Wie Luzern E-Gov so einfach wie Zalando machen will
Von der Blockchain-ID bis zur Fahrbewilligung ohne Medienbruch: Die Luzerner Behörden haben am 10. E-Gov Meeting über ihren Weg zur digitalen Verwaltung informiert. Besucher erhielten Einblicke in die IT-Strategie von Kanton und Gemeinden und konnten einen Blick über die Kantonsgrenzen werfen.
Unter dem Motto "E-Gov-Wirtschaftlichkeit verbessern und Bürger einbinden" ist das Luzerner E-Gov Meeting zum 10. Mal über die Bühne gegangen. Besucher erfuhren im Saal des Luzerner Kantonsrats, an welchen Projekten die Verwaltungen von Kanton und Gemeinden aktuell arbeiten. So wollten die Veranstalter den Austausch fördern und zum Denken anregen, wie Gérald Strub, kommunaler Beauftragter für E-Government Luzern, zur Begrüssung sagte.
Sichere Wahlen und Identitäten auf der Blockchain
Bevor sich alles um die Digitalisierung der Luzerner Verwaltungen drehte, gewährten Daniel Gasteiger und Sven Jakelj von Procivis einen Blick über die Kantonsgrenzen hinaus. Die beiden stellten eine Lösung auf Basis der Blockchain-Technologie vor, die mehrere E-Gov-Dienstleistungen auf einer Plattform ermöglichen soll.
Zwei Eigenschaften prädestinierten die Blockchain für einen Einsatz beim Kontakt zwischen Bürger und Behörden, sagte Jakelj. Aus Verwaltungsdokumenten oder Abstimmungsresultaten lasse sich erstens ein Hash-Wert generieren, der in der verketteten Datenbank die Echtheit dieser Daten sicherstellen könne. Manipuliere jemand das Dokument oder die Stimme, passe der neue Hash-Wert nicht mehr zum auf der Blockchain gespeicherten Wert und werde dadurch ungültig.
Procivis-CEO Daniel Gasteiger sieht die Blockchain als Werkzeug für mehr Demokratie und Transparenz. (Source: Netzmedien)
Zweitens führe das Prinzip der dezentralen Speicherung auf der Blockchain dazu, dass Manipulationen an einem Ort im Vergleich mit den anderen Speicherorten direkt auffielen und ebenfalls für ungültig erklärt werden könnten.
Wo sich diese Eigenschaften der Blockchain konkret einsetzen lassen, zeigten Gasteiger und Jakelj anhand der Beispiele E-Voting und E-ID. Procivis arbeite hier an Anwendungen im In- und Ausland, die auf das Smartphone als einfach bedienbare Plattform setzten.
Gerade die elektronische Identität sei für Verwaltungen interessant, denn darauf liessen sich dereinst diverse E-Gov-Dienste aufbauen, für die eine sichere Authentifizierung des Bürgers Voraussetzung sei. Bereits hätten verschiedene Länder von Malta bis Japan Projekte am Laufen – unbeeindruckt vom Hype um die Blockchain. Dubai wolle etwa grosse Teile seiner Verwaltung auf die Blockchain verschieben. Die dabei erhofften Einsparungen sind laut Gasteiger allerdings mit Vorsicht zu geniessen.
E-Umzug als Vorzeigeprojekt
Zurück in die Region ging es im Anschluss mit Katrin Aeberhard. Die Abteilungsleiterin der Bevölkerungsdienste der Stadt Luzern zeigte dem Publikum den Stand der Einführung des eUmzugs in der Agglomeration der Leuchtenstadt auf. Diese umfasst die Gemeinden Horw, Kriens, Adligenswil, Emmen, Ebikon, Rothenburg, Meggen, Malters und Luzern. Der elektronische Umzug sei in vielerlei Hinsicht ein Vorzeigeprojekt für gutes E-Gov, sagte sie.
Die rechtlichen und technischen Voraussetzungen für die Einführung seien sowohl auf Bundes- wie auf lokaler Ebene sehr gut. Mit eOperations bestehe eine schweizweite Organisation zur gemeinsamen Umsetzung des Projekts. eUmzugCH habe sich bereits in mehr als 30'000 Fällen bewährt. Auch Verfügbarkeit und Schutz der Daten seien gewährleistet. Und nicht zuletzt stehe die digitale Abwicklung des Zügelns bei Bürgerbefragungen stets an erster Stelle der E-Gov-Dienstleistungen.
Katrin Aeberhard stellte eUmzugLU mit einem Video von E-Government Schweiz vor.
Der Vertrag für die Einführung des E-Umzugs für die rund 200'000 Bewohner der Agglomeration Luzern sei abgeschlossen, das Projekt vorfinanziert, sagte Aeberhard. Erste Tests des Systems seien für die kommenden zwei Monate geplant. Mitte Dezember soll dann der erste Nutzer seinen Umzug elektronisch durchführen können.
Ganz ohne Hürden geht es aber auch beim Vorzeigeprojekt nicht. Aeberhard merkte an, dass die Fachverantwortlichen bei so einem Projekt oftmals mitmachen wollten, die politischen Verantwortlichen es aber eher kritisch sehen würden. Auch die Aufteilung der Aufgaben und Kosten sei noch nicht ganz klar. Die Stadt Luzern übernehme zum Start die Geschäftsführung und den Support. Der Kanton übernehme die Kosten für die Anbindung an die Datenplattform "LuReg". Ziel sei es aber, dass dereinst alle Gemeinden mitmachten.
Weniger Medienbrüche, Aufwand und Papier
Marco Strebel, der stellvertretende Projektleiter der Luzerner Dienststelle Informatik, stellte die Digitalisierung aus der Perspektive des Kantons vor. Zuerst habe man sich gefragt, was heute eigentlich das Problem sei und dieses auch rasch gefunden.
Rund 7700 Ordner würden alljährlich an die Luzerner Verwaltungen verteilt, sagte Strebel. Bürger müssten an den (Online-)Schaltern immer wieder die gleichen Informationen vorlegen, obwohl diese bereits in einer der vielen Datenbanken lägen. Dokumente der Verwaltung müssten oftmals ausgedruckt, unterschrieben und wieder eingescannt werden.
Marco Strebel nahm mit der Dienststelle Informatik die Verwaltungsprozesse des Kantons Luzern unter die Lupe. (Source: Netzmedien)
Das Ziel der Digitalisierung in der Verwaltung bestehe darin, solche Medienbrüche in den Prozessen zu vermeiden. Strebel illustrierte dies anhand einer Bewilligung zum Befahren einer Waldstrasse am Wochenende. Dieser Prozess erfordere heute noch viel Zeit, Papier und Abstimmung zwischen den involvierten Behörden.
Mit digitaler Unterschrift, einem Online-Bürgerportal nach dem Vorbild von E-Banking-Portalen und einem durchgehenden Informationsfluss zwischen den Amtsstellen könne die Bewilligung in Zukunft schneller und einfacher erteilt werden. Der Kanton Luzern habe insgesamt 800 sogenannter Kernprozesse unter die Lupe genommen. 110 davon hätten sich als vielversprechend für die Digitalisierung erwiesen, 30 gingen in die nächste Umsetzungsphase.
E-Gov entdeckt die Customer Journey
Am Ende sei der Nutzen der Digitalisierung für den Bürger auf der einen und die Verwaltung auf der anderen Seite entscheidend, sagte Strebel. Für die Bürger biete sie einfachere, schnellere und immer erreichbare Verwaltungsprozesse. Den Behörden winkten Ressourceneinsparungen, eine höhere Prozessqualität und auch eine gewisse Selbstreflexion, wie sich die eigenen Abläufe verbessern und neu denken liessen.
Diesen Ball nahm auch Gérald Strub von E-Government Luzern auf. In seinem Referat warb er darum, den Kunden der Verwaltung ins Zentrum der E-Gov-Projekte zu stellen, aus seiner Perspektive zu denken. "E-Gov muss so einfach sein, wie eine Bestellung bei Zalando oder Galaxus", sagte er. Dies ermögliche nicht nur zufriedene Bürger, sondern auch ein besseres Arbeitsumfeld für die Beamten.
Gérald Strub warb für kundenzentriertes E-Gov und Engagement bei der Prozessaustauschplattform der Luzerner Gemeinden. (Source: Netzmedien)
Wie dies aussehen könnte, illustrierte Strub anhand einer Plattform der Luzerner Gemeinden, auf der die Verwaltungen Daten und Prozesse austauschen. Bislang seien sieben Orte an dem Projekt beteiligt, weitere sollen folgen. Jetzt wo auch die Politik das Thema Digitalisierung entdeckt habe, erhoffe sich Strub mehr Schwung für den Ausbau. "Machen Sie bei der Prozessplattform mit!", rief er die E-Gov-Verantwortlichen im Kantonsratssaal auf.
Noch sei aber einiges zu tun, sagte Strub. Etwa bei der IT-Sicherheit der 83 Luzerner Gemeinden. Ein Fragebogen mit 20 Fragen und Schulungen soll hier Verbesserungen bewirken. Bei der IT-Sicherheit gelte, was bei der Digitalisierung der Verwaltung immer beachtet werden sollte. "Es muss erst gesät - das heisst investiert - werden, damit man später etwas ernten kann." So lautete denn auch das zweite Motto des Luzerner "eGov Meetings".
E-Government Luzern hat die Folien der Veranstaltung als PDF-Download veröffentlicht.