Watson als digitaler Arzthelfer

Wie IBM eine Brücke zwischen Patient und Arzt bauen will

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IBM und Docdok.health haben im Forschungslabor in Rüschlikon eine Plattform für den Kontakt zwischen Arzt und Patient präsentiert. Sie soll das Management von chronischen Krankheiten erleichtern.

IBM möchte neue Wege der Kommunikation zwischen Patient und Arzt schaffen. (Source: Netzmedien)
IBM möchte neue Wege der Kommunikation zwischen Patient und Arzt schaffen. (Source: Netzmedien)

Inbesondere bei der Behandlung von chronischen Krankheiten habe die Medizin ein Problem, sagt Thomas Brunschwiler. Arzt und Patient sähen sich nur sporadisch. Wie es seinem Patienten geht, wie sich dessen Werte entwickeln, darüber bliebe der Arzt während langer Zeit im Unklaren. Wenn es dann zu einer Sprechstunde kommt, fehle oft die Zeit für eine genaue Untersuchung. Der Arzt müsse sich oft auf die Schilderungen seines Patienten verlassen.

Hier will die Plattform ansetzen, die Brunschwiler und sein Team in der IBM-Forschung entwickeln und am Pressetag des Forschungslabors in Rüschlikon zeigten. Zusammen mit dem Schweizer Start-up Docdok.health will IBM eine neue Methode für das Managment von chronischen Krankheiten lancieren.

Das Ziel ist mehr Kontakt zwischen Arzt und Patient

Arzt und Patient sollen gleichermassen in das System einbezogen werden. Auf Seite des Patienten könnten Wearables und Smartphones den Zustand überwachen und via Cloud kontinuierlich an den Arzt weiterleiten. So liessen sich IBM zufolge die Lücken zwischen den Sprechstunden überbrücken, die momentan noch bestehen. Dem Arzt sei es dadurch möglich, Veränderungen frühzeitig zu erkennen und wo nötig einzugreifen, sagte Brunschwiler.

Auch an die Behandlung nach der Diagnose habe IBM gedacht. Ähnlich wie die Gesundheits-Apps von Dacadoo, könnte Docdok.health Patienten coachen und bei Verhaltensänderungen unterstützen. Dies könnte nach Ansicht des IBM-Forschers mit sogenannten "Digital Triggers" geschehen.

Thomas Brunschwiler von IBM Research erklärte die Ziele der Docdok.health-Plattform. (Source: Netzmedien)

Unterstützung bei Diagnose und Behandlung

Der Arzt erhalte durch die Plattform vor allem zuverlässigere Daten über seinen Patient. Zudem könne er den administrativen Aufwand reduzieren und überwachen, ob sich der Patient auch an seine Anweisungen halte. Zentrale Probleme der Ärzteschaft wie Stress, Überarbeitung und Routinearbeit könnten so reduziert werden, versprach Brunschwiler.

Wie Docdok.health in der Praxis aussehen könnte, demonstrierte Ulrich Mühlner. Der CEO des gleichnamigen Start-ups führte vor, wie der Kontakt zwischen Patient und Arzt über die Plattform laufen könnte und wie sich alle Daten auf einem Dashboard verwalten liessen.

Mühlner betonte, dass die mit IBM entwickelte Plattform den Arzt nicht ersetzen soll. Ziel sei es, einen neuen Kanal zum Patienten zu eröffnen, Daten automatisch auszuwerten und eine bessere Grundlage für Entscheidungen zu schaffen. So könnten Ärzte Zeit und das Gesundheitswesen Kosten sparen. Patienten biete sich die Aussicht auf eine Verbesserung der Lebensqualität.

Docdok.health-CEO Ulrich Mühlner möchte Ärzte und das Gesundheitswesen entlasten. (Source: Netzmedien)

Testlauf mit chronischer Lungenkrankheit

Als Testfeld für die neue Plattform entschieden sich IBM und Docdok.health für COPD. Diese chronische Lungenkrankheit, die sich durch Husten und Atemnot äussere, lasse sich besonders gut mit Docdok.health managen, sagten die Entwickler.

Ein persönlicher Lungenfunktionstester liesse sich ebenso in die Plattform einbinden wie ein Messgerät für die Luftqualität und ein Fitness-Tracker. Als Hub für Docdok.health dient das Smartphone, dessen Sensoren auch selbst zum Einsatz kämen. Etwa mit einer App, die messe, wie stark der Patient nachts hustet. Indem der Patient seinen Auswurf mit der Handykamera fotografiert, könne der Arzt ausserdem Veränderungen schneller erkennen und reagieren.

Dass der Arzt in diesem Strom von Daten nicht untergehe, dafür soll IBMs Bild- und Tonerkennung sorgen. Trotz dieser digitalen Unterstützung bleibt die Frage offen, ob ein System wie Docdok.health wirklich Geld und Zeit einsparen kann.

Ja, sagte Brunschwiler. Das hätten Tests gezeigt. Ob sich Ärzte und Patienten in Zukunft online öfters als in der Praxis sehen, sei aber auch von den Krankenkassen abhängig. Mit einem Forschungsprojekt am Zürcher Unispital namens "Cair" soll das System nun seine Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen.

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