Dossier

Netzwoche Nr. 10/2015

Von Christoph Grau

Schulen sind wie KMUs

Gefühlt an jedem zweiten Event, den ich in letzter Zeit besucht habe, und in jeder zweiten Studie, die ich zu lesen das Vergnügen hatte, ging es um die Digitalisierung in Unternehmen und wie das mobile Arbeiten in den Unternehmensalltag integriert werden kann (siehe Seite 9: "Digitalisierung fängt im Kopf an"). Bei der Recherche zum Einsatz von mobilen Technologien an Schweizer Schulen fiel mir auf, dass sich Schulen und Unternehmen auf ihrem Weg in die digitale Zukunft sehr ähnlich sind.

Nicht nur wird bei vielen Schweizer KMUs der mobile und digitale Wandel vor allem von der Nutzerseite vorangetrieben, wie das ­Dossier zum Thema "Work Smart" ab Seite 16 zeigt. Auch für die meisten Schüler und Lehrer sind mobile Technologien aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Doch mit Ausnahme einiger Leuchtturmprojekten ist das mobile Lernen in der Schweiz noch nicht sehr weit fortgeschritten – die gleiche Klage über den zu langsamen digitalen Wandel, die auch gegenüber KMUs in der Schweiz immer wieder vorgebracht wird. Dabei ist die Schuld für das Zögern häufig auf der Führungsebene zu suchen. Denn ein grundlegender Wandel zur Mobilität kann nur von oben vorangetrieben werden. Auch von den Schulen ist zu hören, dass die Schulleitungen das mobile Lernen nicht mit dem nötigen Engagement angehen. Es wird als lästiges Übel angesehen, das gerne auf die lange Bank geschoben oder delegiert wird. Die Mentalität, sich vor Veränderungen wegzuducken, ist also kein Phänomen, das allein KMUs betrifft.

Wenn ein Unternehmen oder auch eine Schule schliesslich doch mobile Lösungen einführt, dann kämpfen sie mit ähnlichen Problemen. Zum einen stellt sich die Frage, wie mit dem BYOD-Trend umgegangen werden soll. Die vielen verschiedenen Geräte mit ihren unterschiedlichen Betriebssystemen stellen dabei nicht nur den IT-Support in Unternehmen vor grosse Herausforderungen. Auch die technischen Kompetenzen vieler Lehrer geraten in diesem babylonischen Gerätegewirr schnell an ihre Grenzen, wenn sie mal schnell einem Schüler unter die Arme greifen wollen.

Mit der blossen Anschaffung und Integration von mobilen Geräten ist es weder bei Unternehmen noch bei Schulen schon getan. Um die Möglichkeiten dieser Geräte ausnutzen zu können, muss ein Kulturwandel stattfinden. Bei Unternehmen müssen die Produktions- und Geschäftsprozesse grundlegend überdacht werden. An den Schulen stehen die bisherigen Lehrmethoden infrage. Doch häufig ist es so, dass die herkömmlichen Prozesse einfach eins zu eins abgebildet und die neuen Möglichkeiten mobiler Geräte nicht ausgenutzt werden. Aber gerade dieser Kulturwandel ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen digitalen Strategie. Dabei ist es ganz egal, ob es sich um ein KMU oder um eine Schule handelt.