Auf dass sich die Wände biegen werden!
Die Baubranche und insbesondere die Art und Weise, wie Gebäude in Zukunft gebaut werden, wird sich stark verändern. Dafür ist eine Kombination innovativer IT-Technologien verantwortlich, die schnelleres und flexibleres Bauen mit viel weniger Materialeinsatz erlauben wird.
Auf den ersten Blick ist in der Schweizer Baubranche alles in Ordnung. "Obwohl die Bauwirtschaft nur gut 5 Prozent zur gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung beiträgt, machen die Bauinvestitionen etwa 10 Prozent des Schweizer Bruttoinlandprodukts aus", schreibt beispielsweise die ETH-Konjunkturforschungsstelle (KOF) auf ihrer Website. Der Bauindex für das erste Quartal 2018 sagt, dass "die Auftragsbestände über alle Segmente hinweg hoch bleiben und den Baumeistern auch 2018 ansprechende Umsätze bescheren dürften".
Die Baukonjunktur in der Schweiz kann jedoch über eine Tatsache nicht hinwegtäuschen: Die Branche hat in den letzten 20 Jahren kaum Fortschritte hinsichtlich Innovation und Produktivität gemacht. Und das ist angesichts der Tatsache, dass Gebäude gemäss Peter Richner, stellvertretender Direktor der EMPA, für die Hälfte des Energieverbrauchs und ein Viertel des Wasserverbrauchs verantwortlich sind, erschreckend. Drei Technologien werden dies verändern: BIM, 3-D-Drucker und Roboter.
Die Basis: Building Information Modelling (BIM)
Während die Architektur, Gestaltung und damit auch der Bau von Gebäuden längst mittels CAD-Programmen unterstützt wird, befindet sich die vollständige datentechnische Beschreibung noch in den Anfängen. Sie ist jedoch die Basis für den effizienten Unterhalt und die Pflege eines Gebäudes – dem Facility Management. Building Information Modelling (BIM) nennt sich die digitale Abbildung eines Gebäudes. Diese Abbildung ist durch die ISO normiert und stellt ein detailliertes Objektmodell zur Verfügung, das sowohl bau- als auch betriebsrelevante Informationen enthält. BIM stellt also den "digitalen Zwilling" eines Gebäudes dar. Und schafft damit die Voraussetzung, ein scheinbar passives Gebäude in ein vernetztes, interaktives, selbstheilendes oder sogar intelligentes "Gerät" – im Sinne eines IoT-Geräts – zu verwandeln.
Die Kür: 3-D-Drucker und Konstruktionsroboter
Das Empire State Building gilt als Meilenstein, was die Produktivität im Bau betrifft. 102 Stockwerke in etwas mehr als 13 Monaten zu bauen, ist noch heute bald 90 Jahre nach der Fertigstellung eine reife Leistung. 6 Jahre hat der Bau des Burj Khalifa in Dubai, 3 Jahre der Prime Tower sowie der Roche Tower gedauert. Diese langen Bauzeiten gehören bald der Vergangenheit an. Ein 3-D-Drucker der chinesischen Firma Winsun, der 150 Meter lang und 6 Meter hoch ist, hat bereits vor zwei Jahren in kürzester Zeit eine Villa gebaut oder vielmehr aus Beton gedruckt. Die Liste "The 11 Best 3D Printed House Companies" auf 3Dnatives.com von Anfang Februar 2018 illustriert eindrücklich, wie weit diese Technologie bereits ist.
Auch Experimente wie "Digital Grotesque" eröffnen ganz neue Perspektiven im Bau. Eine weitere interessante Entwicklung ist der Einsatz von Robotern. So ist beispielsweise der Roboter SAM100 der Firma Construction Robotics fähig, eine Backsteinmauer sechsmal schneller als jeder Maurer zu erstellen. Wenn Roboter und 3-D-Drucker kombiniert zum Einsatz kommen, sind sogar ganz neue und äusserst ressourceneffiziente Bauformen möglich. Sie können hier und heute im Mustergebäude der Empa – NEST in Dübendorf besichtigt werden. Die Tage des konventionellen Bauens sind gezählt!