Entwickler-Studie

Entwickler programmieren nur einen Drittel ihrer Zeit

Uhr | Aktualisiert
von Rodolphe Koller

Ähnlich wie andere Berufsgruppen widmen auch Entwickler nur einen Teil ihrer Zeit ihrer Hauptaufgabe, dem Schreiben von Code. Ihre Produktivität leidet besonders unter ständigen Unterbrechungen.

Entwickler verbringen nur einen Teil ihrer Arbeitszeit mit Programmieren. (Quelle: Developer Productivity Report 2012, Zeroturnaround)
Entwickler verbringen nur einen Teil ihrer Arbeitszeit mit Programmieren. (Quelle: Developer Productivity Report 2012, Zeroturnaround)

Das Bild des abgeschotteten Entwicklers, der am Computer sitzt und Code schreibt, hat nicht viel mit der Realität zu tun. Tatsache ist, dass die Arbeitstage von Entwicklern stark jenen anderer Büroangestellter ähneln. Sie verbringen einen Grossteil ihrer Zeit mit nebensächlichen Dingen wie dem Lösen von Problemen oder administrativen Aufgaben.

Dies geht aus dem "Developer Productivity Report 2012" hervor. Zeroturnaround, Hersteller des Java-Tools JRebel, hat dafür 1800 Entwickler befragt. Das Ergebnis: Sie verbringen im Schnitt nur 15 Stunden pro Woche mit dem Schreiben von Code. Diese Zahl mag zwar überraschen, dennoch bleibt die Entwicklung von Code immerhin ihre Hauptaufgabe.

Ständige Unterbrechungen

Gemäss der Studie verbringen Programmierer viel Zeit mit Tätigkeiten, die zwar mit dem Entwickeln zu tun haben, bei denen sie aber strenggenommen keinen Code produzieren. Operative Aufgaben, wie zum Beispiel Builds, Deployments, Hardware und Programme beschäftigen sie rund vier Stunden wöchentlich. Das Gleiche gilt für strategische Fragen (Architektur, Reflexion, Refactoring).

Durchschnittlich zwei Stunden pro Woche widmen sie der Qualitätskontrolle (Reviews, Tests) und etwa fünf Stunden dem Lösen von Problemen, sei es jetzt das Beheben von Programmfehlern oder die Verbesserung der Softwareleistung. All diese Nebenaufgaben lenken ab, unterbrechen die Entwickler bei ihrer Arbeit und wirken sich so doppelt negativ aus. "Unterbrechungen sind der Hauptgrund für Produktivitätsverluste […] Es braucht teilweise bis zu 25 Minuten, bis man sich wieder auf seine eigentliche Aufgabe konzentrieren kann", erklärt Lincoln Baxter, Senior-Entwickler bei Red Hat.

Wie in anderen Berufen verbringen auch Entwickler einen Grossteil ihrer Zeit mit organisatorischen Aufgaben und Reporting. Für jede Stunde Codeschreiben gehen 30 Minuten für Meetings, dem Schreiben von Berichten und E-Mails sowie dem Erfassen der Arbeitszeit verloren.

Das Lösen von Problemen raubt zu viel Zeit

Noch beunruhigender im Hinblick auf die Produktivität ist, dass Entwickler mehr Zeit mit "Feuerwehrübungen" als mit dem Erstellen von Lösungen verbringen. Gemäss der Studie nehmen "Notfälle" und das Lösen von Problemen wöchentlich rund sieben Stunden Zeit in Anspruch, während nur sechs Stunden der Entwicklung, Planung und Architekturstrategie sowie Tests und Reviews gewidmet werden.

Für Lincoln Baxter ist Nachlässigkeit der Grund dafür: "Seien wir ehrlich, wir sind alle faul und nicht so intelligent wie wir denken. Die Komplexität der Programme nimmt ständig zu und auch die Schnittstellen und Abhängigkeiten häufen sich. Wir haben nicht die geringste Chance, alle denkbaren Szenarien zu verstehen, denn in unserer Branche besteht ein grosser Mangel an echten Tests."

Ein stressiger Beruf?

Insgesamt glaubt mehr als die Hälfte der von Zeroturnaround befragten Entwickler, dass das Übermass an parallelen Aufgaben sie daran hindert, ihre Arbeit richtig zu machen. Die anderen Gründe für tiefere Produktivität – langweilige Aufgaben, schlechtes Management, Mangel an Motivation – findet man nicht nur bei den Entwicklern. Sie sind eher ein Zeichen für schlechte Organisation.

Abschliessend geht der Bericht auf Stressfaktoren bei Entwicklern ein. Was lässt Entwickler nicht mehr ruhig schlafen? Dazu gehört, Deadlines einzuhalten, Probleme in puncto Softwareleistung lösen zu müssen, sich fragen zu müssen, ob der Code gut genug ist, ob sie richtig entschieden haben und ob sie vielleicht Neues lernen müssen. Eine gute Nachricht gibt es dennoch: Die häufigste Antwort, die Entwickler auf die Frage gaben, was ihnen schlaflose Nächte bereitet, lautete: «Nichts, ich schlafe wie ein Baby!"