Focus: Blockchain

Die Blockchain im Gesundheitswesen

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von Helmut Dietl, Professor für Services & Operations Management, Universität Zürich, und Christian Jaag, Ph.D., Managing Partner, Swiss Economics.

Eine Blockchain ist ein dezentrales Buchführungssystem, bei dem die Kopien der beteiligten ­Parteien in einem automatisierten Konsensprozess konsistent gehalten werden. Aufgrund ihrer Eigenschaften sind Blockchains für die Führung von Gesundheitsdossiers und für das Tracking medizinischer Wertschöpfungsprozesse sehr gut geeignet. Ein Fachbeitrag von Helmut Dietl und Christian Jaag.

Kryptowährungen wie Bitcoin sind die erste Anwendung einer Blockchain gewesen. Diese entspricht dort einem Kassenbuch, das für jeden Bitcoin festhält, unter welcher Bedingung er weiterverwendet werden kann. Eine solche Bedingung ist etwa die Signatur einer Transaktion mit einem bestimmten kryptografischen Schlüssel. Wer diesen Schlüssel besitzt, ist der Eigentümer des entsprechenden Bitcoins.

Jede Transaktion wird dezentral verifiziert, mit einem Zeitstempel versehen und in einem Datenblock abgespeichert. Die Blockkette funktioniert somit wie ein Register, das laufend aktualisiert wird. Die Verifizierung der Eintragung erfolgt nicht durch eine Zentralinstanz wie bei einem traditionellen Register, sondern dezentral durch einen programmierten Konsensmechanismus. So entfällt die Delegation der Buchführung an einen vertrauenswürdigen Intermediär oder die Implementierung von aufwändigen Abgleichprozessen zwischen den Büchern der einzelnen Parteien. Eine Blockchain kann also für die Koordination von Partnern verwendet werden, die weder einem Intermediär noch sich gegenseitig vollständig trauen.

Blockchains bieten Sicherheit

Durch ihre Sicherheitseigenschaften sind Blockchains sehr gut geeignet für Anwendungen im Gesundheitswesen. Im Fokus steht dabei insbesondere die Zusammenführung verstreuter elektronischer Patientendaten in ein einheitliches auf Blockchain basierendes Register und das Tracking in medizinischen Lieferketten.

Die Führung eines elektronischen Patientendossiers ist ein Kooperationsprojekt, an dem eine Mehrzahl von Institutionen beziehungsweise Individuen wie Krankenhäuser, Ärzte, Pharma­unternehmen, Versicherungen und Patienten beteiligt sind. Als Alternative zu einer Zentralinstanz für die Verwaltung dieser Daten, die sie verändern und/oder löschen kann, können in einer Blockchain Ergänzungen nur vorgenommen werden, wenn diese dezentral nach zuvor festgelegten Regeln verifiziert wurden. Insbesondere für Forschungszwecke, aber auch aus juristischer Sicht ist es ein Vorteil, wenn das Datenbanksystem nur das Lesen und (dezentral verifizierte) Hinzufügen, nicht aber das Verändern oder Löschen von Daten zulässt. Ein weiterer Vorteil blockchainbasierter Datenbanksysteme besteht darin, dass die Datenherkunft stets nachverfolgt werden kann und damit das Dateneigentum geschützt bleibt. Zudem garantieren die krypto­grafischen Algorithmen ein hohes Mass an Datenschutz, Datensicherheit und Datenverfügbarkeit.

Stärkere Automatisierung möglich

Bei Medikamenten und Instrumenten besteht ein erhebliches Gesundheitsrisiko aufgrund von Fälschungen oder Nachahmungen. Erst vor Kurzem wurde darüber berichtet, dass in China hunderttausende gefälschter Impfdosen aufgetaucht sind. Die Blockchain-Technologie kann helfen, die gesamte medizinische Wertschöpfungs- und Lieferkette sowie die Einhaltung von Qualitätsvorschriften eindeutig nachzuvollziehen. So wird die Blockchain zu einem manipulationssicheren und transparenten Register für medizinische Güter. Gleichzeitig lassen sich die Lieferketten mit dezentralen Prozessen bei der Beschaffung, der Herstellung, dem Versand und der Bezahlung von Waren dank der durchgängigen, sicheren Dokumentation auch stärker automatisieren. Voraussetzung dafür ist, dass jede Übertragung von einer vor- auf eine nachgelagerte Stufe der Lieferkette von den Beteiligten gemeldet, verifiziert und auf der Blockchain abgespeichert wird. Der Einsatz einer Blockchain bedeutet also nicht, dass keine Intermediäre mehr benötigt werden, sondern dass gewisse Dienstleistungen (z. B. die eigentliche Buchführung) wegfallen und andere (z. B. die korrekte Feststellung und Dokumentation von Produkteigenschaften) neu benötigt werden.

Webcode
DPF8_105948