VR im Business

Virtual Reality fürs Business – eine Spielerei wird erwachsen

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von Nicola Schlup, Managing Director bei Nexum Schweiz

Die Virtual Reality nur zu beschreiben wird ihr nicht gerecht. Wer sie einmal selbst erlebt hat, spürt sofort, dass dank ihr Grosses entstehen wird. Doch was denn nun genau? Denn sobald es um konkrete Anwendungsfälle abseits von reinen Spielereien geht, fehlt es vielen Unternehmen an Fantasie.

Ähnliche Entwicklungen waren beim Aufkommen von Mobile-Apps zu beobachten. Alles, was in eine App gepackt werden konnte, wurde reingesteckt. Sinnvoller Technologieeinsatz geht anders. Die Gefahr besteht, dass Virtual Reality und Augmented Reality dasselbe Schicksal ereilt. Doch wie bei Mobile-Apps wird es auch hier ernsthafte und sinnvolle Anwendungen geben, die diese spielerische Anfangsphase überleben. Und die gehen weit über die heute üblichen 360-Grad-Videos hinaus, die den Konsumenten fälschlicherweise als Virtual Reality verkauft werden. In unserer Artikelserie «Virtual und Augmented Reality» beschäftigen wir uns mit kommerziell sinnvollen Anwendungen für Virtual Reality und Augmented Reality und zeigen auf, wo interessante Potenziale für ausgewählte Branchen liegen.

Virtualisierung rund ums Auto

Seien es Verbesserungen in Entwicklung, Produktion und Vertrieb oder neue Impulse für die Kundenerlebniskette – Virtual Reality findet gerade in der Automobilindustrie zahlreiche und vor allem sinnvolle Einsatzmöglichkeiten.

Rapid Prototyping in der Autoindustrie

Wie keine andere Branche hat es die Autoindustrie verstanden, dass komplett computergenerierte 3-D-Modelle nicht ausreichend sind. Hier werden computergenerierte Modelle zu aufwendigen, aus lehmartiger Masse handgefertigten Prototypen weiterentwickelt, die in einem ersten Schritt interne Entscheider überzeugen müssen. Soll der Prototyp letztlich die breite Masse überzeugen, werden robuste Einzelstücke gefertigt, die teilweise sogar fahrtüchtig sind. Klingt aufwendig und teuer? Ist es auch.

Audi setzt bereits auf Virtual Reality, um die Montageschritte ihrer neuen Modelle zu prüfen und zu optimieren – und zwar bevor der erste physikalische Prototyp gebaut wird. Doch mittels Virtual Reality lassen sich weitaus mehr Produktionsschritte weiterentwickeln. Handgefertigte Prototypen können durch computergenerierte Modelle in der Virtual Reality ersetzt werden. Mit potenziellen Endkunden können Akzeptanztests und erste Testfahrten durchgeführt werden, noch bevor auch nur eine Schraube verbaut wurde. Und im Stile von Googles Tiltbrush können Rundungen in Echtzeit angepasst und durch den virtuellen Windkanal gejagt werden, um die optimale Aerodynamik zu finden.

Klingt unglaubwürdig? Ist es derzeit wohl auch. Zu schlecht ist die Grafikqualität der VR-Brillen, zu eingeschränkt das Gesamterlebnis ohne Haptik. Doch laufende Forschungsprojekte arbeiten daran, derartige technische Hürden zu überwinden, und wir müssen bereits jetzt vorausdenken, wenn es um kommende Möglichkeiten geht.

Jaguar hat es jüngst gewagt und seinen «I-PACE»-Presse-Launch zum grössten Teil in die virtuelle Realität verlegt. Und mittels Gravity Sketch VR können Designer bereits skizzierte Autos gestalten. Das sind erste wichtige Schritte in eine Zukunft, in der die virtuelle Realität einen stetig wachsenden Stellenwert einnimmt.

Showroom – oder zeig mir, was du auf Lager hast!

Wann haben Sie das letzte Mal einen Neuwagen für über 30 000 Franken online bestellt, ohne ihn jemals live gesehen zu haben? Wahrscheinlich noch nie. Und so sind Autohändler stets bemüht und oftmals vom Hersteller rechtlich verpflichtet, eine möglichst umfangreiche Auswahl an Modellausprägungen im Showroom vorzeigen zu können. Die Folgen sind hohe Mietkosten, suburbane Lokalitäten und trotzdem fehlt meist das gewünschte Fahrzeugmodell in der favorisierten Ausstattung.

Daimler hat mit seiner Marke «smart» und dessen Onlinekonfigurator vor Jahren aufgezeigt, wie individuelle Kundenwünsche in den Vertriebsprozess integrierbar sind. Der Aussen- sowie Innenraum kann bei einzelnen Modellen individuell eingefärbt und bestückt werden, berücksichtigt alle baulichen Abhängigkeiten und das Ergebnis erscheint mittels dynamischer 2-D-Visualisierungs-Engine in Echtzeit.

Stellen Sie sich vor, Sie besuchen Ihren Autohändler und betrachten Ihren individuell zusammengestellten Wagen in der Virtual Reality, noch bevor Sie Ihren Kaufentscheid gefällt haben. Dabei simuliert während der virtuellen Testfahrt ein hydraulischer Autositz, abgestimmt auf Ihr Fahrverhalten, die haptische Welt. Auch hier liegen Vorstellung und Realität nicht so weit voneinander entfernt, wie man vermuten könnte. Der amerikanische Gebrauchtwagen-Retailer Vroom hat letzten Sommer seinen VR-Showroom eingeführt, in dem rund 15 Automodelle virtuell begutachtet und Probe gefahren werden können. Cadillac zieht dieses Jahr mit seinem virtuellen Showroom nach. Und hydraulische Autositze sind aus dem Gaming-Bereich bereits bekannt. Für den Heimgebrauch kann dem Kunden eine abgespeckte Version eines solchen Erlebnisses geboten werden.

Man braucht wenig Fantasie, um sich vorzustellen, welche Hebelwirkungen solche verhältnismässig einfachen Massnahmen auf die Umsatzentwicklung in der Autobranche ausüben können – einen Industriezweig, der ohnehin chronisch schwächelt und gerade im Vertrieb dringend auf innovative Impulse angewiesen ist.

Aller Anfang ist schwer – die Fahrschule

An unsere erste Autofahrt erinnern wir uns alle – in vielen Fällen wohl mit gemischten Gefühlen. Die Kupplung und unsere Beifahrer verfluchten uns lautstark, und die Autofahrer in der näheren Umgebung gingen auf Sicherheitsabstand. Für Neulenker gehören die gleichzeitige Fokussierung auf den Umgebungsverkehr sowie die mechanische Handfertigkeit im Fahrzeuginnern zu den grössten Herausforderungen. Dabei könnten simulierte Autofahrten in der virtuellen Realität helfen, genau dieses Zusammenspiel zu trainieren.

Ausser der erhöhten Sicherheit auf den Strassen wären die wegfallenden Fahrzeugflotten-Investitionen für Fahrschulen eine Folge. Oder aber einmal mehr die Chance für einen Branchen-Outsider, eine veraltete Branche aufzumischen.

Auch die Autotheorieprüfung kann von einer simulierten Realität nur profitieren. Anstelle von zweidimensionalen Fotos von Strassenkreuzungen bieten dreidimensionale und sich bewegende Szenarien den Fahrschülern eine immersive Lernerfahrung, die sich in die Fahrpraxis übertragen lässt. Und die obligaten Wiederholungs- und Sicherheitskurse erhalten dank Virtual Reality gleich einen erhöhten Tiefgang und Mehrwert. Bleibt nur abzuwarten, ob der Gesetzgeber die Chancen der Virtual Reality für dieses Thema erkennt und entsprechende Überlegungen anstellt.

Schneller, als man denkt

Es wird höchste Zeit, das Thema Virtual Reality ernsthafter anzugehen und damit neue Kundenerlebnisse zu ermöglichen, Produktionsschritte zu optimieren oder Geschäftsmodelle zu revolutionieren. Denn der technische Fortschritt kommt mit ungebremster Beschleunigung direkt auf uns zu.

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