Michael Hinderling im Interview

Was ein Erfolg bei Best of Swiss Web bedeutet

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Kaum jemand weiss besser, was einen Erfolg bei Best of Swiss Web ausmacht, als Michael Hinderling. Der Mitgründer und Creative Director der ehemaligen Agentur Hinderling Volkart blickt auf seine persönlichen Highlights zurück und erklärt, wie sich die Webbranche sowie die Ansprüche an ein gutes Design verändert haben.

Michael Hinderling. (Source: zVg)
Michael Hinderling. (Source: zVg)

Sie haben im Rahmen von Best of Swiss Web schon zahlreiche Erfolge gefeiert. Welcher hat Ihnen am meisten bedeutet – und warum?

Michael Hinderling: Jeder Erfolg bei Best of Swiss Web war auf seine Weise besonders. Aber wenn ich einen Moment hervorheben müsste, dann wäre es wohl der Gewinn des Master of Swiss Web für das Projekt "Swiss.com" im Jahr 2015. Mit diesem Projekt konnten wir unter Beweis stellen, dass wir nicht nur "kleine", coole Websites erschaffen, sondern auch grosse, geschäftsrelevante Plattformen mit demselben kreativen, strategischen und vor allem technologischen Anspruch entwickeln können. Es war ein Meilenstein für unsere Agentur und brachte uns das Vertrauen potenzieller neuer, grosser Kunden.

Im Laufe der Jahre haben Sie 22-mal Gold bei Best of Swiss Web ­gewonnen. Haben Sie so etwas wie ein Erfolgsgeheimnis?

Es gibt kein Patentrezept für Erfolg, aber wenn ich eines gelernt habe, dann ist es die Bedeutung von kompromissloser Qualität und konsequentem Hinterfragen des Status quo. Gute digitale Erlebnisse entstehen nicht zufällig – sie sind das Ergebnis von interdisziplinärer Zusammenarbeit, Mut zur Innovation und einem tiefen Verständnis für Nutzerbedürfnisse. Ich glaube, unser Erfolg beruht darauf, dass wir immer versucht haben, Projekte nicht nur gut, sondern aussergewöhnlich zu machen – mit Liebe zum Detail, strategischer Klarheit und einem klaren gestalterischen Anspruch.

Welche Entwicklungen haben die Webbranche in den vergangenen zwei Jahrzehnten am stärksten geprägt?

Die Webbranche hat sich von einer experimentellen, fast anarchischen Spielwiese zu einer hochgradig strategischen und datengetriebenen Disziplin entwickelt. Besonders prägend war für mich die Verschmelzung von Design und Technologie – früher waren das oft getrennte Welten, heute sind sie untrennbar verbunden. Zudem haben Themen wie UX/UI, Barrierefreiheit und Performance massiv an Bedeutung gewonnen. Und natürlich spielen die Automatisierung und KI-gestützte Personalisierung eine immer grössere Rolle. Der Trend geht klar in Richtung holistischer, nahtloser Erlebnisse, die nicht nur schön, sondern vor allem auch effizient und nutzerfreundlich sind.

Haben sich die Anforderungen an ein gutes Design von digitalen Produkten verändert? Und wenn ja, inwiefern?

Definitiv. Früher war gutes Design vor allem eine Frage der Ästhetik. Heute geht es um Funktionalität, Zugänglichkeit und Interaktion. Ein gutes digitales Produkt muss sich nahtlos in den Alltag der User einfügen, es muss verständlich, schnell und intuitiv sein. Der Designansatz ist heute viel systemischer – mit Design Systems, skalierbaren Komponenten und datenbasierten Entscheidungen. Der grosse Unterschied: Früher haben Designer eine Website "fertig" gestaltet, heute entwickeln sie ein flexibles, modulares Ökosystem, das sich ständig weiterentwickelt.

Was bedeutet das Aufkommen von generativer KI Ihrer Ansicht nach für den Designprozess und insbesondere für die handwerklichen Komponenten des kreativen Gestaltens?

Generative KI verändert den Designprozess radikal – sie automatisiert repetitive Aufgaben, generiert Ideen und erlaubt es, schneller zu iterieren. Das ist eine enorme Chance, weil es Designern mehr Freiraum für strategisches Denken und kreative Experimente gibt. Gleichzeitig stellt sich die Frage, was das für das Handwerk bedeutet. Ich glaube, dass die besten Designer nicht diejenigen sein werden, die KI ignorieren, sondern diejenigen, die sie intelligent für sich nutzen. Ich selbst habe mich mit meiner Selbstständigkeit (hinderling.com) konsequent in diese Richtung entwickelt und arbeite heute fast ausschliesslich mit KI-gestützten Prozessen. Besonders im Bereich der Bildkonzeption hat das für mich eine neue Dimension eröffnet: Als Designer, der von Natur aus mehr Interesse und Erfahrung mit Interaktion, Technologie und Typografie hat, kann ich nun visuelle Konzepte mit einer Präzision und Vielfalt entwickeln, die früher kaum denkbar gewesen wären. Dadurch lassen sich holistische Branding-Konzepte erschaffen, die im Kern digital gedacht sind, aber weit über digitale Kanäle hinaus funktionieren. Zudem teste ich täglich neue Tools, die nicht nur mehr Raum für Experimente bieten, sondern insbesondere mein Leistungsspektrum erweitern – vor allem in der technischen Umsetzung. Das gibt mir die Möglichkeit, Projekte nicht nur auf strategischer und kreativer Ebene zu entwickeln, sondern sie auch technisch weiterzutreiben, was den gesamten Prozess effizienter und kohärenter macht.

Als Best of Swiss Web in den Startlöchern stand, waren Sie noch in der Ausbildung, genauer gesagt: an der F+F Schule für Kunst und Design. Was würden Sie dem damaligen Michael Hinderling raten?

Ich würde mir raten, noch mutiger zu sein, noch mehr zu experimentieren und keine Angst vor unkonventionellen Wegen zu haben. Vieles, was damals noch als Spielerei abgetan wurde, ist heute Standard. Ausserdem würde ich mir sagen: "Glaube an deine Intuition – sie ist oft das, was dich von anderen unterscheidet." Und vielleicht noch: "Kauf früh Bitcoin!"

Was bedeutet ein Sieg bei Best of Swiss Web für eine Agentur?

Ein Gewinn bei Best of Swiss Web ist weit mehr als eine Trophäe – er ist ein starkes Signal an den Markt. Er zeigt, dass eine Agentur nicht nur exzellente Arbeit leistet, sondern auch Innovationskraft besitzt. Das hilft sowohl bei der Kundenakquise als auch im Recruiting, weil Talente dort arbeiten wollen, wo aussergewöhnliche Projekte entstehen. Zudem stärkt es das Vertrauen bestehender Kunden – sie wissen, dass sie mit einer Agentur zusammenarbeiten, die in der Branche als führend gilt. In einem so kompetitiven Markt wie der digitalen Kommunikation ist das ein echter Wettbewerbsvorteil.

 

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