"Energieeffizienz ist die ultimative Killer-App"
An einem Event von Born Green Technologies haben Referenten über die Stromsparpotenziale im ICT-Umfeld referiert. Viele Unternehmen verschwenden demnach noch Energie. Die Uni St. Gallen zeigte, dass es auch anders gehen kann.
Vergangene Woche hat das Schweizer Start-up Born Green Technologies ins Börsengebäude in Zürich geladen, um über grüne IT zu informieren. Born Green bietet seit fast drei Jahren Lösungen an, um den Energieverbrauch von ICT-Systemen zu verringern.
Der Event hatte den Titel "Effective and Efficient IT". Laut Christen Oesterbye, Mitgründer von Born Green und Managing Director, versteckt sich hinter dem Motto das Ziel: "durch Technologie das beste Resultat mit dem geringsten Ressourcenverbrauch zu erzielen."
Energie-Ressource nicht genutzt
Die Veranstaltung begann mit einem Vortrag von Tom Noonan. Sein erstes erfolgreiches Unternehmen verkaufte er an IBM. Sein nächstes Projekt Joulex, das Lösungen zum Energiemanagement entwickelt, wurde Mitte 2013 von Cisco aufgekauft. Dort ist er nun als General Manager Energywise Solutions tätig.
Er eröffnete seinen Vortrag mit der These, dass das "Energiemanagement die ultimative Killer-App" der Zukunft sein wird. Da immer mehr Geräte im Internet of Things miteinander vernetzt seien und interagierten, gehe viel Energie ungenutzt verloren. Noonen bezifferte die Verluste auf 40 bis 60 Prozent. Auch würden IT-Netzwerke, über welche die Geräte kommunizieren, extrem viel Energie konsumieren. 25 bis 80 Prozent der Kosten zum Unterhalt dieser Infrastruktur entfielen auf die Energie.
Strom sei daher "der grösste ungemanagte Kostenpunkt im Business", sagte Noonan. Diese Aussage nutzte er auch, um für Cisco Energywise Werbung zu machen. Diese Lösungen eigneten sich ideal zum Aufspüren von Energiesparpotenzialen, sagte Noonan. Auch sei es einfach, Policies zu definieren, um beispielsweise die Bildschirme zu einem gewissen Zeitpunkt auszuschalten. Neuerdings bietet Cisco die Lösungen auch aus der Cloud an, was für mehr Flexibilität und Skalierbarkeit sorgen soll.
Die Besonderheit der Cisco-Lösung sei, dass keine Agenten-Software auf die zu steuernden Geräte installiert werden muss, keine Anpassungen an der Hardware und Netzwerkveränderungen nötig seien. Noonan versprach mindestens 30 Prozent Energieersparnis. Innerhalb weniger Monate soll sich die Investition daher amortisiert haben.
Energiesparen an der Uni St. Gallen
Kurt Städler, Leiter der IT-Infrastruktur der Uni St. Gallen, berichtete über die Erfahrungen beim Stromsparen an seiner Hochschule. Die Wirtschaftshochschule ist ein Kunde von Born Green und zusammen haben sie vor mehr als einem Jahr das Energiesparprojekt ausgerollt. Laut Städler hat die Uni St. Gallen bereits 2012 ein Projekt zum Energiesparen implementiert, bei dem neben Heizung und Lüftung auch die ICT-Infrastruktur eine wichtige Rolle spielt.
Dabei wurden laut Städler drei Felder angegangen. Zunächst das Rechenzentrum: Hier sei die Dämmung zwischen den Racks verbessert worden. Dadurch seien bis zu 5 Grad mehr Kühltemperatur erzielt worden. Im Anwenderumfeld setzt die Uni St. Gallen auf mehr Virtualisierung zum Energiesparen. In den nächsten 3 bis 4 Jahren soll der Virtualisierungsgrad von 40 auf 80 Prozent gesteigert werden.
Zuletzt adressierte die Universität den Verbrauch der Endgeräte, wie PCs, Monitore und IP-Telefone. Neben Energiesparlösungen spielte auch die Sensibilisierung der Nutzer eine grosse Rolle, wie Städler hervorhob. In diesem Bereich habe die Hochschule die Cisco-Lösung Energywise installiert.
Bei der Implementierung musste die IT-Abteilung zwischen "unberührbaren" Geräten, wie Servern und anderer wichtiger Infrastruktur, sowie "berührbaren" Geräten, beispielsweise Drucker, bestimmte PCs oder Monitore, unterscheiden. Denn es sollte nicht passieren, dass gerade für die Forschung genutzte PCs über Nacht plötzlich ausgeschaltet würden.
Nach einem Jahr in Betrieb der neuen Lösungen konnte die Uni St. Gallen laut Städler rund 10 Prozent der Energie bei der IT-Infrastruktur einsparen, was Städler als grossen Erfolg wertete. Durch den Austausch von älteren Geräten - wie Druckern, Switchen und Telefonen – hofft Sädtler, künftig noch mehr Strom einsparen zu können.
Energiesparen oft nicht erste Prio
Im anschliessenden Vortrag lobte Niklaus Meyer, Mitglied der Fachgruppe Green IT bei der Schweizer Informatik Gesellschaft (SI), die Anstrengungen der Uni St. Gallen. Meyer definierte Green IT als "das Ausnutzen von ICT-Technologie, um über den ganzen Lebenszyklus eines Produkts Energie zu sparen". Seiner Meinung nach ist das Stromeinsparpotenzial im ICT-Umfeld enorm. Beispielsweise gehe in heutigen Rechenzentren ein Drittel der Energie durch Kühlung und ein weiteres Drittel durch die Aufrechterhaltung des Betriebs verloren. Auf die tatsächliche Rechenarbeit entfalle nur ein sehr kleiner Teil. Dennoch entwickle sich vieles in diesem Feld und er sieht grosse Fortschritte bei der Effizienz.
Weiterhin stellte er fest, dass die Netzwerke die grössten Energieverbraucher sind. So würden viele Geräte im Bereich IoT bis zu 80 Prozent der Energie nur für die Aufrechterhaltung der Netzwerkverbindung im Stand-by-Modus vergeuden.
Laut Meyer macht der Energieverbrauch nur 1 bis 2 Prozent der Gesamtkosten eines Rechenzentrums aus. Damit erklärt er auch, dass diesem Aspekt oft nur wenig Priorität eingeräumt werde. Dennoch sei die ICT global für etwa 8 Prozent des Energieverbrauchs verantwortlich. Im EU-Raum liegt dieser Wert bei 4 Prozent und in der Schweiz bei rund 3 Prozent. Dies sei nicht zu vernachlässigen, betonte Meyer.
Aufforderung zum Handeln
Gegen Ende seines Vortrags forderte Meyer die Schweizer CIOs zu mehr Anstrengungen beim Energiesparen auf. Viele IT-Entscheider würden oft nicht wissen, wie hoch der Energieverbrauch ihrer Geräte sei.
Auf der Webseite der Fachgruppe Green IT gebe es daher einen Fragebogen, mit dem Unternehmen ihren Energieverbrauch einschätzen können. Im Anschluss würden die Antworten anonym ausgewertet und Handlungsanweisungen aufgezeigt. Meyer lud die Anwesenden dazu ein, sich den Bogen anzusehen, oder sich gegebenenfalls auch der Fachgruppe anzuschliessen.