Kolumne

E-Voting um jeden Preis?

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Beim E-Voting scheiden sich die Geister. Die einen wollen es jetzt sofort einführen und sehen darin den Heilsbringer schlechthin. Andere sind vorsichtig euphorisch. Klar ist, dass ­heute verfügbare Lösungen noch kaum Vorteile für die Inlandschweizer bringen.

Marcel Dobler, Präsident ICT-Switzerland und Nationalrat (FDP) (Source: zVg)
Marcel Dobler, Präsident ICT-Switzerland und Nationalrat (FDP) (Source: zVg)

E-Voting polarisiert. Mir fällt immer wieder auf, dass die Befürworter E-Voting idealisieren – es sei innovativ und die Zukunft. Gegner werden als Neandertaler oder digitale Analphabeten bezeichnet. Irgendwo dazwischen liegt die Wahrheit.

Für Auslandschweizer und sehbehinderte Menschen bietet E-Voting konkrete Vorteile; für Inlandschweizer steckt E-Voting in einer Übergangsphase ohne effektive Vorteile, in der in puncto Usability und Kosten noch vieles geklärt werden muss. Da frage ich mich: Sollte eine neue Lösung nicht nachvollziehbare Vorteile bringen?

Vision von E-Voting fehlt

Störend beim E-Voting ist, dass bei diesem Projekt die Vision fehlt, wie die Lösung am Ende aussehen soll. Zum Beispiel ist die Frage nach einer Dematerialisierung im Moment nicht beantwortet, sollte aber ein definiertes Ziel sein.

Auch der Zusammenhang mit einer E-ID ist aktuell völlig unklar. Beides sind aber eigentlich zentrale Punkte einer Vision oder Zielsetzung.

Sicherheit leidet zulasten der Usability

Bei der Erstellung von E-Voting stand immer der Sicherheits­aspekt im Vordergrund. Dabei hat die Usability ganz klar gelitten: Ich kann allen einen Selbstversuch auf https://evoting.ch sehr empfehlen. All die dazu nötigen Codes einzugeben dauert gut und gerne dreimal so lange wie die herkömmliche Abstimmungsmethode. Aber genau dank dieser Codes und eines damit verbundenen vierfachen Sicherheitssystems ist die Sicherheit gewährleistet. Hier fehlt vor allem eine umfassende Information von Bund und Kantonen – nicht zuletzt auch, um aufzuzeigen, dass einige Handgriffe mehr sinnvoll sind.

Es würde auch nicht schaden, Meldungen aus dem Ausland über Wahlmanipulationen zu kommentieren. Es werden Äpfel mit Birnen verglichen und die angesprochenen und völlig veralteten Systeme haben nichts mit der Schweizer Lösung zu tun. Ein Aufklärungsfilm und ein Informationskonzept wären sinnvoll.

Dank Dematerialisierung Kosten sparen

E-Voting ist kein Sparprogramm! Im Gegenteil, es ist ein dritter und neu geschaffener Kanal, um an Abstimmungen teilzunehmen. Die Kostensituation ist erst mit der Dematerialisierung zu entschärfen.

Das heutige E-Voting ist sowieso nur eine halbe Sache und inkonsequent, da der Stimmrechtsausweis nach wie vor per Post verschickt wird.

E-ID würde Authentifizierung elegant lösen

Die Authentifizierung ist momentan noch recht mühsam und via 20-stelligen Code vorzunehmen, zudem braucht es den Medien­bruch (Code wird via Post verschickt), um das System sicher zu machen. Hier könnte die E-ID künftig Abhilfe ­schaffen und eine sichere und schnelle Authentifizierung garantieren.

Echte Vorteile für Auslandschweizer und ­seh­behinderte Menschen

E-Voting im heutigen Sinn ist für Auslandschweizer von Vorteil, da die Post etwa von China aus gar nicht innerhalb der Frist wieder zurück in der Schweiz ist und deshalb Auslandschweizer teilweise die Abstimmungen ungewollt verpassen. Gerade die 38 Prozent, die ausserhalb Europas wohnen, sind be­troffen.

Auch für sehbehinderte Menschen bringt E-Voting einen echten Vorteil: Bisher brauchen sie eine CD, auf der die Abstimmungstexte vorgelesen werden, und fremde Hilfe, um den Stimmzettel auszufüllen. Neu könnten sie, entweder via Voice-over-Funktion auf dem Smartphone oder via Screen-Reader-Software auf dem PC, den Inhalt selbst abrufen (transferiert in eine Sprachsynthese oder in Brailleschrift) und die Stimmabgabe selbstständig vornehmen.

Wie weiter mit E-Voting?

Für Auslandschweizer und sehbehinderte Personen ein sofortiges «Go»! Es sollen in allen Kantonen die rechtlichen Grundlagen geschaffen werden, um E-Voting für diese Personen einzuführen. Anhand der Nutzung von E-Voting für Auslandschweizer und sehbehinderte Menschen können Erfahrungen gesammelt und Learnings gemacht werden.

Ich werde weiterhin die offenen Punkte konstruktiv hinterfragen und setze alles daran, das Thema E-Voting politisch voranzutreiben.

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