. April bis zum 4. Mai 1007 Personen telefonisch. Die Daten wurden danach so gewichtet, dass die für die gesamte Stimmbevölkerung repräsentativ sind. Der Stichprobenfehler liegt gemäss den Studienautoren bei +/-3,1 Prozent.