Europäischer Gerichtshof kippt Überwachung
Die Vorratsdatenspeicherung widerspricht dem EU-Recht. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden und damit die EU-Richtlinie zur Sicherung von Telefon- und E-Mail-Informationen gekippt.
Die Speicherung von Kommunikationsdaten ohne Verdacht auf Straftaten ist in der EU in Zukunft nicht mehr erlaubt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat entschieden, dass die EU-Richtlinie "Sicherung von Telefon- und E-Mail-Informationen" verändert werden muss. In Zukunft muss die Vorratsdatenspeicherung in der EU "auf das absolut Notwendige" beschränkt werden.
Die EU-Richter argumentierten bei Ihrer Entscheidung wie folgt: "Die Regelung beinhaltet einen Eingriff von grossem Ausmass und besonderer Schwere in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten." Weiter erklärt das Gericht, dass sich mit den Vorratsdaten "sehr genaue Schlüsse auf das Privatleben" der Bürger ziehen liessen. Dies sei aber nur bei Fällen "schwerer Kriminalität" gerechtfertigt. Behörden sollten ausserdem nur nach richterlichem Beschluss Zugang zu Daten erhalten. Im Moment sei der Schutz vor Missbrauch nicht gewährleistet.
Auswirkungen auf die Schweiz
Auch hierzulande erhitzt die Frage der Vorratsdatenspeicherung im Rahmen der Revision des Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) zurzeit die Gemüter. Der Ständerat hat vor kurzem die Ausdehnung der Überwachung in der Schweiz von 6 auf 12 Monaten sowie die Einführung eines "Staatstrojaners" beschlossen. Nationalrat Balthasar Glättli kündigte daher bereits den Gang vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg an.
Der auf IT-, Immaterialgüter- und Medienrecht spezialisierte Anwalt Martin Steiger bescheinigt dem möglichen Vorgehen von Glättli gute Chancen. Sollte das Schweizer Parlament aufgrund des Entscheids aus Luxemburg nicht umdenken, stünden die Chancen gut, dass letztlich spätestens vor dem EGMR eine Vorratsdatenspeicherung gekippt würde. Ein Schweizer "Sonderzügli" könne längerfristig kaum Erfolg haben.
Die Netzwoche hat sich mit Rechtsanwalt Martin Steiger noch ausführlicher zu diesem Thema unterhalten und wird in Bälde ein Interview mit ihm publizieren.