Digitale Mühlen, Backen mit Azure und ein Besuch im Schoggilabor
Ist die Welt mit Technologie noch zu retten? Ja, findet der Ostschweizer Maschinenhersteller Bühler und präsentiert seine Lösungen dafür diese Woche am Hauptsitz in Uzwil. Mit neuen Verfahren, Start-ups und einer Menge IT will das Unternehmen mehr produzieren und trotzdem weniger verbrauchen.
Die Menschheit steht vor grossen Herausforderungen. Klimawandel, Ressourcenknappheit und die wachsende Weltbevölkerung - was Medien, Parteien und Ökologie-Bewegungen aktuell umtreibt, darum drehten sich auch die Networking Days 2019, zu denen der Maschinenhersteller Bühler nach Uzwil lud. Mehr als 800 Kunden und Partner aus aller Welt besuchten nach Angaben des Unternehmens die Veranstaltung am Hauptsitz, hörten sich Referate an und schlenderten durch die Hallen des im Mai eröffneten Innovationscampus.
Es gebe viele Gründe, sich um die Zukunft Sorgen zu machen, sagte Stefan Scheiber, CEO der Bühler Group zur Begrüssung. Ebenso bestehe aber auch Anlass zur Zuversicht. Wenn sich die nach Uzwil gereisten Unternehmensvertreter zusammen täten und auf Technologie setzten, dann könnten sie einen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit leisten. Dies gelte für einzelne Player wie Bühler, wie auch für die ganze Branche.
Bühler-CEO Stefan Scheiber: "Die Industrie muss Teil der Lösung sein, nicht Teil des Problems." (Source: Netzmedien)
Schokolade mit Cloud-Anbindung
Laut Schreiber gibt es nur wenige Anlässe, an denen Firmen mit einem so starken Einfluss auf die Welt zusammenkommen, wie die Networking Days in Uzwil, sagte Scheiber. Was auf den ersten Blick wie eine Übertreibung der Marketing-Abteilung klingt, wird durch die Zahlen gestützt, mit denen Bühler hantiert. Mehr als 4 Milliarden Menschen essen jeden Tag Lebensmittel, die mit Bühler-Maschinen bearbeitet wurden, so der CTO des Unternehmens, Ian Roberts. 1 Milliarde nutze ausserdem Transportmittel, die Komponenten der Firma enthielten. Wie Bühler bei der Digitalisierung Vollgas gibt, lesen Sie hier im Interview mit Ian Roberts.
Ein grosser Teil der weltweit konsumierten Lebensmittel stammt aus den Maschinen von Bühler, trotzdem ist die Ostschweizer Firma relativ wenig bekannt. (Source: Bühler Group)
Dazu kommen Marktanteile in einzelnen Branchen, die ihresgleichen suchen. Beim Spritzguss für die Autoindustrie hält Bühler nach eigenen Angaben einen globalen Marktanteil von 25 Prozent. Gar von einer Dominanz muss man bei der Herstellung von Maschinen für die Verarbeitung von Lebensmitteln sprechen. Drei Viertel der weltweit konsumierten Schokolade, stammen aus Bühler-Anlagen. Diese Zahl erfuhren die Besucher der Networking Days auf einem Rundgang durch die sogenannten Application Centers. Hier forscht Bühler an neuen Verfahren, schult Kunden im Umgang mit der Technik und demonstriert sein Angebot an Produktionsmaschinen. Dieses umfasse oftmals den gesamten Herstellungsprozess von der Säuberung und Sortierung bis hin zur Fertigung des Endproduktes.
Bühler zeigt in den Application Centers vernetzte Industriemaschinen mit Verbindung zur Azure-Cloud. (Source: Bühler Group)
In den Application Centers stellt Bühler Maschinen zur Fertigung von Autoteilen, Mehl aus Hülsenfrüchten oder Fleischersatz aus pflanzlichen Proteinen aus. Ausserdem gibt es die digitale Mühle "Mill E3" sowie vernetzte Backöfen zu sehen. Vor allem im "Chocolate and Cocoa Application Center" weicht dabei die Industrie-Atmosphäre schnell einer angenehmen Erfahrung, denn aus den Bottichen der grossen Maschinen strömt der Geruch von geschmolzener Schokolade. Bis zu 20 Tonnen davon könnten die grössten Geräte pro Stunde herstellen, sagte ein Mitarbeiter von Bühler. Ein "Schoggijob" sei die Arbeit hier. Und ein Blick auf die Monitore in den Application Centers zeigt, IT hat hier längst Einzug gehalten.
Mit Vernetzung zu mehr Effizienz
Bühler setzt bei seinen Maschinen auf Automatisierung, Sensoren und die Cloud. 85 Prozent der Geräte seien mittlerweile vernetzt und Teil des Internets der Dinge, sagte CTO Roberts. Zentral hierbei: Eine Kooperation mit Microsoft. Auf der Azure-Cloud des US-Unternehmens basiert die Plattform "Bühler Insights", die industrielle Prozesse überwacht. Daneben investiere Bühler in IT-Trends, etwa Blockchain-Lösungen und künstliche Intelligenz. Im "Cubic", dem Innovationscampus auf dem Firmengelände, sind zudem mehrere Start-ups untergebracht. Sie arbeiten an eigenen Geschäftsmodellen - von künstlich gefertigten Lebensmitteln bis zur Überwachung der Lieferkette.
Seine Geschäftsstrategie ruhe auf drei Pfeilern, sagte CEO Stefan Scheiber. Kollaboration in der Branche und darüber hinaus, die Förderung von jungen Talenten und die Digitalisierung sollen mithelfen, ökologisch aber auch ökonomisch nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Konkret wolle Bühler in den Wertschöpfungsketten der Kunden den Energiebedarf, den Wasserverbrauch und den Abfall um 50 Prozent verringern. Das sei notwendig, denn ein "weiter so wie bis anhin" sei nicht mehr denkbar. Auf der anderen Seite dürfe es aber auch nicht sein, dass die Industrie pauschal als Gegner einer nachhaltigen Entwicklung wahrgenommen werde. "Die Industrie muss Teil der Lösung sein, nicht des Problems", sagte Scheiber.
Im "Cubic" präsentieren sich Start-ups. (Source: Netzmedien)
Ob es denn schwierig sei, langjährige Kunden von digitalen Lösungen zu überzeugen, wollten die Journalisten in einer Pressekonferenz am Rande der Networking Days wissen. Das sei tatsächlich nicht immer einfach, räumte Schreiber ein. Umso wichtiger sei es deshalb, die Technologie selbst zu verstehen, richtig zu implementieren und dann Kunden den Nutzen aufzuzeigen.