Focus Business Transformation

Digital Business Transformation – die Betonung liegt auf Business

Uhr | Aktualisiert
von Manfred Jürgens Solution Director, Nexum

Digitalisieren wollen viele Organisationen. Doch wenn man genauer hinschaut, zeigt sich oft: Aussen hui, innen pfui. Um das Potenzial der Digitalisierung für ein Unternehmen wirklich zu realisieren, braucht es Mut, um Strategien zu wählen, Kulturen zu hinterfragen und Experimente zu wagen.

Schlagworte wie «Retail 4.0», «Industrie 4.0» und «Digitalisierung» sind in aller Munde. Das ist ein Zeichen dafür, dass das Potenzial, das durch bestehende und neue Technologien geboten wird, zu zögerlich oder nicht vollständig genutzt wird. Es lohnt sich, die Herangehensweise zu hinterfragen.

Wir brauchen eine Strategie

Die Methoden, um herauszufinden, wo Digitalisierung stattfindet und welche Handlungsfelder sich daraus ergeben, sind die gebräuchlichen des strategischen Managements. Eine Umfeldanalyse zur Untersuchung von aktuellen politischen, wirtschaftlichen, soziokulturellen, technologischen, ökologisch-geografischen und rechtlichen Einflussfaktoren auf das Unternehmen lässt erkennen, in welchen Bereichen der Wertschöpfung die Digitalisierung Pflichten, aber auch Chancen entstehen lässt. Effizienzsteigerung und Gewinnmaximierung in bestehenden Geschäftsmodellen wie auch Umsatzsteigerung durch neue Angebote gehören zu diesen Chancen.

Entsprechend Michael Porters Fünf-Kräfte-Modell würde man fragen, wie sich aktuell neue Konkurrenz oder Lieferanten verhalten, was Kunden wollen oder welche Substitute am Markt das eigene Unternehmen unter Druck setzen.

Aussen hui, innen pfui – unter diesem Sprichwort lassen sich viele der heute noch existenten Gehversuche der Digitalisierung zusammenfassen. Nach vorne präsentiert man sich als Unternehmen mit einer Website oder einem schnell zusammengestrickten Onlineshop. Im Hintergrund führt dies jedoch zu Zusatzkosten und Mehraufwand durch ständiges Schwingen der «digitalen Fahne». Wenn der Kunde über ein Kontaktformular in Echtzeit mit einem Unternehmen sprechen kann, verlangt er auch eine ebenso sofortige Zustellung einer Antwort. Und der Laden­mitarbeiter muss nun abends noch schnell ein paar Pakete aus der Filiale versenden.

Andersherum geht es auch: Neueste Technologien, Software und sonstige Gadgets werden in Unternehmen zeit- und kostenintensiv implementiert und integriert, ohne deren Potenzial zu nutzen oder ohne in den relevanten Prozessen, dem Handeln und Tun, wirklich etwas zu verändern. «Mit dem alten System war ich viel schneller», hört man häufiger. Gerade die Marketing-Initiativen der Softwarebranche erwecken den Eindruck, dass deren Produkte durch reine Integration in die Infrastruktur die Digitalisierung gleich mit vollziehen.

Digitalisierung ist jedoch weder ausschliesslich Aufgabe der IT noch eine reine Marketing-Angelegenheit. Natürlich benötigt es technische Unterstützung. Diese allein führt jedoch nicht zu mehr Effizienz, niedrigeren Kosten oder mehr Umsatz. Der Fokus auf die richtigen Elemente innerhalb der Wertschöpfung und deren Digitalisierung ist entscheidend.

Digitalisierung in allen Dimensionen

Chancen der Digitalisierung müssen also aus allen Dimensionen betrachtet werden. Strategie und Kultur eines Unternehmens, seiner Mitarbeiter, Prozesse und Strukturen, Technologien, Daten, Partner in der Wertschöpfungskette, Absatzkanäle und natürlich auch Produkte und Services stehen dabei im Fokus.

Zuallererst ist jedoch sicherzustellen, dass das Management einer initial zu entwickelnden Digitalisierungsstrategie zustimmt und diese auch entsprechend unterstützt. Bei der Digitalisierung geht es um einen vollwertigen Teil der Unternehmensstrategie! Ebenfalls muss ein Unternehmen gewillt sein, die aus den Projekten zur Digitalisierung entstehenden Programme wie Data-Governance, eine kontinuierliche Verbesserung der Prozesse und Veränderungen in der Organisation vom Silo- zum abteilungsübergreifenden Prozessdenken zu lancieren und konsequent zu verfolgen. Genau an diesen Aspekten misst die Wirtschaftsforschung den Digitalisierungsreifegrad eines Unternehmens.

Um das Potenzial der Digitalisierung für ein Unternehmen festzustellen, gilt es verschiedene Leitfragen zu beantworten:

  • Welche Geschäftsprozesse haben ein Potenzial für Effizienzsteigerung durch Digitalisierung? Ein einfaches Beispiel ist der Aufbau einer Kundenkartei mit allen historischen Transaktionen.

  • Welche ergänzenden Dienstleistungen können auf Basis einer Digitalisierung für ausgewählte Produkte angeboten werden? Etwa die Zusatzoption bei der Hotelbuchung im Internet.

  • Lassen sich ausgewählte Dienstleistungen und Produkte vielleicht sogar vollends digitalisieren, wie zum Beispiel der Versand eines gedruckten Fachmagazins?

  • Wie lassen sich Arbeitsplätze durch digitale Elemente effizienzsteigernd optimieren?

  • Welche Prozesse und Partner innerhalb der Wertschöpfungskette müssen stärker vernetzt werden?

Es gilt herauszufinden, welche Elemente vollends analog bleiben, mit digitalisierten Prozessen effizienter gestaltet, durch digitale Anteile erweitert oder vollständig digitalisiert werden können. Orientiert man sich bei der Potenzial­analyse an den wertschöpfenden Elementen und die dortigen Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung, Kostenreduktion oder Umsatzsteigerung, fokussiert man sich auch auf die relevanten Handlungsfelder, schafft Werte und reduziert Umsetzungszeit und -kosten.

Technologierelevanz

Um Potenziale der Digitalisierung zu identifizieren, kann alternativ auch eine Technologie-Relevanz-Analyse sinnvoll sein. Mit ihr können neue Technologien, auf Einsatzmöglichkeiten innerhalb eines Unternehmens geprüft werden. Etwa: Was kann uns die Cloud bringen? Wie können wir Marketing-Automation nutzen? Welche Bedeutung haben Data Science, Analytics und Big-Data für uns? Wie können wir künstliche Intelligenz einsetzen? Können wir mit 5G zum Internet of Things gehören? Sind Blockchains oder Smart-Contracts für uns relevant? Sind 3-D-Drucker ein Thema für uns? Oder: Wie können wir Augmented Reality für unser Angebot nutzen? Auch hierbei müssen alle Dimensionen des Unternehmens und seiner Geschäftsmodelle zur Identifikation von Handlungsfeldern innerhalb einer Digitalisierungsstrategie betrachtet werden.

Change-Management

Akzeptanzhürden gilt es schon während der Umsetzung der Digitalisierungsstrategie zu überwinden. Hierbei ist ein begleitendes Change-Management zur Änderung des Mindsets der Mitarbeitenden aber auch der Kundschaft und an der Wertschöpfung beteiligter Partner notwendig.

Das Leben einer Fehlertoleranz erlaubt Fehlschläge. Nicht im grössten anzunehmenden Mass, sondern durch die Umsetzung von sogenannten MVPs (Minimum Viable Products) also eine kleinstmögliche, nutzenschaffende Version eines digitalisierten Elements innerhalb der Wertschöpfung. Solche bekömmlichen Projekte mit messbarer Auswirkung auf die Businessmodelle helfen, Ideen zu validieren und schaffen Begeisterung und Akzeptanz für weitere Schritte der Digitalisierung und fördern so auch die kreative Mitarbeit aller Beteiligten in der Wertschöpfung an der Entstehung von etwas Neuem.

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