Nachgefragt

Das sagt Reto Gutmann über die geplante Fusion von Abraxas und VRSG

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Heute Morgen hat Abraxas-CEO Reto Gutmann in Winterthur über die geplante Fusion mit VRSG informiert. Mit dem Zusammenschluss der beiden IT-Dienstleister entsteht "der führende" Schweizer IT-Dienstleister für die öffentliche Hand. Die Redaktion sprach mit Reto Gutmann in Winterthur.

Reto Gutmann, CEO von Abraxas. (Quelle: Netzmedien)
Reto Gutmann, CEO von Abraxas. (Quelle: Netzmedien)

Warum treffen wir uns heute in Winterthur?

Reto Gutmann: Das hat ganz praktische Gründe. Es liegt zwischen St. Gallen und Zürich und wir wollten, dass möglichst viele Mitarbeitende von den verschiedenen Standorten zu dieser Informationsveranstaltung über die gemeinsame Zukunft von Abraxas und VRSG kommen können. Für die Mitarbeitenden, die nicht teilnehmen konnten, haben wir einen Livestream präsentiert.

Wie haben die Mitarbeitenden hier an der Präsentation in Winterthur reagiert, dass Abraxas und VRSG fusionieren wollen?

Mein Eindruck war, dass die Mitarbeitenden die Notwendigkeit und die Hintergründe gut verstehen, warum wir das machen.

Was bedeutet die Fusion für Sie als designierter CEO des fusionierten Unternehmens?

Ich finde es eine tolle Geschichte. Wir werden der führende IT-Anbieter für die öffentliche Hand. Wir bauen eine geballte Kraft auf, die Signalwirkung haben wird. Es bedeutet aber auch viel Arbeit.

Wird es nach der Fusion Entlassungen geben?

Nein, es ist ganz klar nicht geplant, Leute zu entlassen. Natürlich wird sich im einen oder anderen Bereich die Frage der Synergien stellen. Da müssen wir uns nichts vormachen. Wir gehen aber davon aus, dass sich diese Fälle mit natürlicher Fluktuation erledigen werden. Darum auch unser Commitment, das wir an der Informationsveranstaltung gegeben haben, dass jeder, der bereit ist, sich zu verändern, in der neuen Firma einen Platz haben wird.

Wie müssen sich denn die Mitarbeitenden verändern, damit sie einen Platz in der neuen Firma haben werden?

Die Grundvoraussetzung, damit eine Fusion Sinn macht, ist ja gerade, dass nicht alles gleich bleibt. Wenn wir nach dem Zusammenschluss einfach zwei Firmen unter einem Dach hätten und alles bleibt beim Alten, dann hätten wir nicht den grossen Nutzen erzeugt. Somit bedeutet die Veränderung auch, dass wir beide Dinge zusammenbringen wollen. Es werden sich gewisse Rollen verändern. Wir werden bestimmte Bereiche auch neu bündeln. So fassen wir etwa den Bereich Steuern beider Unternehmen in einer Einheit zusammen.

Wie muss man sich die Fusion im Detail vorstellen?

Es gibt zwei Schritte: Wir gründen die Abraxas VRSG Holding als technisches Vehikel, mit dem wir die ganzen Transaktionsprozesse abwickeln. Damit werden wir aber nicht am Markt auftreten. Das Ziel ist dann, möglichst schnell Anfang des nächsten Jahres mit der fusionierten Gesellschaft loszulegen, die auch unter einem neuen Brand auftreten wird.

Wissen Sie schon, wie die neue Firma heissen wird?

Nein, das ist offen. Der neue Name wird mit der Positionierung noch erarbeitet.

Die Portfolios von Abraxas und VRSG ergänzen sich ja recht gut. Wo genau sehen Sie Synergiepotenzial zwischen den beiden Firmen?

Mit der neuen Firma haben wir bei den Prozessen vom Bürger über die Gemeinde bis hin zum Bund alle Kompetenzen durchgängig im eigenen Haus. Beide Firmen sind bereits punktuell in diesen Bereichen tätig. Mit der Fusion können wir mit unseren Lösungen die öffentliche Hand aber erstmals wirklich auf ganzer Linie unterstützen.

Welche Bestrebungen gibt es, die Dienstleistungen des neuen Unternehmens auch der Privatwirtschaft zur Verfügung zu stellen?

Das neue Unternehmen wird in denselben Märkten unterwegs sein wie Abraxas bisher. Der Schwerpunkt liegt in IT-Dienstleistungen für die öffentliche Hand. Das ist unsere Kernkompetenz. Wir können aber skalieren und das Abraxas-Portfolio weiterhin und neu auch jenes der VRSG der Privatwirtschaft anbieten.

Was bedeutet die Fusion von Abraxas und VRSG für den Streit zwischen Abacus und den Gemeinden, die IT-Dienstleistungen vom VRSG beziehen?

Wir sind uns bewusst, dass es diesen Konflikt mit Abacus gibt. Und es ist klar ein Thema, um das wir uns kümmern werden nach Abschluss der Angebotsfrist.

Nun müssen der Fusion bis Ende August ja noch die weiteren VRSG-Aktionäre, das sind rund 130 Gemeinden, zustimmen ...

Ja, der Termin ist der 30. August. Sie dürfen selbstverständlich auch schon früher zustimmen.

Wie sehen Sie die Chancen, dass der Deal angenommen wird?

Ich persönlich bin total überzeugt davon, dass auch die Gemeinden die Geschichte verstehen und den Nutzen erkennen, der daraus entsteht. Mit der Stadt St. Gallen hat die grösste Aktionärin bereits zugestimmt. Das wird auch Signalwirkung haben. Daher glaube ich schon, dass es klappen wird. Aber es braucht die Zustimmung von zwei Dritteln der Aktionäre, damit die Fusion zustande kommt.

Was machen Sie, wenn es nicht klappt?

Dann werden die beiden Firmen wieder auf getrennten Wegen weitergehen. Wir haben aber in unserer Vision klar festgelegt, dass wir den Anspruch haben, eine führende Stellung im Markt einnehmen zu wollen. Wir würden uns in so einem Fall neu orientieren.

Aber das ist kein Szenario, das Sie ernsthaft in Erwägung ziehen?

Momentan nicht. Im Moment steuern wir Vollgas auf die Fusion zu.

Wie haben Sie im Vorfeld der Fusionsgespräche versucht, die anderen Aktionäre mit ins Boot zu holen?

Ich selbst habe das nicht getan, aber die VRSG mit Geschäftsführer Peter Baumberger war in Kontakt mit ausgewählten Gemeinden und dem Verband der Gemeindepräsidenten.

Sie werden CEO des fusionierten Unternehmens sein. Was macht VRSG-Geschäftsführer Peter Baumberger dann?

Er wird einerseits als stellvertretender CEO das Integrationsprojekt leiten. Wir rechnen damit, dass dieses Projekt bis zu drei Jahre laufen wird. Und andererseits wird er Ansprechpartner für die Gemeinden bleiben.

Wie nehmen Sie die Mitarbeitenden in diesem Change-Projekt mit? Was tun Sie, damit das Projekt erfolgreich sein wird?

Wir beziehen die Mitarbeitenden in die Umsetzung der künftigen Strategie mit ein. Das taten wir bereits mit unserer Strategie 2017 und unabhängig vom Fusionsvorhaben. Jeder Mitarbeiter hat bei uns bei zusätzlichem Engagement die Möglichkeit, aktiv mitzuwirken. Und ich gehe auch davon aus, dass wir einen Teil der Mitarbeitenden integrieren können, sodass sie das Change-Projekt mitgestalten und den ganzen Prozess begleiten können. Es nützt nichts, wenn zwei CEOs das von oben wollen. Wir wollen eine neue Kultur schaffen.

Mit der Fusion konsolidieren Sie auch ein Stück weit den Markt. Was versprechen Sie sich davon?

Die Kompetenzen von Abraxas und VRSG ergänzen sich gut. Jeder profitiert vom anderen und wir können damit unseren Kunden mehr Dienstleistungen aus einer Hand anbieten. Das nützt den Kunden. Abraxas und VRSG haben gemeinsame Kunden, die heute natürlich noch getrennt betreut werden. In Zukunft werden solche Kunden nur noch einen Ansprechpartner haben.

Können Sie sich vorstellen, weitere Firmen zu übernehmen, um den Markt weiter zu konsolidieren?

Ich will es nicht ausschliessen. Aber das ist momentan so nicht angedacht.

Also steht Bedag nicht auf der Einkaufsliste?

Nein.

Ist die Konsolidierung bei den Standorten von Abraxas und VRSG ein Thema nach der Fusion?

Wir haben uns bewusst entschieden, in verschiedene Standorte zu investieren, um weniger St.-Gallen- bzw. Zürich-lastig zu sein. Wir haben etwa einen Standort in Bern eröffnet, wir sind in Münchenstein und in Morges präsent, in Frauenfeld, Winterthur und Bellinzona. Es ist kein Thema, diese aufzugeben. Wir werden uns aber sinnvollerweise überlegen, wie wir die Mitarbeitenden der beiden Hauptsitze von Abraxas und VRSG in St. Gallen näher zusammenbringen können. Wenn wir beide Sitze so belassen, wird die Integration nur schon auf der menschlichen Seite schwieriger. Das wird bestimmt ein Thema sein, aber es gibt noch absolut keinen Entscheid dazu.

Wird es in Zukunft schwieriger werden, die Firma zu führen, wenn mit den zusätzlichen Aktionären evtl. die Stimmenverteilung weniger klar sein wird als heute?

Die beiden Kantone St. Gallen und Zürich werden die Stimmenmehrheit an der neuen Firma haben. Aber Sie haben Recht: Bisher hätte ein Kanton nichts ohne den anderen Kanton entscheiden können. In Zukunft ist es theoretisch möglich, dass es auch andere Gruppierungen geben könnte. Aber ich sehe das auch aufgrund der bisherigen Erfahrungen nicht als besonders neue Herausforderung an. Die Zusammenarbeit war bisher immer sehr konstruktiv, und das wird auch so bleiben.

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