"Die digitalen Invasoren werden Ihr Geschäftsmodell verändern!"
Am Dienstag ist die diesjährige IBM Business Connect in Zürich zu Ende gegangen. Der US-Konzern stimmte seine Schweizer Partner und Kunden auf die Herausforderungen der Zukunft ein. Digitale Invasoren fordern alle Branchen heraus.
Am Dienstag hat IBM zu seiner jährlichen Konferenz "Business Connect" geladen. Zum Event im Stageone in Zürich Oerlikon erschienen rund 500 Gäste, vor allem Businesspartner und Kunden des IT-Unternehmens.
Die Veranstaltung trug den Titel "Seize the Moment – Die Zukunft beginnt mit Ihnen". Auf mehreren Bühnen informierten Businesspartner von IBM über die neuesten Trends und Technologien.
Analytics als Basis für die Entscheidungsfindung
Die Gäste begrüsste IBMs General Manager Schweiz Thomas Landolt. In seiner Rede hob er die zunehmende Beschleunigung des Alltags hervor. Seiner Ansicht nach befinden wir uns im "Jahrzehnt der Momentarisierung". Diese führe dazu, dass der Geduldsfaden auch bei den Kunden immer schneller reisse.
Wer die Gunst des Augenblicks zu nutzen wisse, der werde bei den anstehenden Veränderungen zu den Gewinnern zählen, zeigte sie Landolt überzeugt. Auf diesem Weg gebe es auch jetzt schon zahlreiche Technologien, die für das Business hilfreich seien. Im Umgang mit den wachsenden Datenbergen brauche es kognitive Systeme, die riesige Mengen an unstrukturierten Daten auswerten könnten.
Für das Business stellen sich laut Landolt drei grosse Herausforderungen. Zuerst nannte er die Innovation. Immer mehr branchenfremde Mitbewerber würden bestehende Geschäftsmodelle mit digitalen Lösungen herausfordern. Zweitens seit es wichtig, faktenbasierte Entscheidungen zu fällen. Dazu müssten die für das Business wichtigen Informationen aus den Datenbergen herausgefiltert werden, so Landolt weiter. Zuletzt müsse auch die Interaktion mit Kunden, Patienten oder auch Mitarbeitern verbessert werden. Diese sollten im Mittelpunkt stehen. Gleichzeitig böten diese Herausforderungen aber auch Chancen. IBM wolle seine Kunden und Partner auf diesem Weg unterstützen, sagte Landolt abschliessend.
Alle Geschäftsmodelle von der Umwälzung betroffen
Im Anschluss trat Peter Kasahara, Strategy & Analytics Services Leader IBM Europe, auf die Bühne. Er beschäftigte sich in seiner Keynote mit den sogenannten "digitalen Invasoren", die auch die Schweiz aufmischen würden. Laut Kasahara sind die Invasoren "hungrig auf Beute" und sie haben keine Skrupel, auch in fremden Revieren zu wildern. Sie würden sich auch nicht unbedingt an die lokalen Gegebenheiten halten, was sie besonders gefährlich mache. Der Ansicht Kasaharas zufolge sind die anstehenden Transformationen wie einen "Achterbahnfahrt ohne Notausstieg".
Er veranschaulichte die grossen Veränderungen anhand von sogenannten disruptiven Technologien. Die Vernetzung steige in allen Breichen dramatisch schnell an. Selbstfahrende Autos oder sogar Busse seinen keine ferne Zukunftsvision mehr, sondern würden sogar in der Schweiz schon erprobt. Durch Augmented Reality würden die reale und digitale Welt immer mehr verschmelzen.
Diese Technologien seien nicht neu, aber für viele Unternehmen spielten sie immer noch kaum eine Rolle. Anhand von Uber werde deutlich, dass junge Unternehmen in wenigen Monaten ganze Geschäftsmodelle obsolet machen könnten. So könne es potenziell jeden Bereich treffen. Mit den Worten: "Die digitalen Invasoren werden ihr Geschäftsmodell verändern!", brachte es Kasahara auf den Punkt.
Wer die Invasoren sind
Im Anschluss fasste Kasahara die Invasoren in fünf Kategorien zusammen. Als Erstes nannte er die Finanzinvestoren. Diese hätten sehr viel Geld zur Verfügung und damit erkauften sie sich zunehmend Anteile auch an Technologieunternehmen. Dadurch erwürben sie Mitbestimmungsrechte, die sich auf die Entscheidungen von Unternehmen auswirkten.
Als zweite Kategorie nannte Kasahara "etablierte Technologiefirmen". So sei Google in das Autogeschäft eingestiegen, Amazon habe das Verlagswesen umgekrempelt und Apple habe sich als Finanzdienstleister bestätigt. Diese Unternehmen hätten "Cash ohne Ende", womit sie gut und gerne nahezu jedes Unternehmen aufkaufen könnten.
Die "reinen digitalen Newcomer" bilden die dritte grosse Gruppe. Dazu zählt Kasahara Unternehmen wie Spotify, Netflix und Co., die bestehende Geschäftsmodelle infrage stellten.
In der Diskussion fast unbeachtet sind laut Kasahara Unternehmen aus digitalen Wachstumsmärkten als vierte Kategorie. Diese seien vor allem in Asien und besonders in China zu finden. Unternehmen wie Alibaba, Tencent/Tengcun oder auch Baidu könnten ihre US-Kontrahenten Paroli bieten. Der chinesische Taxi-Dienst Didi-Kuaidi vermittle sogar schon mehr Fahrten als Uber. Für Kasahara deutet sich ein Kampf zwischen dem Westen, vertreten durch die USA, und Asien, insbesondere vertreten durch China, an. Europa habe bisher hier nicht Nennenswertes entgegenzusetzen.
Die fünfte Gruppe bilden die Cyberangreifer, wozu Kasahara Hacker und Cyberkriminelle zählt. Ihr Geschäftsmodell sei es, Daten zu stehlen und diese zu Geld zu machen.
Junges Denken ist gefordert
Mit dieser Analyse habe er den Anwesenden "hoffentlich nicht zu viel Angst gemacht", sagte Kasahara. Aber Firmen müssten sich auf die Invasoren vorbereiten und die Gefahren schonungslos sehen.
Als Antworten auf die Herausforderung zählte er mehrere Massnahmen auf. Zunächst müssten Unternehmen Ideen entwickeln, mit denen sie "zurückschlagen" könnten. Mit diesen sollten sie nicht nur auf die Angriffe reagieren, sondern wieder die Initiative übernehmen.
Daten sollten auch als natürliche Ressource verstanden werden, die gerade mittels Analytics für bessere Unternehmensentscheidungen herangezogen werden könnten. Auch würden die Jungen gebraucht, um sich auf die Veränderungen vorzubereiten. Für Kasahara bedeutet "jung" aber nicht nur das Alter einer Person, sondern auch deren Einstellung zu neuen Technologien und Formen der Interaktion. Eine grössere wirtschaftliche Wertschöpfung verlange zudem eine Abkehr von egozentrischen Sichtweisen. Vielmehr müsse ein eco- oder gar echozentrischer Ansatz gewählt werden. Darunter versteht Kasahara eine Rundumsicht auf den Kunden. Auf diesen Weg müssten auch die Mitarbeitenden mitgenommen werden.
Zum Schluss forderte Kasahara die Anwesenden auf, "die Reise schnell zu beginnen". Erfolge könnten nur in Zusammenspiel mit Partnern erreicht werden. Der Kunde müsse im Zentrum jeder Überlegung stehen.