Nachgefragt beim CEO von Contovista

Dominik Wurzer: "Es ist nicht an uns, Banken zu überzeugen"

Uhr | Aktualisiert

Seit Anfang 2020 ist Dominik Wurzer CEO des Fintech-Unternehmens Contovista. Ein Gespräch über Herausforderungen in der Bankenwelt, Partnerschaften und die Einführung von Open Banking in der Schweiz.

Dominik Wurzer, CEO von Contovista. (Source: zVg)
Dominik Wurzer, CEO von Contovista. (Source: zVg)

Sie sind seit Anfang des Jahres CEO von Contovista. Welche Herausforderungen stellt die neue Aufgabe an Sie?

Dominik Wurzer: Zuerst einmal bin ich stolz, dieses Vertrauen geschenkt zu bekommen. Es ist eine extrem spannende Zeit, denn die Finanzbranche ist durch veränderte Kundenerwartungen und neue technologische Lösungen im Wandel. Der Anteil jener Kunden, die einfache, per­sonalisierte, digitale Banking-Lösungen suchen, nimmt schnell zu.

Können Sie ein Beispiel für diesen Wandel nennen?

Ein gutes Beispiel hierbei ist der rasante Vorstoss der Challenger-Banken wie Revolut oder N26, auf den nun entsprechende Antworten der etablierten Banken folgen müssen. Auch wenn diese Anbieter erst beweisen müssen, dass sie mit ihren Services Geld verdienen können – so formen sie die Kundenerwartungen und zeigen auf, wie einfach Banking sein kann. In Zeiten von Niedrigzinsen und sinkenden Margen stellt das die Banken vor eine besondere Herausforderung. Hierbei benötigen Banken entsprechende Partner wie uns, um schnell auf diese Veränderungen reagieren zu können. Time-to-Market ist heute ein Haupt­entscheidungskriterium bei vielen Initiativen.

Seit 2017 arbeiten Sie bei Contovista. Wie hat sich das Unternehmen in dieser Zeit verändert?

Als ich 2017 zu Contovista kam, war das Unternehmen eine einzigartige Fintech-Erfolgsstory, die mit dem Personal Finance Manager binnen weniger Jahre viele Banken als Kunden gewann. Mir war schon damals klar, dass das Potenzial für die zugrunde liegende Datenanalyse riesig ist, und allmählich manifestieren sich die spannenden Trends Data Analytics, künstliche Intelligenz und Open Banking auch in konkreten Initiativen der Banken.

Was hat sich bei Contovista getan?

Wir haben unser Produktportfolio seit meinem Einstieg bei Contovista deutlich erweitert und können uns heute als Schweizer Marktführer für Data-driven Banking bezeichnen. Mit der Aduno-Gruppe haben wir zudem einen starken Partner im Rücken, der uns ermöglicht, diesen Weg weiterzugehen. Die Contovista-DNA und agile Start-up-Mentalität blieben dabei unverändert und ermöglichten uns unter anderem, in kürzester Zeit mit der Valiant die erste vollumfassende Multibanking-Lösung der Schweiz zu realisieren.

Wie erklären Sie jemandem, der keine Fintech-Kenntnisse hat, was Contovista macht?

Im Wesentlichen sind wir Innovationspartner der Banken und ermöglichen ihnen, mehr Relevanz im Alltag ihrer Kunden zu schaffen. Die digitalen Kanäle einer Bank entwickeln sich vom reinen Abwicklertool zur datenbasierten digitalen Finanzberatung. Eine einfache User Experience wird dabei bald zum Standard, die Differenzierung erfolgt zunehmend durch die intelligente Nutzung von Daten zum Wohle des Kunden. Contovista liefert hierfür sowohl die benötigte Datenintelligenz als Basis als auch die Software, die Banken in ihre digitalen Kanäle integrieren. Diese reichen vom Finanzassistenten für Privatkunden und Geschäftskunden bis hin zum personalisierten Coaching im E-Banking oder Mobile Banking. Obendrein unterstützen wir Analytics-Teams der Banken bei der Veredelung und Analyse ihrer vorhandenen Daten.

Sie haben gemeinsam mit Swisscom eine Multibanking-Lösung für Valiant lanciert. Wie binden Sie Konten von Drittbanken ein?

Eine Komponente innerhalb des Contovista-BFM, kurz für Business Finance Manager, ist das neue Multibanking-Modul, über das sich Drittkonten in das E-Banking einbinden lassen. Laut einer Studie des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug haben zwei von drei Schweizer KMUs mehrere Bankbeziehungen – diese erhalten neu mit nur einem Login einen Gesamtblick auf ihre Konti und können die Liquidität über Bankbeziehungen hinweg verwalten.

Was haben die Banken davon?

Banken können durch Multibanking ihre Wettbewerbsposition stärken, indem sie zum finanziellen Dreh- und Angelpunkt ihrer Geschäftskunden werden. Nicht zuletzt, wenn sich die Kunden nurmehr ins E-Banking einer Bank einloggen, schwächt das die Beziehung zu Zweit- oder Drittbanken. Banken, die früher so eine Lösung lancieren, sind also klar im Vorteil.

Open Banking hat in der Schweizer Finanzwelt einen eher schweren Stand. Warum ist das so?

Während die Europäische Union auf Regulierung setzt, reagierte der Gesetzgeber in der Schweiz bisher eher zurückhaltend. Schweizer Banken präferieren zudem weitestgehend marktwirtschaftliche Lösungen und Selbst­regulierung, bei deren Ausführung allerdings weiterhin grosse Diskrepanzen herrschen. Um die Open-Banking-Vorteile voll ausschöpfen zu können, muss daher zunächst ein allgemein anerkanntes Konnektivitätsprotokoll von der grossen Mehrheit der Schweizer Banken übernommen werden. Durch die aktuell veröffentlichten Lösungen des Open-Banking-Projekts und der API-Informationsplattform von Swiss Fintech Innovations kommt nun aber endlich Bewegung in das Thema. Ich bin zuversichtlich, dass Banken die sich bietende Chance auch nutzen werden.

Wie wollen Sie Banken von Open Banking überzeugen?

Es ist nicht an uns, Banken von den Vorteilen zu überzeugen, denn veränderte Kundenbedürfnisse sind ausschlaggebend für ein Umdenken in den Banken. Beim Thema Multibanking war es zum Beispiel das ausdrückliche Bedürfnis der Bankkunden, über nur ein Login sämtliche Konten im Überblick zu haben, und die Valiant hat dementsprechend reagiert.

Wie lautet Ihr Ratschlag?

Als Bank muss man sich genau überlegen, wie und anhand welcher Use Cases man sich in dem Umfeld neu positioniert. Ein Blick auf die Erfahrungen ausserhalb der Schweiz kann hier helfen – das Thema Open Banking ist ja nicht neu, aber nun manifestieren sich konkrete Use-Cases rund um dieses Thema. Man darf zudem nicht vergessen, dass hinter Open Banking die Absicht steht, durch neue, agile Anbieter mehr innovative, kundenorientierte Services als Bank anbieten zu können. Es geht also im Endeffekt um eine Verbesserung des Kundenerlebnisses, was nicht zuletzt auch im Eigeninteresse der Banken liegen dürfte. 

Ebenfalls ein Thema ist Mobile-Banking. Wie gut sind die Apps der Schweizer Banken im Vergleich zum Ausland?

Es ist richtig, dass Mobile-Banking derzeit höchste Aufmerksamkeit generiert und die Innovation Leader dafür nicht in der Schweiz sitzen. International preschen vor allem diverse Grossbanken wie etwa BBVA, die Commonwealth Bank in Australien oder neue Challenger-Banken wie Nubank und N26 vor.

Welche Lösungen bietet Contovista hierzu an?

Auch wir sehen hier Riesenpotenzial, denn für Smartphone-Nutzer ist es heute völlig normal, mit einer Vielzahl von Apps zu interagieren: Instagram, Spotify und Uber, um nur einige zu nennen. Diese Anbieter bieten eine reibungslose User Experience innerhalb ihrer Domain und schaffen damit Design-Benchmarks und eine immense Erwartungshaltung, die Nutzer auf ihre gesamte mobile Nutzererfahrung projizieren – mobiles Banking eingeschlossen. Basierend auf dieser Erwartungshaltung haben Challenger-Banken und zum Teil auch die Schweizer Konto-App Neon, die wir ebenso wie Visecas One App mit unserem Daten-Know-how unterstützen, eine ihrer Kernkompetenzen entwickelt. Diese Anbieter setzen auf schlankes Design und datengetriebene, personalisierte Inhalte für ein aussergewöhnliches mobiles Nutzererlebnis.

Wo entwickelt Contovista seine Lösungen?

Unsere Lösungen werden zu 100 Prozent in der Schweiz entwickelt. Genauer gesagt in Schlieren bei Zürich. Hier haben wir für jede unserer Lösungen internationale Expertenteams und arbeiten bei den Entwicklungen Hand in Hand mit unseren Partnerbanken.

Die Zusammenarbeit mit Banken ist für Tech-Dienstleister nicht immer einfach. Wo liegen Ihrer Erfahrung nach die grössten Hürden?

Die grösste Herausforderung, vor der Banken stehen, sind interne Veränderungen und eine Transformation des Mindsets beziehungsweise der Kultur. Beides ist dringend notwendig, um die neue, agile Arbeitsweise zu verankern. In den Digital-Teams der Banken sehen wir hier Fortschritte in den letzten Jahren. Und: Die Wertschätzung seitens Banken, mit einem Partner zusammenzuarbeiten, der agil denkt und handelt, hat deutlich zugenommen.

Was steht 2020 bei Contovista auf der Agenda?

Nach dem erfolgreichen Launch der Multibanking-Lösung von Valiant Ende 2019 springen nun weitere Banken auf. Zudem wird das Thema Mobile Banking in den kommenden Monaten rasant an Bedeutung gewinnen und auch hier bieten wir spannende Lösungen an, die den etablierten Banken helfen, mit den Challenger-Banken gleichzuziehen.

Die Zahl der Schweizer Fintech-Firmen steigt zwar noch, aber die Goldgräberstimmung scheint vorüber zu sein. Lesen Sie hier mehr zum Thema.

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