Feiern und Hacken in Zürich
Von Donnerstag bis Sonntag findet in Zürich das erste Digital Festival statt. Prominenz aus Politik, Bildung und Wirtschaft diskutierten am Freitag darüber, wie ein Land erfolgreich sein kann. Auch für die Schweiz gebe es noch einiges zu tun.
Vom 15. bis zum 18. September findet in Zürich das erste Digital Festival statt. Neben zahlreichen Vorträgen haben die Veranstalter mehrere Labs organisiert, an denen sich Interessierte über aktuelle Trends informieren können. Etwa über Fintech, Robotics, Digital Marketing oder Digitale Transformation. Am Wochenende findet zudem noch der Hackathon "Hack Zürich" statt. Dieser ist nach Angaben der Veranstalter der grösste seiner Art in Europa.
Es braucht eine Fehlerkultur
Am Freitagmorgen fand eine Paneldiskussion mit bekannten Persönlichkeiten statt. Darunter die US-Botschafterin in der Schweiz und Liechtenstein Suzan LeVine, der ehemalige deutsche Vizekanzler und WEF-Geschäftsführer Philipp Rösler, der Rektor der Universität Zürich Michael Hengartner sowie Daniel Gutenberg, General Partner der Investmentfirma VI Partners. Die Panelteilnehmer diskutierten darüber, was die Voraussetzungen für Innovationen sind.
Neben guter Bildung brauche es vor allem auch ein Ökosystem, das Fehler erlaube. Hierbei sahen die Teilnehmer des Panels in der Schweiz noch erhebliches Verbesserungspotential. Denn Fehler und Scheitern helfe beim Lernen. Es brauche mehr Möglichkeiten zum Scheitern, sagte Gutenberg. Vor allem schnelle und auch grosse Fehlschläge müssten in der Schweiz mehr möglich sein.
Die Schweiz solle aber nicht wie die USA werden, schränkte LeVine ein. Vielmehr müsse die "Schweiz noch viel mehr Schweiz sein" und die eigenen Stärken noch mehr hervorheben. Man könne Einflüsse aus anderen Ländern erlauben, aber dabei sollen die eigenen Stärken nicht vergessen werden. Hierbei hob Rösler auch die Fähigkeiten der Schweizer Ingenieure hervor. Diese bräuchten sich keinesfalls vor den Experten aus dem Silicon Valley zu verstecken, betonte er.
Talente sind entscheidend
Im Anschluss kamen die Panelteilnehmer auf das Rekrutieren von Fachkräften zu sprechen. Laut Rösler müssen diese sich frei zwischen den Ländern bewegen können. Die aktuelle politische Situation in vielen Ländern laufe aber gerade in die entgegengesetzte Richtung, was er als FDP-Politiker scharf kritisierte.
Weiter kritisiert wurde auch der Mangel an Frauen in ICT-Berufen. Es sei zu spät, hier erst in der Hochschule anzusetzen, sagte Hengartner. Vielmehr müssen Mädchen schon in der Primarschule oder sogar früher für neue Technologien begeistert werden. Die US-Botschafterin stimmte ihm mit einem brennenden Plädoyer für mehr Frauen in ICT-Berufen bei. Ihrer Meinung nach müsse ein Ökosystem geschaffen werden, welches auch Mädchen motiviere, Ihre Zukunft in der IT zu suchen. Dabei seien auch Vorbilder sehr wichtig.
Einen weiteren Kritikpunkt brachte Rösler zur Sprache. Seiner Meinung nach gebe es für bestimmte Berufe nicht ausreichend Möglichkeiten für Teilzeitanstellungen. Als Beispiel nannte er seine Frau, die keine Teilzeitstelle in einem Spital gefunden habe. Dadurch würden viele Frauen aus dem Beruf gedrängt. Es brauche daher ein zeitgemässes Arbeitszeitsystem, forderte er. Die momentan in der Schweiz vorherrschenden Modelle bezeichnete er sogar als "mittelalterlich".
Boschs Weg ins IoT
Im Anschluss gab Dirk Slama, Director Business Development Bosch Software Innovation, einen Einblick in die IoT-Strategie seines Unternehmens. Vor fünf Jahren habe die Konzernleitung entschieden, in möglichst viele Geräte neben Sensoren auch eine IP-Schnittstelle einzubauen. Diese war zunächst eher nutzlos, sagte Slama, denn es gab noch keine Dienste, die daraus Nutzen ziehen konnten. Es habe lange gedauert, bis Bosch dies in ein Businessmodell umsetzten konnte.
Inzwischen habe das Unternehmen zahlreiche Dienstleistungen zu seinen Produkten hinzu entwickelt. Die Idee dahinter sollte aber immer sein, die Bedienung eines Geräts für die Nutzer noch intuitiver und einfacher zu machen, sagte er.
Auch böte das Zusammenspiel von Sensoren, Big Data und Analytics für die Optimierung von Fertigungsprozessen erhebliches Optimierungspotential. Als Beispiel führte er einen neuen smarten Akkuschrauber für den Industriealltag heran. Die Vision sei es, in Zukunft feststellen zu können, wo das Gerät, für welchen Zweck, von wem und mit welchem Resultat eingesetzt wurde. Beispielsweise könne damit jeder Fertigungsschritt einer Flugzeugmontage nachvollzogen werden. Da alle Daten gespeichert und ausgewertet würden, liessen sich Fehler und Missstände schneller identifizieren und entsprechend beheben.
Wie ein Unternehmen erfolgreich sein kann
Für viele Lacher und interessante Anekdoten sorgte Philip Ingelbrecht, Co-Gründer des Dienstes zur Musikerkennung Shazam. Er berichtete, welche Klippen das Unternehmen seit seiner Gründung im Jahr 1999 überwinden musste. Damals gab es weder Cloud-Anwendungen, mobiles Internet noch eine praktikable Software zur Erkennung von Musik. Diese Infrastrukturen und Programme musste das Unternehmen erst selber erfinden.
Mit einigem Glück und viel Einsatz gelang es dem Unternehmen, eine lange Durststrecke zu überwinden, bis das Geschäft schliesslich Mitte der 2000er-Jahre exponentiell Fahrt aufnahm.
Für die anwesenden Besucher brachte er fünf Lehrsätze mit, die seinem Unternehmen beim Erfolg geholfen haben, und die zur Inspiration dienen sollen.
"Verfolge die schweren Probleme mit einfachen Lösungen". In der Einfachheit liege der Schlüssel zum Erfolg, zeigte er sich überzeugt. Auch für die schwierigsten Probleme gebe es in der Regel einfache Lösungen und man solle sich nicht von Zweiflern verunsichern lassen
"Denke Grösser". Dies könnten US-Amerikaner viel besser, sagte er. Nur mit einer grossen Vision könne ein Unternehmen langfristig am Markt bestehen und sein volles Potential nutzen.
"Rückweisung und Motivation". Auch bei der Partnersuche gäbe es viele Rückschläge. Aber wenn man es nicht versuche, dann könne man nicht erfolgreich sein. Er riet den Anwesenden daher, standhaft bei der Meinung zu bleiben, und sich ein dickes Fell auch bei Rückschlägen zuzulegen.
"Lasse die Lichter an". Mit den Worten: "Tue alles, um den Laden irgendwie am laufen zu halten", veranschaulichte er die Maxime. Man müsse durchhalten und irgendwann komme dann vielleicht auch ein Wendepunkt. Auch sein Unternehmen stand einmal kurz vor der Insolvenz, aber diese Phasen müsse man überstehen können, ohne an sich zu zweifeln.
"Menschen sind am wichtigsten". Für den Erfolg brauche es unterschiedliche Typen von Menschen. Nur mit diversen Meinungen könnten Unternehmen sich weiterentwickeln, zeigte er sich überzeugt. Zudem riet er, sich unbedingt einen Co-Gründer mit an Bord zu holen, mit dem man sich austauschen könne.