Wie KI und Nachhaltigkeit zusammenspielen
Im Gottlieb Duttweiler Institute haben sich am 7. November rund 150 Gäste für den Graphax Digital Event No. 7 eingefunden. Auf sie warteten Workshops und Vorträge zu den Themen Digitalisierung, Cloud, KI und – Gesundheit.
Am 7. November hat Graphax zur siebten Ausgabe seiner Digital-Event-Reihe nach Rüschlikon geladen. Rund 150 Gäste fanden an diesem verhangenen Donnerstagnachmittag den Weg ins Gottlieb-Duttweiler-Institut. Dort drehte sich alles um die Themen Digitalisierung, Cloud und KI. Wer sich nicht zu sehr von der schönen Aussicht auf den Zürichsee ablenken liess, hatte zunächst die Möglichkeit, an einem von drei Workshops teilzunehmen. Einer der 45-minütigen Know-how-Boostern widmete sich der Frage, ob KI ein Game Changer sei, in einem zweiten drehte sich alles rund um Cloud und Informationsmanagement; und der dritte Booster ging der Frage nach, ob im Digitaldruck das Offset-Qualitätsniveau erreicht ist.
KI, das digitale Teammitglied
Den KI-Workshop leitete der Unternehmer und Autor Roger Basler de Roca unter dem Titel "Künstliche Intelligenz, (d)ein Gamechanger? – Wie ChatGPT&Co. zum neuen Mitarbeiter in ihrem Unternehmen wird und die Produktivität steigert". In einem dialogisch mit dem Publikum geführten Referat erklärte Basler de Roca die Entwicklungen, die mit der breiten Veröffentlichung von ChatGPT und vergleichbaren Systemen seit November 2022 ihren Anfang nahmen. Der Referent zog Parallelen zum iPhone-Moment 2007 und betonte die transformative Kraft von KI.
Basler de Roca erklärte, wie Unternehmen KI bereits als "digitales Teammitglied" verwenden. Ein bemerkenswertes Beispiel in seiner Präsentation beinhaltete eine Demo als Videoeinspielung mit humanoiden Robotern, wie sie aktuell bei BMW und Amazon im Einsatz getestet würden. Diese Roboter nutzen demnach Sprachmodelle und arbeiten flexibel und autonom. Solche Systeme, betonte Basler de Roca, könnten repetitive Aufgaben übernehmen und auf Basis von erlerntem Kontext sinnvoll reagieren, womit Unternehmen ihre Effizienz erheblich steigern könnten.
Roger Basler de Roca führte durch den ersten Know-how-Booster. (Source: Netzmedien)
Im Kontext der breiten Adaption beleuchtete Basler de Roca auch die Herausforderungen der KI-Nutzung. Laut einer kürzlich veröffentlichten Microsoft-Studie greifen heute schon drei von vier Angestellten in Unternehmen auf KI-Tools zu, oft ohne das Wissen ihrer Vorgesetzten. Dies verdeutliche die wachsende Bedeutung von KI in der Arbeitswelt, zeige aber auch den Bedarf an Richtlinien und Datenschutzmassnahmen.
In seinem Vortrag unterstrich Basler de Roca, dass im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz abgesehen von den Vorteilen des KI-Einsatzes auch der Energie- und Ressourcenverbrauch zur Diskussion gestellt werden müsse. Grosse Sprachmodelle wie ChatGPT benötigen erhebliche Energiemengen, um zu funktionieren. "Die grössten Abnehmer und gleichzeitig Anbieter von Atomkraft sind heute Amazon, Google und Microsoft", sagte Basler de Roca. Ein Thema, das in den vergangenen Monaten breit in den Medien diskutierte wurde. Lesen Sie hier etwa mehr dazu.
Zum Abschluss seines Referates unterstrich Basler de Roca seine Vision, in der Unternehmen ihre Prozesse durch Automatisierung und KI-Integration grundlegend verändern könnten. Er betonte jedoch, dass die Grundlage für einen erfolgreichen Einsatz sauber strukturierte Daten seien und dass Mitarbeitende entsprechend geschult werden müssten. Besonders für KMUs könnte die Möglichkeit, KI lokal auf eigenen Servern zu betreiben interessant sein, um die Kontrolle über die eigenen Daten zu behalten und gleichzeitig die Effizienz zu steigern.
Die Cloud als Innovationsplattform
Der zweite Know-how-Booster von Garth McCown, Senior Business Partner Manager von D.velop, trug den Titel "Auf Cloud setzen, Innovationen geniessen". McCown startete mit der Frage "Warum Cloud?" und stellte fest, dass sich viele Unternehmen im Umgang mit den Begrifflichkeiten rund um Cloud-Modelle noch schwer täten. Zudem müssten sich Unternehmen erst darüber klar werden, ob sie selbst On-Site-Lösungen betreiben oder die Lösung in Form eines Software-as-a-Service (SaaS)-Modell beziehen wollen.
Für McCown überwogen die Vorteile von Multi-Tenant-Cloud-Diensten eindeutig: kürzere Innovationszyklen und weniger Aufwand für die Unternehmen selbst. Dank SaaS-Modellen seien neue Funktionen sofort verfügbar und Unternehmen seien fähig, ihren Innovationszyklus zu beschleunigen. SaaS, so erklärte McCown, sei denn auch Treiber für Innovation innerhalb einer sogenannten Plattformökonomie. Dabei werde ein Kernprodukt mit zusätzlichen Tools angereichert, wie dies etwa bei Innovation Hubs der Fall sei. Im Beispiel des Informations- beziehungsweise Dokumentenmanagements werden dabei Funktionen wie elektronische Signaturen, OCR (optische Zeichenerkennung) oder Vertragsmanagement integriert.
Gerade bei dokumentlastigen Geschäfts- und Verwaltungsprozessen existiere ein grosses Potenzial für den Einsatz von künstlicher Intelligenz. KI-basierte Lösungen könnten bspw. Dokumente erkennen und Informationen automatisiert auslesen sowie Prozessabläufe automatisieren. Zum Schluss legte er den Zuhörenden noch einmal ans Herz, dass die Wahl der Cloud-Technologie entscheidend sei, um Innovationspotenziale voll ausschöpfen zu können.
Rund 150 Gäste trafen sich im Gottlieb Duttweiler Institute zum Graphax Digital Event No. 7. (Source: Netzmedien)
Nachhaltigkeit und Digitalisierung: Quo vadis?
Nach einer Stärkungspause ging es weiter mit der Podiumsdiskussion, die von Radio-1-Moderator Marc Jäggi geleitet wurde. Er begrüsste auf der Bühne Graphax-CEO Juan Chenevard, Florian Hoffmann, CEO von TFY-Consult und Florian Follonier, Senior Partner Solution Architect for Data and AI bei Microsoft. Die 30-minütige Diskussion stand unter dem Titel: "Twin Transformation: Nachhaltigkeit und Digitalisierung – Wie gelingt der Spagat zwischen technologischem Fortschritt und nachhaltigem Wirtschaften?"
Hoffmann zeigte zunächst auf, wie sich Nachhaltigkeit in vier Dimensionen gliedern lässt: in ökologische, soziale, wirtschaftliche und Governance-Aspekte. Diese müssten in der digitalen Transformation verknüpft sein, erst dann könne man eine "Twin Transformation" erreichen. Viele Schweizer KMUs hätten noch Nachholbedarf in puncto Nachhaltigkeitsstrategien. Eine pragmatische Vorgehensweise helfe, indem man sich auf zentrale Themen und relevante KPIs konzentriere und unnötige Komplexität vermeide.
Nachhaltigkeit werde heute bereits von Kundinnen und Konsumenten erwartet. Unternehmen müssten eine Nachhaltigkeitsstrategie proaktiv verfolgen, betonte Graphax-CEO Chenevard. Eine klare Strategie und kontinuierliche Massnahmen seien essenziell, um Greenwashing zu vermeiden. Manche Unternehmen scheuten sich gar davor, alle ihre Massnahmen nach aussen zu kommunizieren, um nicht in die Kategorie Greenwashing eingeordnet zu werden und betrieben deshalb "Greenhushing", wie Hoffmann ergänzte. Damit sich ein Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit erfolgreich positionieren und für Akzeptanz und Engagement sorgen könne, sei die Einbindung von Mitarbeitenden und Stakeholdern in den ganzen Prozess wichtig.
Zu einer nachhaltigen Zukunft gehören zentrale Treiber. Einerseits Datenzentren und andererseits künstliche Intelligenz, wie Follonier erklärte. So sei die Auslagerung von Rechenzentren zu grossen Anbietern wie Microsoft häufig nachhaltiger, "als wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht". Ausserdem biete künstliche Intelligenz enormes Potenzial für Unternehmen. Er verortete eine Herausforderung der KI vor allem in der Geschwindigkeit, in der sich die Technologie weiterentwickelt. Die Menschen hätten nicht mehr so viel Zeit, sich an Veränderungen zu gewöhnen.
Das Thema Nachhaltigkeit werde so schnell nicht verschwinden und rücke mit KI nochmals stärker in den Fokus. KI könne daher die Transformation in den Unternehmen nochmals beschleunigen.
"Turne bis zur Urne"
Den Abschluss des offiziellen Programms machte Patric Heizmann, Gesundheitsexperte und Coach, mit seiner Keynote zum Thema "Der High-Performance-Mitarbeiter als wichtigste Unternehmensressource". Heizmann machte deutlich, dass Menschen seit 40 Jahren jedes Jahr immer "kuscheliger" würden; unsere Gesundheit habe sich massiv verschlechtert. Es sei jedoch wichtig, den inneren Schweinehund nicht zu bekämpfen, sondern den Weg mit ihm zu gehen, damit man auch Erfolg dabei habe. Unter dem Motto "Turne bis zur Urne" riet er den anwesenden Gästen, regelmässig Eiweiss zu konsumieren und regelmässig Sport zu treiben, um gesunde Gewohnheiten schrittweise zu etablieren.
Nachdem sicherlich manchen Gästen nach diesem Vortrag trotz aller guten Ratschläge bereits der Magen knurrte, lud Graphax zu einem Apéro Riche, um nicht nur das Essen, sondern auch das Gehörte zu verdauen.
Praxisnahe Einblicke in die Potenziale und Herausforderungen von KI im Informationsmanagement gab es übrigens auch im Webinar der Netzmedien in Zusammenarbeit mit Graphax. Hier lesen Sie alles dazu.